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Die Känguru Chroniken

Die Känguru Chroniken

Titel: Die Känguru Chroniken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Uwe Kling
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ich.
    »Genau«, sagt das Känguru. »Aus denen lässt sich kein ordentlicher Gewinn schlagen. Nur ein reicher Patient ist ein guter Patient.«
    Ich höre, wie das Känguru mit seiner Badeente herumplantscht.
    »Man müsste mal ein paar Milliardäre heimlich mit AIDS infizieren«, sagt es plötzlich.
    »Ja«, sage ich. »Dann würden vielleicht ein paar Mittel von der Haarausfallforschung abgezwackt werden.«

    Das Känguru hat sich ins Bett gelegt, und ich packe es fest in seine Decke ein.
    »Aber wenn man krank ist, will man so sehr daran glauben, dass das Zeug hilft. Und jeder hat vom Placebo-Effekt gehört. Jeder weiß, dass man nur daran glauben muss, dass es besser wird, damit es besser wird. Und wir schlucken, um zu glauben.«
    »Meine Mama hat immer gesagt, man muss es am besten wie die Kätzchen machen«, sage ich. »Einfach schlafen, bis man wieder gesund ist.«
    »Sehr richtig!«, sagt das Känguru. »Stattdessen geht manarbeiten, um sich Medikamente kaufen zu können, die einem nicht helfen, und steckt dabei praktischerweise den Rest der Belegschaft an, die ihren Lohn dann für denselben Unsinn zum Fenster rauswerfen. Ein teuflisches System.«
    Es fliest 11 und tapst mit seinen Pfoten auf Bett und Nachttisch umher.
    »Brauchst du noch was?«, frage ich.
    »Wo sind meine verdammten Tabletten!«, schimpft das Känguru.

    Aus Opportunismus & Repression
    Kapitel 11: »Der hippokratische Neid«

    »Oma! Du hast aber viele bunte Bonbons!«
    »Da brauchst du gar nicht neidisch sein auf Oma. Das sind keine Bonbons. Das sind Tabletten, mein Junge.«
    »Warum musst du denn Tabletten nehmen, Oma?«
    »Oma hat doch immer so schlimme Bauchschmerzen. Dagegen helfen die weißen Pillen. Nur bekommt Oma von denen leider Kopfschmerzen. Die bekämpft sie mit den gelben Pillen, die leider auch dafür sorgen, dass Oma ganz schlecht schlafen kann. Deshalb nimmt Oma die roten Pillen, wegen denen sie leider ganz furchtbar schlechte Laune bekommt und traurig wird. Doch dagegen helfen die schwarzen Pillen. Nur leider bekommt Oma von denen immer so schlimme Bauchschmerzen. Aber dafür hat Oma ja zum Glück die weißen Pillen.«

»Ich hab ein neues Gedicht«, sage ich. »Es heißt Nach dem Krieg .«
    »Klingt witzig«, sagt das Känguru.
    »Ist auch witzig«, sage ich. »Es heißt ja nicht Im Krieg .« Ich deklamiere:

    »Nach dem Krieg

    Nachdem man entschied, der Krieg würde sich nicht mehr
    lohnen
    Fasste man einen folgenschweren Entschluss
    man teilte das Land in vier Besatzungszonen
    T-Mobile, O2, vodafone und e-plus.

    Ein gewisser Romeo war zu dieser Zeit auf Brautschau
    und traf eine gewisse Julia, sie trug helles Blaukraut-Blau
    Romeo trug wie immer dezentes Magenta
    Ach, herrje. Ja, der Kenner erkennt da
    – wie unangenehm –
    schon das Problem
    denn, sie fanden sich zwar beide ziemlich geil
    doch sie war eine O2 und er ein T-Mobile.

    Ende.«

    »Ende?«, fragt das Känguru.
    »Jo«, sage ich. »Ich wollt noch schreiben, wie sie miteinander schlafen und dann später streiten, ob der Klingelton – weil er hat sich seinen Handywecker gestellt – jetzt wie ’ne Lerche klang oder wie ’ne Nachtigall, und am Ende stellt sich Julia tot, um aus ihrem Vertrag rauszukommen, und er tötet sich dann wirklich, weil er denkt, jetzt verfallen ihre Bonuspunkte und so, aber na ja.«
    »Hatteste keine Lust mehr?«, fragt das Känguru.
    »Nee«, sage ich.
    »Den Rest kann man sich ja denken«, sagt das Känguru.
    »Romeo-und-Julia-Adaptionen sind auch so was von 1996«, sage ich. »Muss jetzt auch los. Rage against the Machine spielen ja heute Abend in der O2-World-Arena.«
    »Cool!«, ruft das Känguru. »Ich komm mit.«
    »Vergiss es«, sage ich. »Als Prepaid-Kunde kommste da nicht rein.«

»Wir sind wie Fische, die den See leer saufen, in dem sie schwimmen«, sagt das Känguru. »Wir sind wie Fische …«, wiederholt es noch mal, dann kippt es nach hinten vom Barhocker.
    Die zwei Männer neben uns sind aufgesprungen.
    »Lasst es liegen!«, gröle ich. »Des kommt schon wieder hoch …«
    Ich schlage auf meine Armbanduhr.
    »K.I.T.T., Kumpel! Ich brauch dich hier.«
    »Tschiu, tschiu«, sagt das Känguru, ohne die Augen zu öffnen.

    Zwei Minuten vorher:
    »Haste früher eigentlich Knight Rider gekuckt?«, lallt das Känguru, während es von der Theke runtersteigt.
    »Klar«, sage ich und kippe noch einen Schnaps.
    »Warst also echt David-Hasselhoff-Fan, oder was?«, fragt das Känguru und kippt mit.
    »Quatsch«, rufe ich

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