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Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Titel: Die Känguru-Offenbarung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Uwe Kling
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Känguru.
    Wiedererkennendes Lachen.
    Und Piggeldy folgte Frederick aus dem Hause.
    Applaus.

»Wenn ich mich kurz vorstellen darf«, sagt das Känguru und streicht sich über seine nach hinten gegelten Haare. »Ich bin Schatzmeister des Verbandes deutscher Floristen, der sogenannten Blumen-Group. Sicher haben Sie schon von uns gehört.«
    Es trägt ein blassblaues Langarm-Shirt über einem Hemd mit weißem Kragen, eine gemusterte Krawatte, Hosenträger, keine Hose, und in der Pfote hält es eine Zigarre.
    »Nun gut, welche Summe sollen wir denn für Sie anlegen?«, fragt der Bankberater.
    »Eine halbe Million«, sagt das Känguru.
    »Oho«, sagt der junge Mann und wird spürbar freundlicher. »Ein stattliches Sümmchen.«
    »Ja«, sagt das Känguru. »Es ist mir durch ein paar Tricks gelungen – unter uns Verbrechern brauche ich ja nichts zu verheimlichen …«
    »Nein, natürlich nicht«, sagt der junge Mann lächelnd.
    »Es ist mir gelungen, einige Gelder vor der Steuer zu retten und in meine private Tasche umzuleiten.«
    »Ganz prima.«
    »Mein alter BWL-Professor«, sage ich leutselig, »ein Typ, der sich seine Resthaare über die Glatze gegelt hat, sagte immer: ›Eine Bank ist wie ein Frisör. Man geht hinein und verlangt: Einmal Waschen und Anlegen bitte.‹«
    Ich halte inne.
    »Was ist mit Ihnen?«, fragt der Berater.
    »Keine Sorge. Er lässt nur Pausen für die Lacher«, sagt das Känguru. »Mein Assistent ist etwas merkwürdig. Beachten Sie ihn einfach gar nicht.«
    »Ja, äh … Wie sollen wir das Geld denn anlegen?«, fragt der Bankberater.
    »Machen Sie das Portfolio ruhig so, wie ich meine Steaks mag«, sagt das Känguru.
    »Ah!«, sagt der Mann. »Well done.«
    »Nein«, sagt das Känguru. »Blutig.«
    »Wie bitte?«
    »Sie verstehen mich schon«, sagt das Känguru. »Geld arbeitet nicht. Menschen arbeiten. Und je größer die Ausbeutung, desto größer die Rendite, das ist doch klar. Gehen Sie dahin, wo es weh tut. Ich will Dritte Welt, 16-Stunden-Tage, Kinderarbeit. Ich will Landminen, Streubomben, Atomkraftwerke. Ich will Rohstoffe aus Krisenregionen, Öl aus Naturschutzgebieten, spekulieren Sie mit Lebensmitteln. Egal was …«
    »Ich weiß nicht«, sagt der Mann. »Vielleicht sollten Sie mit meinem Vorgesetzten … der kennt sich da besser aus …«
    »Nein, nein, nein«, sagt das Känguru. »Sie schaffen das schon. Mir ist ja völlig egal, was Sie mit meinem Geld machen. Hauptsache, Sie machen mich reich. Nein, das trifft es nicht. Hauptsache, Sie machen mich noch reicher.«
    »Das ist natürlich mein Job«, sagt der Mann, »aber …«
    »Ich will doch nichts anderes als all die anderen, die ihr Geld hier anlegen«, sagt das Känguru.
    »Nein, nein …«
    »Stört es Sie etwa, dass ich so offen bin?«
    »Nun ja, also, ich, nun …«
    »Sie sind mir ja ein Herzchen«, sagt das Känguru. »Wenn Sie Gutes tun wollen, hätten Sie nicht Banker werden dürfen.«
    »Nein, nein, ich will natürlich nichts Gutes tun, aber …«
    »Na fein, von mir aus«, sagt das Känguru. »Ich kann es auch wie in Ihrer Werbung formulieren: Suchen Sie mir bitte Firmen und Konzerne, die in den ärmsten Ländern der Welt wichtige Investitionen tätigen und mithelfen, diese Länder aufzubauen und den Menschen dort Perspektiven durch Arbeitsplätze zu bieten …« Das Känguru fängt an zu lachen. »… die die Infrastruktur … und die Segnungen der Marktwirtschaft …«
    Ein hysterischer Lachkrampf hindert das Känguru am Weitersprechen.
    »Sie … Sie … machen mir Angst«, sagt der Mann.
    Das Känguru hört abrupt auf zu lachen.
    »Sie wollen mein Geld nicht haben?«, fragt es. »Seien Sie versichert, ich finde einen Schreibtischtäter, skrupellos wie ich, der keine moralischen Bedenken hat, für mein Anlagekapital Provision einzustreichen. Und Sie haben anscheinend den falschen Beruf.«
    Es steht betont langsam auf.
    »Wie kommt man von der Wissens- in die Dissensgesellschaft?«, fragt es. »Denken Sie mal darüber nach. Guten Tag.«
    Wir verlassen den verdutzten jungen Mann und die Bankfiliale.
    »Und nun?«, frage ich.
    »Tja«, sagt das Känguru. »Noch die Commerzbank da vorne. Dann machen wir Schluss für heute.«

»Das sind Gefühle,
wo man schwer beschreiben kann.«
    Thomas Mann bei der Nobelpreisverleihung 1929
    »Ahahamuhmuhmuh! Und der Deutsche Buchpreis der Ullstein Buchverlage in der Kategorie ›Buch mit sprechendem Tier‹, muh, geht dieses Jahr an …«
    Die Moderatorin Julia Müller öffnet das

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