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Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Titel: Die Känguru-Offenbarung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Uwe Kling
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weiß«, sagt das Känguru.
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich kann Gedanken lesen.«
    »Wie bitte?«
    »Hm. Jetzt bin ich durcheinandergekommen«, sagt das Känguru, zieht ein Blitzgerät aus seinem Beutel und löst es vor den Augen des Mannes aus. »Vergessen Sie das.«
    »Äh«, sagt der Mann. »Also … äh.«
    »Selbstverständlich liefern wir die Bücher im gewünschten Zustand der Zerlesenheit«, sagt das Känguru. »Und für Die Philosophen aus Sophies Welt bieten wir sogar unterstrichene Stellen und Randnotizen an. Dafür müssten Sie nur eine Handschriftenprobe abgeben, und unsere versierten Kopisten arbeiten die Bücher im gewünschten Grade durch. Gerne können Sie auch da eine politische Schlagrichtung vorgeben.«
    »Ähm …«, sagt der Mann. »Wie heißt das noch mal?«
    »Vielleicht gepfeffert-neoliberal?«, fragt das Känguru. »Wenn die Kollegen von der Bertelsmann-Stiftung vorbeischauen? Dann öffnen die Ihr Exemplar vom Kapital , und da stehen am Rand Sachen wie: ›Lachhaft!‹ ›Na und?‹ ›Solange die Rendite stimmt!‹ Das macht Eindruck!«
    »Ich sehe diese Leute nicht als Kollegen, nur weil sie ihr Geld vom selben Konzern bekommen«, sagt er. »Nein. Ich meine, wie nennt man die politische Position, wenn man keine richtige Meinung zu Sachen hat, auch keine Ahnung und kein Interesse?«
    »Ah!«, sage ich. »Sie meinen die extreme Mitte!«
    »Ja, genau!«, sagt der Mann und nickt.
    »Na gut. Fassen wir kurz zusammen«, sagt das Känguru und zieht einen Vertrag aus seinem Beutel. » Die dickste Sophie in humorvoll-extrem-mittig, circa fünfundzwanzig Meter. Richtig, ja?«
    Es trägt alles ein.
    »Aber was wird das Ganze denn kosten?«, fragt der Mann.
    »Normalerweise tausend Euro der Meter, aber wir haben gerade unsere Angebotswochen«, sagt das Känguru. »Zwanzig Prozent auf alles, außer auf Bücher über Tiernahrung.«
    »Das ist doch ein Wort.«
    Plötzlich ruft das Känguru: »KENNEN SIE DIESEN PINGUIN?!?«, und hält seinem Kunden ein Passfoto unter die Nase.
    »Wie?«, ruft der Mann überrascht. »Oh! Ja, natürlich. Das ist doch der neue Controller hier. Der hat doch vorhin die Ansprache gehalten.«
    »Ist er hier?«, ruft das Känguru.
    »Nein, ich glaube, er ist gleich nach der Rede wieder gegangen … Er wirkte etwas gestresst.«
    »Verdammt«, sagt das Känguru. »Aber er war hier …« Es wendet sich zu mir. Ich verdrehe die Augen und gebe ihm 9,95 Euro.
    »Absurd«, sage ich.
    »Wenn man das Unmögliche ausgeschlossen hat«, sagt das Känguru und zieht an seiner Pfeife, »muss das, was übrig bleibt, die Wahrheit sein, so absurd sie auch klingen mag.«
    Mein Agent gesellt sich wieder zu uns.
    »Ah, wie ich sehe, habt ihr euch mit Wenzel angefreundet«, sagt er.
    »Wenzel?«, frage ich.
    »Wenzel Skowronek«, sagt der Mann.
    »Sie sind Wenzel R. R. Skowronek?«, fragt das Känguru. »Der Verfasser der Wunderhure ?«
    »Nur Wenzel Skowronek«, sagt der Mann. »Wenzel R. R. Skowronek ist mein Pseudonym.«
    »Wenzel war früher mal einer meiner Klienten«, sagt mein Agent.
    »Ich bin totaler Fan!«, ruft das Känguru, lässt Lupe und Pfeife fallen und zieht drei dicke Wälzer aus seinem Beutel. »Würden Sie mir die signieren? Wie kommen Sie eigentlich auf Ihre Ideen? Kann man davon leben? Wussten Sie, dass es auch bei Terry Pratchett einen Riesenzwerg gibt?«
    Routiniert ignoriert Wenzel die Fragen und signiert die Bücher.
    Er wendet sich an mich. »Für Sie auch?«
    »Nein, sicher nicht«, sage ich. »Aber ich hätte eine Frage. Wenn man lustige Bücher schreibt, wünschen sich die Leute für die Widmung oft ›was Witziges‹. Werden Sie oft gebeten, ›was Fantastisches‹ reinzuschreiben? Oder vielleicht sogar ›was total unmotiviert Unlogisches‹?«
    »Sie sind auch Schriftsteller?«, fragt Wenzel.
    »Nein«, sagt das Känguru. »Marc-Uwe ist Klein…«
    »Nicht«, sage ich.
    »Klein- was?«, fragt Wenzel.
    »Kleingärtner«, sagt das Känguru.
    »Sie müssten mal von meinen Radieschen kosten«, sage ich.

»Jedes Publikum kriegt die Vorstellung,
die es verdient.«
    Mario Barth
    Um die gefundenen Pinguinspuren auszuwerten, haben wir uns in das inoffizielle Hauptquartier des Asozialen Netzwerkes zurückgezogen: Wir sitzen bei Herta in der neuen Kneipe. Das heißt, eigentlich sitzen wir bei Herta zu Hause. Als Herta ihre Eckkneipe schließen musste, hat sie angefangen, zu Hause zu trinken. Ab und zu kamen welche vom Asozialen Netzwerk vorbei, da hat Herta angefangen, zu

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