Die Känguru-Offenbarung (German Edition)
Zusammenrottung nicht schon längst verboten hat. Aus dem Innenmysterium hieß es dazu nur, dass Ekzem sei sicherlich amüsant, die Lage aber nicht kryptisch.«
»Ich kann nicht fassen, dass ich das verstanden habe«, sage ich. »Leider habe ich auch das Gefühl, gerade viel zu viel Gehirnenergie für etwas verschwendet zu haben, was zwar relevant, aber überhaupt nicht amüsant ist.«
»Nun ja«, sagt das Känguru. »Wie ich zu sagen pflege … HEY, PASS DOCH AUF, DU ARSCHLOCH!«
Empört wende ich mich zum Känguru um, aber es hat nur durchs offene Autofenster mit einem anderen Fahrer kommuniziert, der nicht bremsen wollte, als ihm das Känguru die Vorfahrt genommen hat.
»Ganz ruhig«, sage ich. »Und ein bisschen vorsichtiger bitte, ja?«
»Willst du etwa sagen, es ist meine Schuld, dass wir gerade fast draufgegangen sind?«, ruft das Känguru aufgebracht.
»Nein«, sage ich. »Es ist meine Schuld. Ich weiß wirklich nicht, warum ich mich immer wieder zu dir in ein Auto setze.«
»Autofahren macht mich total attraktiv.«
»Das liegt an der Idiotendichte.«
»Ja. Es gibt relativ viele Idioten im Straßenverkehr.«
»Nein«, sage ich. »Die relative Idiotendichte im Straßenverkehr ist eins.«
»Wie?«, fragt das Känguru. »Meinst du etwa mich?«
»Nein«, sage ich. »Ich sprach von relativer Dichte. Dichte ist ja eigentlich Masse durch Volumen, also zum Beispiel Kilogramm durch Kubikmeter. Dies ist aber für die Idiotieforschung nur begrenzt brauchbar, weil zum Beispiel zwei kleine Idioten zu je sechzig Kilogramm durchaus mehr nerven können als ein einzelner Einhundertzwanzig-Kilo-Idiot. Deswegen ist man dazu übergegangen, zur Bestimmung der Idiotendichte den Bruch aus Anzahl durch Volumen zu nehmen. Die relative Dichte nun beschreibt das Verhältnis zweier Dichten, also zum Beispiel das Verhältnis der Idiotendichte im Straßenverkehr zur durchschnittlichen Idiotendichte in Deutschland. Da im Straßenverkehr keine signifikanten Idiotenfilter aktiv sind, schätze ich, dass Zähler und Nenner identisch sind und dass somit eben diese relative Idiotendichte eins ist.« 5
5 Auf keinen Fall sollte man übrigens die relative Idiotendichte mit der Relativitätsidiotie verwechseln. Diese Theorie, die die Idiotieforschung zu Beginn des letzten Jahrhunderts in ihren Grundfesten erschütterte, gab zu bedenken, dass man von jemandem, den man für einen Idioten hält, selbst für einen Idioten gehalten werden kann. (Anm. des Chronisten)
»Was ist denn ein Idiotenfilter?«, fragt das Känguru.
»Nun, alles, wodurch man versucht, seinen eigenen Lebensbereich zur idiotenfreien Zone zu machen.«
»Zum Beispiel?«
»Zum Beispiel eine Haustür«, sage ich. »Es gibt aber natürlich auch Idiotenmagneten.«
»Webseiten, auf denen man Kommentare hinterlassen kann«, sagt das Känguru.
»Ja«, sage ich. »Oder die Hauptversammlung vom Schützenverein.«
»Bundestag.«
»Klar, der auch.«
»Und mit all diesen vielen Worten wolltest du sagen, dass Autofahren zu einfach ist?«, fragt das Känguru.
»Ich glaube, darauf wollte ich hinaus.«
»Man müsste also Autos entwickeln, die alle fünfzig Kilometer einen Intelligenztest machen«, sagt das Känguru. »Oder einen Wissenstest. Und wenn man den nicht schafft, bleibt das Auto einfach stehen.«
Ich ahme eine Navi-Stimme nach: » Nennen Sie in fünfzig Metern die Primzahlen von zwei bis siebenundvierzig und biegen Sie dann rechts ab. «
»Und für alle zehn Stundenkilometer, um die man die Geschwindigkeit erhöhen möchte, müsste man auch einen Test machen«, sagt das Känguru.
» Um Tempo sechzig zu erreichen, nennen Sie bitte die Namen aller US-Präsidenten seit Eisenhower «, sage ich. »Blöd wäre nur, dass dann überall liegengebliebene Autos die Straßen verstopfen würden.«
»Kein Problem«, sagt das Känguru. »Man muss nämlich den ersten Test schon machen, bevor man das Auto anlassen darf.«
» Um den Motor zu starten, nennen Sie bitte die drei Hauptwerke von Thomas Mann. «
»Na, jetzt wird’s aber doch schwierig«, sagt das Känguru. »Wieso darf das Auto entscheiden, was die drei Hauptwerke von Thomas Mann sind? Das ist doch diskussionswürdig.«
»Quatsch. Das ist doch sonnenklar«, sage ich. » Die Buddenbrooks , Tod in Venedig und Der Zauberberg .«
»Und das sind die drei Hauptwerke, weil das die drei Werke sind, die der große Kryptiker hier neben mir zufälligerweise gelesen hat?«
»Ich habe nicht zufälligerweise diese drei
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