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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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»Da schleicht sich dieser Typ mit der Verbrechervisage von hinten an mich ran, unsere Wirtin hier warnt mich, ich drehe mich um und trete ihm voll in den Sack. Aber wie! Der ist vielleicht zusammengeklappt!« Er klang wie ein Kriegsveteran, der von einem besonders aufregenden Schlachterlebnis berichtete. »Und dann will ich der Frau helfen, der auf dem Sofa … Und plötzlich kommt unser fescher Freund aus Italien an und kriegt voll die Sichel in die Brust gehauen – von diesem Oberhalunken aus Sachsenhausen.« Begeistert schüttelte er den Kopf. »Mann, das war was, ich sag’s euch! Da hat richtig das Blut gespritzt!« Wiehernd hieb er sich auf die Schenkel. »Klasse war das! So ein Spaß! Allein deshalb würde ich nie woanders hingehen, Johanna. Wo wird einem so was Großartiges schon geboten?« Er hatte sich richtig in Fahrt geredet. »Apropos: Wie ist eigentlich die Geschichte mit dem Geiger ausgegangen? Der hat’s doch gepackt, gell? Das war doch wohl nicht so schlimm, wie’s aussah, oder?«
    Johanna hätte ihn am liebsten geohrfeigt. Wie konnte jemand bloß so taktlos sein? So ohne irgendein Gespür dafür, was andere Menschen vielleicht dachten oder fühlten? Aber Justus von Zimmer war einer ihrer treuesten Gäste, sie konnte es sich nicht leisten, ihn zurechtzuweisen oder gar vor die Tür zu setzen. Außerdem meinte er es vermutlich nicht so.
    Natürlich war Gabriel in ihrer Gedankenwelt nach wie vor höchst lebendig, vor allem seit sie nach ihrer Rückkehr wieder befürchten musste, ihm jeden Tag in Frankfurt über den Weg zu laufen. Bisher hatte sie aus Angst vor einem Zusammentreffen mit ihm noch nicht einmal Jehuda aufgesucht, der ihr bestimmt sehr übel nahm, dass sie sich gar nicht bei ihm sehen ließ. Und auch um die Brücke hatte sie bisher einen Bogen gemacht, ja regelrechte Umwege in Kauf genommen, um bloß keinen Fetzen von Geigenmelodie zu vernehmen, der von dort herüberdringen mochte. Zum Glück hatte sie bisher noch nicht auf die andere Mainseite gemusst, um irgendetwas zu erledigen! Aber auch Gabriel schien sie zu meiden, anders konnte es gar nicht sein, ihm musste doch zu Ohren gekommen sein, dass sie wieder in der Stadt war …
    »Ja, das ist gut ausgegangen«, ergriff Ludwig Haldersleben das Wort. »Irgendwann, vor ein paar Monaten schon, war er bei mir im Laden. Ich weiß gar nicht genau, was er eigentlich wollte – wohl sich nach Ihnen erkundigen, Johanna. Elisabeth war gerade bei mir, und Schosch war auch da. Die haben Ihnen sicher davon erzählt.«
    Johanna versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr diese Neuigkeit sie aufwühlte. Natürlich hatte ihr niemand auch nur ein Sterbenswort von Gabriels Besuch beim Kartenmacher erzählt. Von Schosch konnte man das ja wohl nicht erwarten. Doch auch Elisabeth hatte den Vorfall nicht für erwähnenswert gehalten. Vielleicht dachten sie auch alle, je weniger man über die Sache redete, desto besser … Sie hatte das Gefühl, ein Schwarm Schmetterlinge wirbelte in ihrem Magen umher. Sie bekam kaum Luft, so aufgeregt war sie mit einem Mal. Gabriel hatte sich nach ihr erkundigt – das konnte doch nur heißen, dass auch sie ihm noch immer etwas bedeutete!
    »Sie ahnen ja nicht, wen ich vorhin auf dem Römerberg gesehen habe, Johanna!«, wechselte der Kartenmacher das Thema. »Martin Münch, zusammen mit seiner Frau! Sie sahen aus, als wären sie auf dem Weg hierher.«
    Johanna erstarrte. Schlagartig kamen die Schmetterlinge in ihrem Bauch zum Stillstand. Martin Münch! Das hatte ihr ja gerade noch gefehlt!
    »Na, da bin ich aber mal gespannt«, sagte Elisabeth, die aus dem Hof zurückgekehrt war und auf dem groben Besen lehnte. »Ännchen hat sich keinmal hier oder in Bornheim blicken lassen. Und ich konnte ja nicht nach Sachsenhausen – ihr wisst schon, wieso.«
    Sie lehnte den Besen an den Tischrand, zog sich einen Hocker heran und ließ sich neben Ludwig Haldersleben nieder. Erwartungsvoll blickten sie alle zur Tür.
    »Na, der wird hier hochkant rausfliegen!«, schlug sich Justus von Zimmer lachend auf die Schenkel.
    Er befreite den rechten Ärmel seines frisch gestärkten Leinenhemds von einem goldenen Manschettenknopf und begann sich den Ärmel aufzukrempeln.
    »Er ist ganz merkwürdig gelaufen. So als hätte er den Gleichgewichtssinn verloren. Und seine Frau hat ihn gestützt. Sah irgendwie komisch aus. Merkwürdig auch, dass sie so lange brauchen. Sie waren schon ganz nah«, sagte der Kartenmacher wie zu sich selbst.
    In diesem

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