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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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nach, um sie zu be glückwünschen. Als die schwarze Bijoutiersgattin ihr schweigend einen Glücksanhänger in Form einer kleinen Sonne an einer Silberkette überreichte, hatte Johanna Mühe, ihre Tränen zurückzuhalten.
    Jetzt fehlte ihr eigentlich nur noch eines zum Glück, dachte sie, während sie hinter Elisabeth und Ludwig Haldersleben, der kurz und unauffällig die Hand der Freundin drückte, durch die hohe Pforte des Rathauses schritt. Sobald sie die Coffeemühle fertig eingerichtet hatte, würde sie sich auf die Suche nach Gabriel begeben, nahm sie sich vor. Das war sie ihm einfach schuldig, dass sie sich nach seinem Befinden erkundigte und ihm den Lohn für seinen Auftritt aushändigte, wozu sie damals in der Schreckensnacht vor einem Jahr nicht mehr gekommen war. Danach würde sie ihn nie mehr wiedersehen. Eine Christin und ein Jude – das ging einfach nicht, wie sie eben noch einmal vom Criminalreferier vernommen hatte. Sie durfte Gabriel nicht erneut in Gefahr bringen. Und die Ihren und die Coffeemühle auch nicht, nach diesem Prozess, der ein so unerwartet gutes Ende genommen hatte, einmal weniger.
    »Wie – schon alles vorbei? Bin ich etwa zu spät?«
    Der gewaltige Bass von Justus von Zimmer dröhnte quer über den Platz. Nach wenigen langen Schritten stand er vor ihr und machte eine übertrieben tiefe Verbeugung, sodass Johanna zum ersten Mal die schütter werdende Stelle an seinem Hinterkopf bemerkte.
    »Aber zumindest zum Feiern komme ich ja wohl noch rechtzeitig!«, lachte der Neffe des Schultheißen und drückte ihr einen dicken Schmatzer auf die Hand.

30. KAPITEL
    W o bleiben sie nur alle?«
    Kaum waren ihr diese Worte über die Lippen gekommen, wurde Johanna bewusst, dass sie genau denselben Satz schon mindestens dreimal gesagt hatte. Sie nahm noch einen Schluck aus der kleinen türkischen Mokkatasse, die sie mit nach draußen gebracht hatte.
    Alle Türen und Fenster waren weit geöffnet, um die Gäste zu empfangen und den Geruch nach frischer Farbe und Seifenlauge zu vertreiben. Die Messingtöpfe über dem neuen Herd funkelten im Licht. Die Fensterrahmen und das Fachwerk im unteren Geschoss waren passend zueinander in einem dunklen Auber gineton gestrichen. Die neuen Möbel aus günstigem hellem Tan nenholz waren rechtzeitig fertig und von Schosch lackiert worden. Sie würden ja wohl hoffentlich nicht harzen! Wie tief hatte sie in ihre Truhen greifen müssen, um all die Anschaffungen zu bezahlen. Aber es hatte sich gelohnt: Noch nie war die Coffeemühle so schön gewesen.
    Sogar einen neuen Billardtisch hatte sie sich geleistet. »Eine Partie Billard heute nur 1 Kreuzer!«, konnte man auf dem von Margarethe gemalten Schild lesen, für das sie die Tannenholzreste und das letzte bisschen Farbe aufgebraucht hatte. Es lehnte direkt neben den drei Eingangsstufen an der Hauswand.
    Johanna stand unter ihrem neu geschmiedeten Ladenschild auf der obersten Stufe. Der Schmied hatte mit viel Liebe zum Detail einen Mann mit Turban gezaubert, der aus einer Kanne dampfenden Kaffee in eine kleine Schale goss. Schräg gegenüber, auf der anderen Seite der Gasse, stand mit zugehaltener Nase die Gewürzkrämerin Henriette Schley und zeigte anklagend auf Anne, die heftig an der Rösttrommel kurbelte. Die Bohnen in der Trommel knackten.
    Anne riss die Trommel auf und beugte sich darüber.
    »Noch etwas«, beschloss sie.
    Mit einem feindseligen Blick zur Gewürzkrämerin hinüber kurbelte sie unter lautem Quietschen weiter.
    »Wie friedlich das hier war, als es dich und deine Coffeemühle nicht gab, Bergerin!«, brüllte Henriette Schley quer über die Gasse. »Und jetzt kommst du wieder – mit deinem Qualm und deinen Wirtshausschlägereien. Aber ich lasse mir das nicht mehr bieten! Ich hetze dir die Piketts auf den Hals, sobald ich dich erwische. Wir wissen ja alle, dass du es nicht so genau nimmst mit den Gesetzen!«
    Ein paar Vorübergehende, die das Geplänkel mitbekommen hatten, blieben stehen. Sie sahen zwischen den beiden Frauen hin und her, als wären sie Zuschauer bei einem Jeu-de-Paume-Spiel, schüttelten verwundert die Köpfe und liefen weiter.
    »Halt du dich da raus!«, rief jemand dicht neben Johanna.
    Sie hatte gar nicht mitbekommen, dass Elisabeth zu ihr auf die Stufe getreten war, hatte sie sie doch gerade eben erst mit einem großen Besen in der Hand im Hof herumfuhrwerken gesehen. Die Freundin sah wieder einmal aus wie das blühende Leben, mit ihrem bunten Rock und der Bluse mit den

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