Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Titel: Die Känguru-Offenbarung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Uwe Kling
Vom Netzwerk:
Hause auszuschenken, und man hätte es ahnen können: Vierter Stock in einem unsanierten Altbau, schlechtes, billiges Bier, unfreundliche Bedienung, kein Schild an der Tür, total illegal, Geheimtipp im Lonely Planet … Vor lauter spanischen Touristen findet man fast keinen Platz mehr.
    Zum Glück hat das Känguru einen Stammplatz. Es sitzt in einem Holzfällerhemd, mit Vokuhila-Perücke auf dem Kopf, in Hertas Wohnzimmersessel und kuckt auf dem flimmernden Röhrenfernseher Fußball. Geistesabwesend spielt es dabei mit einem Schweizer Armeemesser, einer Rolle Klebeband, einem Kaugummi und einer Büroklammer.
    »Hast du von dieser neuen Gated Community im Prenzlauer Berg gehört?«, fragt es plötzlich. »Nennt sich: ›Das Nest.‹ Ich möchte wetten, dass wir bei der zuständigen Baufirma eine Spur vom Pinguin finden.«
    »Ich weiß, du hast lange Zeit ein Detektivbüro geleitet und sicherlich deine Gründe«, sage ich, »aber warum genau suchen wir immer wieder, wenn wir eine Spur vom Pinguin gefunden haben, eine neue Spur, statt an der gefundenen dranzubleiben?«
    »Das ist genau diese Art lineares Denken, die der Pinguin erwartet und auf die er vorbereitet ist«, sagt das Känguru. »Statt ihm also auf einer Spur stumpf hinterherzurennen, kreise ich ihn durch meine sprunghafte Ermittlungstaktik ein, und irgendwann – zack – schnappt die Falle zu!«
    Herta gesellt sich zu uns. Wir boxen unsere rechten Fäuste gegeneinander und schlagen uns dann mit der flachen Hand auf die eigene Stirn. Dann setzt sie sich und versucht durch Unfreundlichkucken ihre Gäste von Bestellungen abzuhalten.
    »So ein schönes Netzwerk, so ein dummer geheimer Handschlag«, murrt das Känguru. Es nimmt kurz die Perücke von seinem Kopf, um sich zu kratzen.
    »¡Mire! ¡El canguro!«, sagt ein Typ, der in unserer Nähe sitzt, zu seiner Freundin. »¡Sueco viejo! ¡Hemos leído el libro!«
    »Sí, sí«, sage ich, habe aber nur Spanisch verstanden.
    Der Typ prostet uns zu.
    »Übrigens«, sage ich zum Känguru. »Jetzt, wo du dank mir berühmt geworden bist …«
    »Den Spieß kann man auch umdrehen«, sagt das Känguru.
    »Aba falls dich dit en Trost ist«, wirft Herta ein, »man sacht ja: ›Hinter jedem erfolgreichen Känguru steht en starker Kleinkünstler.‹«
    »Jedenfalls kommen jetzt ständig Leute und fragen mich, was du für ein Geschlecht hast«, fahre ich fort.
    »Wer? Icke?«, fragt Herta.
    »Nein, das Känguru.«
    »Hä?«, fragt das Känguru und kuckt kurz vom Fernseher auf.
    »Die Leute sagen, du hättest ja einen Beutel, würdest dich aber so männlich verhalten.«
    »Was?«, fragt das Känguru. »Ich hab grad nicht zugehört.«
    »Ich sagte, dass mich immer wieder Leute darauf ansprechen, dass du einen Beutel hast, dich aber eher männlich verhalten würdest.«
    »Ach, männlich … weiblich …«, sagt Herta. »Dit sind doch bürgerliche Kategorien!«
    Sie steht auf und geht weiter.
    »Meine Rede«, sagt das Känguru. »Nur weil ich einen Beutel habe, soll ich ein rosa Tutu anziehen und Wendy lesen, oder was? Soll ich mir ein Überraschungsei für Mädchen kaufen? Soll ich öfter mal heulen, wenn wir uns streiten? Worauf willst du hinaus?«
    Ich kucke demonstrativ am Känguru vorbei.
    »Was ist jetzt schon wieder los?«, fragt es.
    »Nichts«, schluchze ich.
    »Du hast doch was.«
    »Nein«, sage ich und trockne meine Augen. »Ich habe nichts.«
    »Na, dann ist ja gut.«
    »Wenn du nicht selbst drauf kommst, dann kann ich dir auch nicht helfen.«
    »Jetzt sag endlich, was Sache ist!«
    »Mir ist kalt, ich habe Hunger und muss aufs Klo«, sage ich.
    »Ach …«, sagt das Känguru und winkt ab. »Hol mir mal ein Bier aus der Küche.«
    »Ein ›bitte‹ wäre nett.«
    »Ja, ein Bier wäre nett«, sagt das Känguru unkonzentriert. »Und einen Schnaps.«
    Ich gehe zu Herta in die Küche.
    »Ein Bier und einen Schnaps für das Känguru und einen alkoholfreien Prosecco für mich«, sage ich.
    »Allüren haste …«, sagt Herta. »Ick würd mir die rausnehmen lassen.« Sie gibt mir einen Schnaps und zwei Bier.
    »Aber was soll ich denn nun antworten?«, frage ich das Känguru, als ich wieder zurück bin.
    »Wem?«
    »Na, den Leuten!«
    »Worauf?«
    »Auf die Frage, welches Geschlecht du hast.«
    »Warum ist das überhaupt wichtig?«, fragt das Känguru. »Wollen mich die Leute einstellen und mir eventuell weniger Gehalt zahlen? Am besten, du nennst das neue Buch gleich Warum Kängurus nie zuhören und Marc-Uwes schlecht

Weitere Kostenlose Bücher