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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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sofort entlassen, als ich dahinterkam. Seitdem hat sie auch mit mir nicht mehr gesprochen … Das ist das erste Mal seit Monaten, dass ich sie wieder lachen höre.«
    Er lächelte wehmütig, als er seine Tochter und Gül die Köpfe zusammenstecken und kurz darauf in helles Gelächter ausbrechen sah.
    Was Gül dem Mädchen wohl alles erzählte?, fragte sich Johanna unwillkürlich. Auch sie hatte ihre Sklavin noch nie so heiter erlebt. Sicher, ihr war aufgefallen, dass sie sich in Anwesenheit der Piraten ganz anders verhalten hatte als sonst, auch da war sie ihr regelrecht aufgeblüht erschienen. Aber das hier war noch einmal etwas ganz anderes. Gül fühlte sich offenbar endlich unter ihresgleichen – das war es wohl, was zu ihrer Veränderung geführt hatte. Vielleicht stammte sie ja tatsächlich aus einer vornehmen ungarischen Familie und war nur durch einen furcht baren Zufall, eine Intrige, eine Entführung oder Ähnliches im Harem des Sultans gelandet. Johanna fiel auf, wie wenig sie von ihrer Begleiterin wusste, mit der sie jetzt schon so lange unterwegs war. Immer, wenn sie versucht hatte, Gül nach ihrer Vergangenheit zu befragen, hatte diese sich geweigert, darüber zu reden, und behauptet, sie könne sich an nichts erinnern.
    »Ja, erstaunlich, wie gut die beiden sich verstehen!«, sagte sie nachdenklich.
    Leicht angewidert nahm sie den letzten, trotz des vielen Honigs noch immer bitteren Schluck aus ihrer Kaffeetasse.
    Aus irgendeinem Grund beschlich sie eine ungute Vorahnung, als der Ungar plötzlich in einer vertraulichen Geste die Hand auf ihren Arm legte. Und dann kam es auch schon:
    »Wir würden Fräulein Gül gerne mitnehmen.«
    Aus seinen unergründlichen Augen schaute der ungarische Graf sie bittend an.
    Warum nur erschien ihr sein Verhalten so unaufrichtig?, fragte sich Johanna beunruhigt. War es das etwas zu treuherzige Lächeln, mit dem er sie unter seinem dünnen Bärtchen bedachte? Oder der dicke Siegelring an seinem Mittelfinger? Sie warf einen flüchtigen Blick auf Gül. Die tat so, als bekäme sie von alldem nichts mit.
    »Wie kommen Sie denn auf diese Idee?«, fragte Johanna.
    »Nun, wie es scheint, ist Fräulein Gül als Kind entführt worden. Wir empfinden es als unsere Pflicht, sie zu ihrer Familie nach Ungarn zurückzubringen.«
    Wieder lächelte er sie breit an.
    Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Gül den Blick gehoben hatte, ihn aber schnell wieder senkte, als sie merkte, dass Johanna zu ihr hinüberschaute. Auch das kranke Mädchen hatte die Augen niedergeschlagen.
    »Das geht leider auf keinen Fall«, hörte Johanna sich sagen.
    Sie wollte Gül nicht verlieren. Die Ungarin hatte ihre Feuerprobe spätestens bei dem Piratenüberfall bestanden. Nach ihrem Fehltritt im Sultanspalast, der ja letztlich Emine Hanim zuzuschreiben war, hatte sie sich am Ende als sehr zuverlässig und treu erwiesen. Außerdem, wie sollte sie ohne ihre Hilfe ihr Gepäck nach Frankfurt bekommen? Vier Augen konnten ihre Truhen entschieden besser bewachen als zwei, sie hatten schließlich noch einen langen Weg vor sich. Außerdem war Gül doch eine Sklavin, sie gehörte der Schwester des Sultans! Als ehemalige Bornheimer Leibeigene hegte Johanna zwar gewisse Sympathien für Freiheitsbestrebungen, aber sie konnte Gül jetzt nicht einfach die Freiheit schenken, das vermochte nur die Sultana. Nein, allein aus dem Grund war die Bitte des Grafen ganz und gar abwegig. Abgesehen davon konnte die Coffeemühle gut eine tüchtige Kraft mehr vertragen. Das würde ihr Lokal nur aufwerten, einmal mehr, wenn es sich um eine ehemalige Haremssklavin handelte. Sybilla und Anne würden eben etwas zusammenrücken müssen, genug Platz gab es ja auf ihrem Dachboden. Andere Dienstherren pferchten ihr Gesinde in ganz anderen Verschlägen zusammen. Wenn die Coffeemühle erst einmal wieder in Schwung gekommen war, würde sie jede Hand brauchen. Gül könnte die Zimmer sauber halten, dann müsste sie nicht mit fremden Männern in Kontakt kommen, überlegte Johanna. Das würde Sybilla und Anne entlasten und sie noch nicht mal etwas kosten.
    Sie sah dem Grafen gerade in die Augen und wiederholte fest:
    »Das ist leider ganz und gar ausgeschlossen, Graf Kodály. Ich brauche Gül.«
    Sie warf der Sklavin einen vorwurfsvollen Blick zu.
    »Was sitzt du hier mit der Herrschaft herum und trinkst Kaffee wie eine feine Dame? Mach dich lieber nützlich!«, zischte sie ihr auf Türkisch zu.
    Prompt sprang Gül auf, zupfte ihren Schleier zurecht und

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