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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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Ingens Wurstrolle, die an die sem Tag noch merkwürdiger aussah als sonst, weil ihm die nass geschwitzten Deckhaare eng am Kopf klebten.
    »Wo ist Haldersleben?«, fragte Justus von Zimmer schließlich mit bemerkenswerter Selbstbeherrschung.
    Als Johanna, die größte Mühe hatte, sich ihr Lachen zu verkneifen, wortlos mit den Achseln zuckte, beugte er sich über das hölzerne Terrassengeländer. Er legte die Hände zu einem Trichter zusammen und brüllte mit seinem beeindruckenden Organ über Dächer und Gasse hinweg:
    »Ludwig!«
    Justus von Zimmer nickte befriedigt, als nach wenigen Augenblicken erst Ludwig Haldersleben und kurz darauf Elisabeth die Dachterrasse betraten.
    »Ludwig konnte sich einfach nicht von seiner neuesten Karte trennen«, erzählte Elisabeth und ließ sich japsend auf einen Stuhl sinken.
    »Seit ich diese wunderbare Ausgabe der Mille et une Nuits ergattert habe, arbeite ich an einer Karte, die die darin beschriebene Welt erfasst. Der ehemalige französische Gesandte von Konstantinopel, Antoine Galland, hat diese orientalischen Märchen ja aus dem Arabischen übersetzt. Und ich fertige nun die passende Karte dazu an.«
    Wieder einmal dachte Johanna, dass Haldersleben unbedingt die Sultana kennenlernen musste. Zehra und er hätten sich in ihrer Begeisterung für Bücher und Reisen bestimmt jede Menge zu erzählen gehabt.
    »Sie müssen diese Geschichten unbedingt lesen, Frau Johanna!«, fuhr der Kartenmacher begeistert fort. »Elisabeth kann gar nicht genug davon bekommen. Jeden Tag lesen wir zusammen eine Geschichte. Die Erzählerin – sie heißt Scheherazade – ist eine wirklich kluge Frau: Durch ihre spannenden Geschichten schafft sie es, den grausamen König, der jede Frau nur für eine Nacht heiraten will, um sie am nächsten Morgen zu töten, von seinem Vorhaben abzubringen. Weil er immer wissen will, wie es weitergeht, überlebt Scheherazade, und sie rettet auch die anderen Frauen ihres Landes, die sonst nach einer Nacht mit dem grausamen König Shahryar hätten sterben müssen.«
    »Scheherazade?«, murmelte Johanna nachdenklich. »Ich glaube, ich habe bereits von ihr gehört. Die Schwester des Sultans hat ihren Namen auch schon mal erwähnt, wenn mich nicht alles täuscht. Aber ich kann leider kein Französisch – es würde mir also gar nichts nützen, wenn Sie mir Ihr wunderbares Buch ausliehen.«
    »Wie wäre es, wenn Justus ein paar Geschichten für Sie übersetzt?« Der Kartenmacher machte ein Gesicht, als hätte er gerade zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. »Du kannst doch sicherlich Französisch, oder, Justus? Wenn ich das richtig sehe, warten im Augenblick auch keine dringlichen Aufgaben auf dich. Falls du also ausnahmsweise mal keine Lust haben solltest, den ganzen Tag nur dem Müßiggang zu frönen: Hier könntest du dich richtig nützlich machen!«
    Justus von Zimmer zuckte zusammen – wie immer, wenn man etwas von ihm wollte. Die ganze Hängematte, in die er seinen langen Körper umständlich gebettet hatte, fing an zu beben. Aber schließlich gab er zu, tatsächlich fließend Französisch zu sprechen, und willigte ein, Johanna die eine oder andere Geschichte aus Tausendundeine Nacht zu übersetzen, wenn er gerade nichts Besseres vorhätte.
    Als endlich alle Platz genommen hatten und an ihrer nunmehr lauwarmen Bowle nippten, eröffnete Johanna die Versammlung.
    »Gregor Denzel wollte auch kommen, muss aber leider noch ein paar Ballschuhe für eine Bankiersgattin fertig machen. Wir können ihn auf jeden Fall für alle Aktionen einplanen, hat er gesagt. Er und Greta werden außerdem für das Gelingen beten.«
    »Das gilt natürlich auch für meine Schwester«, sagte Ludwig Haldersleben schnell.
    »Und für Ännchen«, fügte Martin Münch hinzu.
    »Lasst uns Trudi nicht vergessen!«, meldete sich Philipp in selbstgefälligem Ton.
    »Wie ihr ja alle wisst, macht mir Gottfried Hoffmann, Elisabeths Mann« – sie warf einen entschuldigenden Blick auf die Freundin, die verlegen einen Faden von ihrer Puffärmelbluse zupfte –, »seit Jahren Ärger. Seit ich Elisabeth davon abgeraten habe, ihn zu heiraten.« Sie bemühte sich, alles Besserwisserische aus ihrem Tonfall zu nehmen. »Aber er hat nicht nur mich und Elisabeth tyrannisiert, sondern auch Martin Münch, der sich nun heldenhaft dazu entschieden hat, die Seiten zu wechseln. Gottfried hat ihn in einen Bärenkäfig gesperrt, nachdem er sich geweigert hatte, als Zeuge gegen mich auszusagen. Martin Münch und ich

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