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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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Flotte – Tristans Verlässlich und die zwei Chorl-Schiffe. Alle drei befanden sich links, weiter vom Sturm entfernt, und drehten zur Küste bei, die am Horizont nicht zu erkennen war.
    »Ich frage mich, wie es den Leuten dort ergeht«, sagte ich und dachte dabei an Catrell, Brandan Vard und Tristan.
    Trielle schnaubte. »Besser als uns, da bin ich mir sicher.«
    Während ich die Leiter hinunterstieg, spürte ich, wie die Trotzig den Kurs änderte und auf die drei anderen Schiffe zusteuerte.

    Die raue See legte sich kurz vor der Abenddämmerung, und alle strömten auf die Decks, sobald Bullick die Erlaubnis dazu erteilte. Die anfängliche, von Furcht gefärbte Aufregung war rasch zu stumpfsinniger Eintönigkeit abgeklungen, während das Schiff sich hob und senkte und die einzige erlaubte Laterne in der beengten Kabine hin und her schwang. Die ersten Stunden hatte ich mit Avrell, Keven, Marielle und Trielle verbracht; wir hatten über das Protokoll und die Politik von Venitte gesprochen. Dann hatte ich mich in Ericks Kabine begeben, wo ich Isaiah mit dem Weißen Feuer bei dem Versuch half, Ericks Schmerzen zu lindern. Die jähen Bewegungen und das wilde Schaukeln des Schiffes verschlimmerten den Schmerz der stechenden Nadeln auf Ericks Haut, zumal er festgebunden bleiben musste, um nicht von seiner Pritsche zu rutschen. Ich war gezwungen, die Herrschaft über seinen schweißnassen Körper zu übernehmen, um ihn dazu zu bringen, etwas zu essen.
    Doch sobald Wetter und Schiff sich beruhigten, verließ ich Isaiah und Erick und begab mich zu den anderen an Deck. Ich sog die frische Luft ein und reckte die verkrampften Muskeln. Erst jetzt wurde mir klar, dass mich die beengten Verhältnisse unter Deck – die Nischen und kleinen Schlupflöcher – an den Siel und die Elendsviertel erinnerten.
    »Bullick sagt, wir wurden so weit vom Kurs abgetrieben, dass wir Temall erst morgen spät am Tag erreichen«, teilte Avrell mir mit. Er und Keven waren auf mich zugekommen, kaum dass sie mich erblickt hatten. »Na, wenigstens haben wir während des Unwetters keinen unserer Begleiter verloren.« Er nickte in Richtung der drei Schiffe, die ein paar Steinwürfe von uns entferntdurchs Wasser pflügten. Eines der Chorl-Schiffe befand sich unmittelbar vor uns, das andere sowie die Verlässlich folgten uns. »Bullick scheint mir ein ziemlich guter Kapitän zu sein.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich finde ihn zu steif und förmlich.«
    Avrell grinste. »Dann würdet Ihr die meisten Kapitäne als steif und förmlich empfinden. An Bord eines Schiffes ist strenge Disziplin erforderlich.«
    »Noch strengere als im Palast?«
    »Viel strenger.«
    »Hm.« Ich zog eine Grimasse, die Keven zum Kichern brachte.
    Auf die Reling gelehnt starrte ich zu dem verschwommenen Küstenstreifen, der sich auf der Steuerbordseite abzeichnete und in der leichten Brise an uns vorbeizog. Er war viel zu weit weg, als dass man Einzelheiten erkennen konnte; er wirkte eher wie ein graugrüner Schleier, der zwischen dem tiefen Blau des Meeres unter uns und dem helleren Blau des wolkenlosen Himmels gefangen war.
    »Hier«, sagte jemand. Als ich mich umdrehte, erblickte ich William, der mir die seltsame Röhre entgegenstreckte, die Bullick bei unserem Gespräch benutzt hatte. In den beengten Unterkünften des Schiffes waren wir gezwungen gewesen, einander täglich zu sehen – beim Essen oder bei Ausflügen an Deck –, doch William hatte sich stets abweisend gezeigt, hatte den Blick abgewandt und so leise gemurmelt, dass ich es nicht verstehen konnte, wenn wir uns in den schmalen Gängen begegnet waren. Er hatte mir keine Gelegenheit gegeben, eine Unterhaltung mit ihm zu beginnen, geschweige denn, ihm zu erklären, dass mit Brandan nichts geschehen war. Ich fand seine ganze Art ärgerlich und hatte ihn nach Möglichkeit gemieden.
    Nun aber stand er vor mir, mit Bullicks Gerät in der Hand und einem seltsam flehenden Ausdruck im Gesicht.
    Unsere Blicke begegneten sich. Ich erkannte, dass er sich zu entschuldigen versuchte.
    Er senkte die Augen und seufzte.
    »Das nennt man Fernrohr«, sagte er. »Damit kannst du die Küste von hier aus besser sehen, und zwar so.«
    Er zog das Gerät auseinander, bis es seine volle Länge erreicht hatte. Ich beobachtete, wie die einzelnen Zylinder auseinanderglitten. Dann hob er das kleinere Ende an ein Auge, spähte hindurch und trat neben mich an die Reling. Ich spürte, wie sein Hemd meinen Arm streifte.
    »Regentin«, sagte

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