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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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»Ona, ket, tora, qal, etai, kona u mer.«
    Die Worte klangen zornig, beinahe hasserfüllt. Außerdem schwang ein Unterton von Furcht darin mit, den ich nicht verstand. Der Zwiebelgeruch wurde stärker, bis Ottuls Schultern herabsackten. Das Kopftuch umklammerte sie vergessen mit einer Hand.
    Das reicht fürs Erste , sagte ich zu Marielle. Arbeite weiter mit ihr. Ich muss wissen, ob sie uns bei Erick helfen kann.
    Bei Ericks Namen verzog Marielle kurz das Gesicht; dann nickte sie, ging zu der Kiste und ließ Ottul am Fenster stehen.
    Ich zog mich aus dem Feuer zurück und ließ mein Bewusstsein durch den Palast und zur Außenkammer meiner Gemächer gleiten, wo ich mit einem schweren Seufzen in meinen Körper zurückkehrte. Erschöpfung durchströmte mich und ließ meine Arme kribbeln. Ich schloss die Augen, und mein Kopf sank gegen die Rückenlehne des Stuhls. So wartete ich, bis das Zittern einsetzte.
    Dabei bemerkte ich im Zimmer neben dem der Begabten, die über mich wachen sollte, während ich mein Bewusstsein entsandt hatte, eine weitere Präsenz.
    Mühsam hob ich den Kopf und schlug die Augen auf. »Was ist, Keven?«
    Mit ernster Miene sagte er: »Wir haben ein Problem.«

    »So haben wir sie gefunden«, erklärte Catrell mit angespannter Stimme.
    Eine Hand an die körnige Granitwand gedrückt, stand ich am Eingang der Zelle, noch immer entkräftet von der Bewusstseinswanderung. Der Gestank des Todes hing in der Luft: Blut und Ausscheidungen, vermischt mit Feuchtigkeit und Fäulnis.
    Der Siel. Es war ein so vertrauter Gestank, dass er mir kaum etwas ausmachte.
    Allerdings war es nicht der Siel. Dies hier war eine Zelle in den Tiefen des Palasts, in der die dreizehn lebend gefangenen Chorl eingesperrt gewesen waren.
    Nun lagen diese dreizehn Chorl tot an den Zellenwänden.
    Ich betrat den Raum und kniete mich neben den nächstbesten Leichnam.
    Der Kopf des Mannes ruhte in unnatürlichem Winkel auf der Brust. Ich hob ihn an, spürte die grausige Flüssigkeit am Hals und die gebrochenen Knochen und senkte ihn behutsam wieder. Als ich den Blick über die anderen Toten wandern ließ, fiel mir auf, dass sie immer noch ihre Chorl-Gewänder trugen. Die grellen Farben waren mittlerweile vom wochenlangen Tragen stumpf und fleckig. Sie hatten sich geweigert, die Kleidung zu tragen, die wir ihnen geben wollten.
    Catrell trat hinter mir ein und ging durch die Zelle zu einem weiteren Chorl-Leichnam, dessen Hemd schwarz vor Blut war. Neben dem Toten kniete er sich hin.
    »Die meisten haben ein gebrochenes Genick«, sagte er. »Vier haben sich damit selbst umgebracht.« Er deutete auf einen dünnen Stachel, der über dem Herzen aus der Brust des Mannes ragte, nicht länger als ein Messer und ohne Griff. »Es ist eine Art Muschel oder Knochen. Und es sind Inschriften darauf eingeritzt.«
    »Woher hatten die Männer das?«
    Catrell zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Einer von ihnen muss es bei sich gehabt haben. Wir haben es wohl übersehen, als wir sie durchsucht und ihnen die Rüstungen und Waffen abgenommen haben. Vermutlich war es in einem Schuh oder im Futter ihrer Kleidung.«
    »Stammt es bestimmt nicht von einem der Wächter?«
    Catrell zögerte, als wäre ihm dieser Gedanke noch gar nicht gekommen.
    Ich trat um den Leichnam herum und näherte mich Catrells Gesicht bis auf wenige Zoll. »Seid Ihr sicher, dass es Selbstmord war und kein Gardist, der seine Wut über den Angriff auf die Stadt an den Chorl ausgelassen hat?«
    Er nickte. »Es war Selbstmord. Wir hätten ihnen nicht das Genick gebrochen, hätten sie nicht so sauber getötet. Sie wären blutig und geschunden. Und keiner von uns hätte einen Muschelstachel als Waffe benutzt.«
    Ich blickte über die Schulter auf die Leichen. Catrell hatte recht: Der Tod war zu sauber eingetreten, als dass es ein Racheakt gewesen sein konnte. Und ich hatte noch nie ein Messer wie jenes gesehen, das verwendet worden war, um die letzten vier Chorl zu töten.
    Aber ich verstand es nicht. Warum sollten sie sich selbst umbringen? Sie hatten seit über einem Monat in der Zelle geschmort. Warum gerade jetzt?
    Catrell zögerte – ich konnte es schmecken. Dann fragte er: »Was sollen wir tun?«
    Ich seufzte. »Verbrennt sie wie die anderen. Wie alle Toten des Angriffs.«
    Während Catrell die wartenden Gardisten herbeiwinkte und Befehle erteilte, dachte ich an Ottul.
    Ich war nicht sicher, wie sie sich verhalten würde, aber ich musste ihr die für sie traurige Nachricht

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