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Die Kaiser des Mittelalters - von Karl dem Großen bis Maximilian I.

Die Kaiser des Mittelalters - von Karl dem Großen bis Maximilian I.

Titel: Die Kaiser des Mittelalters - von Karl dem Großen bis Maximilian I. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Schneidmüller
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aus göttlicher Eingebung bestimmt und angeordnet hat, dass das Römische Kaisertum für immer an die rechtmäßige Wahl durch die deutschen Fürsten gebunden bleiben sollte. Denn es ziemt sich nicht, dass das Heiligtum Gottes, die Herrschaft über die Christenheit, jemandem durch Erbrecht zufällt. Karl selbst konnte ja seine Abstammung unmittelbar von den Griechen, den Römern und den Germanen herleiten.» Einer unsicheren Gegenwart verlieh wenigstens die sichere Geschichte selbstbewussten Halt: «Dass Karl der Große ein Deutscher war, darüber besteht kein Zweifel, obgleich er auch über die Franzosen herrschte.» In den Büchern garantierten solche Kaiser immer noch die Zukunft der Welt.

8 Der erschöpfende Rangstreit
(1308–1410)
    An der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert diskutierten Gelehrte im lateinischen Europa über Kaisertum und Weltmonarchie, ohne dass es reale Kaiser gab. Die Lektüre der aristotelischen Philosophie und die neue Wissenskultur an den hohen Schulen Italiens, Frankreichs und Englands gaben mächtige Impulse. Das deutsche Reich, das den universitären Quantensprung um fast zwei Jahrhunderte verpasste, stand nicht ganz abseits, weil die klugen Köpfe an fremde Universitäten wanderten. Jordanus von Osnabrück, Alexander von Roes, Dante Alighieri, Aegidius Romanus, Marsilius von Padua und Wilhelm von Ockham schufen die Grundlagen des politischen Denkensund der Staatslehre im Spätmittelalter. Dem Papsttum oder dem Kaisertum wiesen sie gestalterische Kraft für das Bestehen von Welt und Reich zu. Dante Alighieri sah die kaiserliche Majestät als Hoffnungsgaranten: «Sollen aber diese Kriege und alles, was sie herbeiführt, verschwinden, muss notwendig die ganze Erde und aller menschlicher Besitz zu einer Monarchie, d.h. zu einer einzigen Herrschaft zusammengeschlossen werden und einen Herrscher haben.» Den ersten Kaiser des 14. Jahrhunderts begrüßte er als Weltherrscher und als Friedenskaiser. Doch die Realität hielt nicht Schritt mit den Erwartungen. Die kaiserlichen Möglichkeiten entsprachen kaum den kühnen Entwürfen auf den Pergamenten. In einer finalen Zuspitzung des Rangstreits von Päpsten und Kaisern prallten die alten Ansprüche unversöhnlich aufeinander. Es schloss sich ein erschöpfter Pragmatismus des Zusammenlebens an.
    Wer regierte das Imperium in kaiserloser Zeit? Im 13. Jahrhundert hatte man endgültig gelernt, das Reich von der Person des Kaisers oder Königs zu lösen und stellvertretend durch Vikare zu herrschen. In Deutschland wies man das Reichsvikariat 1276/81 dem Pfalzgrafen bei Rhein zu. Die «Goldene Bulle» Kaiser Karls IV. von 1356 nannte den Pfalzgrafen bei Rhein und den Herzog von Sachsen als Wahrer der Reichsrechte bei Thronvakanz. Strittig blieb die stellvertretende Herrschaft in Italien. Hier leiteten die Päpste aus ihrem Recht an der römischen Königswahl auch die Verfügung über das Reichsvikariat in kaiserloser Zeit ab.
    Den universalen Anspruch hatte Papst Bonifaz VIII. (1294–1303) noch einmal programmatisch zugespitzt. 1301 zitierte er König Albrecht I. vor den Apostolischen Stuhl, weil der Habsburger ohne päpstliche Approbation herrschte. 1302 folgte die Bulle «Unam sanctam», welche analog zur göttlichen Ordnung des Universums die weltliche Macht vollständig der geistlichen Gewalt unterwarf. Dem Papst stehe die Richtergewalt über die Könige zu: «Daher aber erklären wir, bestimmen und verkünden wir, dass es für alle menschliche Kreatur überhaupt heilsnotwendig ist, dem römischen Papst untertan zu sein.» Dieser Zugriff auf die Welt brach im Streit mit dem französischen KönigPhilipp IV. faktisch zusammen. 1309 verlegten die Päpste ihren Sitz von Rom nach Avignon. In ihrem Einflussgebiet zog die französische Monarchie die Kurie personell wie politisch in ihren Bann. Über lange Jahre kamen Rom die Päpste und die Kaiser abhanden. Damals entglitten den deutschen Königen Nähe und Einfluss auf die Nachfolger des Apostels Petrus vollends. Um so erstaunlicher erschien der Wiederbeginn des Kaisertums 1312. Erstmals seit 92 Jahren fand in Rom wieder eine Kaiserkrönung statt. Nur alte Bücher hatten das Wissen um das Zeremoniell lebendig erhalten.
    Nach der Ermordung König Albrechts I. wählten die Kurfürsten 1308 den Grafen von Luxemburg als Heinrich VII. (1308–1313) zum neuen Herrscher und erhoben ihn auf den Altar der Frankfurter Wahlkapelle. Es war die erste bekannte Altarsetzung eines römischen Königs. Wieder, wie in der

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