Die Kaffeemeisterin
Ruhe, du kannst gehen!«, entfuhr es ihm unwirsch.
Mit einem eingeschüchterten Lächeln zog sie sich schnell wieder zurück. Die anderen grinsten betreten und murmelten einen Dank.
Endlich wurden seine klammen Finger wieder warm! Martin Münch schloss die Hände noch fester um den Becher mit dem heißen Apfelwein. Elisabeths lädiertes Aussehen erinnerte ihn an seine eigene vertrackte Situation. Die ganze Nachbarschaft wusste, was für ein brutaler Schläger Gottfried Hoffmann war, Elisabeths Schreie waren jedes Mal deutlich genug zu hören. Doch wenn man sie auf ihre blauen Flecken ansprach, behauptete sie immer, sie sei die Treppe hinuntergefallen und ähnliche Lächerlichkeiten. Neulich war sie allerdings zum ersten Mal weinend in Ännchens Armen zusammengebrochen, die sie auf der Straße getroffen und auf ihren gebrochenen Arm angesprochen hatte. Sie habe eine Fehlgeburt erlitten, hatte sie unter Schluchzen hervorgestammelt, weil Gottfried sie so geprügelt habe. Und dabei wünschten sie sich doch beide unbedingt ein Kind! Erst wenige Tage war das her. Ännchen hatte das nicht so genau verstanden, aber irgendwie musste diese verhängnisvolle Prügelei mit Johanna Berger zusammengehangen haben. Gottfried Hoffmann schien die Bergerin für den Grund zu halten, weshalb Elisabeth ihn nicht so liebte, wie er geliebt werden wollte. Nach all den Jahren noch! Offenbar hatte sie die Freundin damals vor dem »Mann mit der gebrochenen Nase« gewarnt und ihr von der Ehe abgeraten. »Wenn ich doch nur auf sie gehört hätte!«, hatte Elisabeth in Ännchens Armen geflüstert, bevor sie sich plötzlich von ihr losgerissen hatte und grußlos weggeschlichen war. Ännchen hatte ihm, Martin Münch, am Abend beim Essen von ihrer Begegnung erzählt und ihn gebeten, sich mit Gottfried Hoffmann einmal »von Mann zu Mann« zu unterhalten, damit diese Brutalität gegen seine arme Frau endlich aufhörte. Doch dazu war es bisher noch nicht gekommen. Mangels Gelegenheit, wie er Ännchen gegenüber behauptet hatte. In Wirklichkeit jedoch hatte er einfach Angst.
»Worüber denkst du nach, Martin Münch?«
Gottfried Hoffmann schien ihn die ganze Zeit über beobachtet zu haben. Seine Augen waren blutunterlaufen, und die halblangen Haare trieften vor Fett, als hätte er sie seit Wochen nicht gewaschen. Nicht einmal einen Zopf band er sich mehr, geschweige denn, dass er anderweitig auf sein Äußeres achtete.
Martin Münch tat verblüfft.
»Worüber sollte ich schon nachdenken, Gottfried?«
Hoffmann antwortete nicht, beäugte ihn aber weiterhin misstrauisch.
»Du scheinst über meine Frau nachzudenken«, sagte er nach einer Weile unbehaglichen Schweigens. Er lachte hämisch.
»Wie kommst du denn darauf? Wieso sollte ich über deine Frau nachdenken?«
Martin Münch versuchte seiner Stimme Festigkeit zu geben. Er konnte sich kaum etwas vorstellen, das unangenehmer war als ein eifersüchtiger Gottfried Hoffmann. Nicht, dass er jetzt auch noch auf die Idee kam, er sei in Elisabeth verliebt! Zuzutrauen wäre ihm eine solche Idiotie durchaus. Wahrscheinlich würde er ihn dann von seinen Hunden durch Sachsenhausen jagen lassen, bevor er ihn dem Bären zum Fraß vorwarf.
»Lasst uns jetzt endlich zur Sache kommen!«, warf der Bierbrauer ungeduldig ein. »Es ist viel zu kalt, um hier lange rumzusitzen.«
Hildebrand Praetorius war ein kleiner drahtiger Mann, der immer in Eile war. Wäre die Hütte nicht so klein gewesen, wäre er sicher aufgestanden und hin und her gelaufen. Das Stillsitzen fiel ihm schwer. Er verbreitete eine geschäftsmäßige, unbehagliche Atmosphäre.
»Wir sind uns einig, dass die weitere Ausbreitung des Kaffees aufhören muss, weil sie unseren Geschäften schadet«, las er von einem Blatt ab.
Gottfried Hoffmanns rotes Trinkergesicht hatte sich schon verfinstert, als Praetorius sein Gespräch mit Martin Münch unterbrochen hatte. Nun schaute er geradezu gefährlich drein. Immer war er das Oberhaupt der Gruppe gewesen. Dass nun ein anderer sich als Anführer aufspielte, ließ er sich nur bieten, weil der Bierbrauer dringend gebraucht wurde. Seinen Unmut darüber zu zeigen, konnte er sich allerdings nicht verkneifen.
Doch Praetorius ließ sich nicht beirren.
»Der Kaffee muss mit allen Mitteln bekämpft werden, die uns zur Verfügung stehen«, las er weiter vor.
»Sollten wir nicht erst darüber sprechen, was mit unserem letzten Plan schiefgelaufen ist, bevor wir einen neuen machen?«, unterbrach ihn Martin Münch.
Er
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