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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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gebannt auf das kaum leserliche »Geschlossen«-Schild an der Eingangstür. An der durch den Regen verlaufenen Schrift konnte man erkennen, dass das Schild schon seit einiger Zeit an dieser Stelle hing. Abgesehen von der Verwüstung im Garten machte auch das Haus einen stark vernachlässigten Eindruck. Die Fenster waren offensichtlich seit Ewigkeiten nicht mehr geputzt worden. Direkt neben dem Schornstein schienen einige Dachschindeln locker zu sein, und vor dem Haus standen mehrere leere Fässer, auf denen sich Blätter und Dreck gesammelt hatten.
    »Das macht er mit Absicht!« Endlich löste sich Elisabeth von dem traurigen Anblick ihres einstigen Heims. »Um mich zu bestrafen, lässt er alles verkommen.« Sie wischte sich über die Augen.
    Ludwig Haldersleben fasste sie am Ärmel.
    »Wir sollten hier wirklich nicht stehen bleiben. Lass uns rübergehen!«, sagte er leise.
    »Warum sollen wir hier nicht stehen bleiben? Ich stehe, wo ich stehen will!«, tönte Justus von Zimmer.
    Er hatte, während sie vom Sachsenhäuser Ufer aus das Fischerstechen auf dem Main beobachtet hatten, schon ein paar Schoppen getrunken. Gewonnen hatte einer der Sachsenhäuser Fischer, der alle seine Konkurrenten mit einer langen Lanze von ihren Booten gerammt hatte und nun den besten Fangplatz bekommen würde. Immer wieder waren seine Gegner unter dem Gejohle der Zuschauer ins Wasser gestürzt.
    »Von den Bauern hier, Martin natürlich ausgenommen, lasse ich mir nicht vorschreiben, wo ich stehe! Und mal unter uns: Warum habt ihr diesen irren Choleriker nicht einfach abmurksen lassen? Es gibt schließlich genug Leute, die so was für einen erledigen. Nicht, dass ich die kennen würde, aber so schwierig kann das nicht sein.« Er legte seinen Arm grinsend um Ludwig. »Weiber! Ihr macht die einfachsten Sachen kompliziert. Am besten man versucht gar nicht erst, euch zu verstehen. Bringt ja doch nichts.« Er zwinkerte erst Johanna mit dem einen, dann Elisabeth mit dem anderen Auge zu. »Dabei hat der Mann doch geradezu darum gebettelt, dass ihm irgendjemand ein Messer zwischen die Rippen stößt! Wieder und wieder hat er euch angefleht, endlich einen Schlussstrich unter sein verkorkstes Leben zu ziehen – und ihr in eurer unendlichen weiblichen Geduld und Güte habt ihn immer weitermachen lassen. Aus Verzweiflung zerhackt er schon seinen eigenen Garten, weil alle anderen zu viel Schiss davor haben. Würde mich nicht wundern, wenn er sich als Nächstes selbst zerhacken täte! Aber jetzt ist Schluss! Ein Glück, dass ihr euch doch noch aufgerafft habt! Die Tiere sind wenigstens erst mal weg. Das ist erledigt, da können wir einen Haken hinter setzen. Die kommen auch nicht wieder, weil unsere Polizei das nämlich kontrollieren wird. Ich bin meinem Onkel ziemlich auf die Nerven gefallen mit dieser Sache! Und mit dem Bürgerkapitän von Sachsenhausen wurde auch endlich geredet. Nicht zu fassen, dass der das all die Jahre geduldet hat! Wozu sind diese Leute da?, fragt man sich.«
    »Schon gut, Justus, lasst uns endlich weitergehen!«
    Besorgnis klang aus Ludwig Halderslebens Stimme. Und auch Johanna hatte böse Vorahnungen, als sie zu viert vor Gottfried Hoffmanns Haus herumstanden. Zu sehr fühlte sie sich an den Abend erinnert, als sie Elisabeth aus der Truhe befreit hatte. Jeden Augenblick rechnete sie damit, die erste Fledermaus dicht über ihrem Kopf hinwegsegeln zu spüren. Dass Justus aber auch einen solchen Lärm veranstalten musste! Und bei Elisabeth konnte man sich auch nie sicher sein, ob sie nun ehrlich zornig war oder am liebsten erst einmal in ihrem alten Haus nach dem Rechten sehen wollte. Sich vielleicht schnell ihre alte Schürze umbinden und ein bisschen Ordnung machen würde.
    »Ja, lasst uns umkehren! Wir haben gesehen, was du sehen wolltest, Elisabeth. Und jetzt lasst uns wieder nach drüben gehen. Mir ist nicht wohl bei der Sache«, machte Johanna ihrem Unbehagen Luft und sah sich vorsichtig nach allen Seiten um.
    Bildete sie sich das nur ein, oder hatte sich da gerade die vergilbte Gardine des mittleren Dachbodenfensters bewegt? Sie meinte, eine leichte Welle gesehen zu haben. Stand Gottfried vielleicht lauernd hinter der Gardine und beobachtete sie? Oder hatte es sich nur um einen Lufthauch gehandelt? Ein Schauer lief über ihren Rücken. Nein, bestimmt spielte ihr nur ihre Fantasie einen Streich, sagte sie sich dann.
    »Kommt gar nicht infrage!«, empörte sich Justus. »Wir sind Bürger dieser Stadt! Wir gehen hin, wo wir

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