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Die Kaiser des Mittelalters - von Karl dem Großen bis Maximilian I.

Die Kaiser des Mittelalters - von Karl dem Großen bis Maximilian I.

Titel: Die Kaiser des Mittelalters - von Karl dem Großen bis Maximilian I. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Schneidmüller
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ganzen Zeit zwischen 1250 bis 1376, hatten die Kurfürsten zur Bekräftigung ihres Wahlrechts die direkte Sohnesfolge verhindert. Wie auch seine Vorgänger und Nachfolger nutzte Heinrich VII. das Königtum zur Mehrung der eigenen Hausmacht. Die Hochzeit seines Sohns Johann mit der böhmischen Erbtocher Elisabeth sicherte dem westdeutschen Grafenhaus das böhmische Königtum und damit eine Kurstimme bei der Königswahl. Kontinuität stiftete der neue König durch die Beisetzung seiner beiden Vorgänger. Adolf und Albrecht I. lagen fortan mit den salischen Kaisern und mit Rudolf von Habsburg in der Speyerer Herrschergruft. Zum letzten Mal trat die Einheit der Könige in einer gemeinsamen Grablege so programmatisch hervor.
    Papst Clemens V. (1305–1314) billigte ohne jede Aufforderung die Königswahl Heinrichs und stellte die Kaiserkrönung in Aussicht. Programmatisch plante man sie für den 2. Februar 1312, auf den Tag genau 350 Jahre nach der Kaiserkrönung Ottos des Großen. Unvorhersehbare Widrigkeiten beim Italienzug verhinderten das. Mit etwa 5000 Rittern begann 1310 der Zug über die Alpen. Die Truppe konnte den Vergleich zu Barbarossas Heer aus 1800 Rittern auf dem Romzug 1154/55 durchaus bestehen. Mit Erzbischof Balduin von Trier, Bruder Heinrichs VII., kam aber nur ein einziger Kurfürst mit. Er ließ Jahrzehntespäter ein prächtiges Erinnerungsbuch mit farbigen Miniaturen und knappen Begleittexten anfertigen: «Kaiser Heinrichs Romfahrt». Der Codex hielt aus der Rückschau die Reise mit ihren Höhen und Tiefen fest und schuf Identitäten für die beteiligten Familien. Wappen und Fahnen machten den König und seinen Bruder wie ihr Gefolge kenntlich. Die Herrscherfahne präsentierte den schwarzen Adler auf goldenem Grund. Die lang gezogene Sturmfahne bestand aus einem rot-goldenen Tuch. Immer wieder zeigten die Bilder die Belagerungen von Städten, die blutigen Kämpfe, die Zerstörung kommunaler Symbole, die Unterwerfung der Bürger mit Stricken um den Hals und den thronenden Herrscher – Gewaltexzesse im Umfeld einer Kaiserkrönung. Akribisch hielt der Zeichner jene Szene fest, in der Erzbischof Balduin einem römischen Orsini mit kräftigem Schwertstreich den Schädel spaltete.
    Das deutsche Heer stieß in Italien auf unübersichtliche Situationen. Der faktische Ausfall kaiserlicher Gewalt über mehr als ein halbes Jahrhundert hatte die kommunale Autonomie gefestigt. In jeder Stadt variierten aristokratische Konstellationen von Kaiserfreunden (Ghibellinen, nach dem Staufernamen Waiblingen) und Papstfreunden (Guelfen, nach den Welfen). Die ökonomische Potenz einer Metropole wie Mailand oder Genua übertraf alles Vorstellbare im Land nördlich der Alpen. Nicht zuletzt die Hoffnung auf reiche städtische Steuern, Geldgeschenke oder Strafgebühren machte die Italienzüge für die armen römischen Könige so interessant.
    Bis Mailand gestaltete sich der Marsch friedlich. Hier erhielt Heinrich VII. am 6. Januar 1311, dem Dreikönigstag, die Eiserne Krone der Langobarden. Tage später kippte die Feststimmung durch einen Aufstand der Mailänder gegen die ungeliebten Invasoren. Cremona und Brescia schlossen sich an, Florenz sperrte den Weg durch den Apennin. Aus dem feierlichen Krönungszug wurde ein böser Kriegszug. Stadt auf Stadt wurde belagert oder erobert. Die Königin starb in Genua eines natürlichen Todes; Walram, Bruder des Königs, fiel im Kampf um Brescia. Vor Rom belohnte Heinrich VII. die Treue seiner Gefährten durch den Ritterschlag für besonders tapfere Kämpfer. Ihr Sturm auf die ewigeStadt brachte nur Teilerfolge. Der verabredete Krönungstermin am 2. Februar war ohnehin längst verpasst, und der Petersdom konnte nicht erobert werden. So fand die Kaiserkrönung am 29. Juni 1312 (Peter und Paul) in St. Johannes im Lateran statt. Drei Kardinäle zelebrierten im Auftrag des Papstes den Festakt. Den Krönungsordo, der stauferzeitlichen Vorgängern folgte, hatte der ferne Papst Clemens V. schon 1311 in seiner Bulle «Rex regum» vorgeschrieben. Wichtige Elemente wie Fußkuss oder Stratordienst hätten eigentlich den Papst erfordert. Seine Abwesenheit öffnete eine Kluft zwischen Skript und Wirklichkeit. Diese brach in Gestalt guelfischer Bogenschützen über das kaiserliche Festgelage herein.
    An seinem Krönungstag schrieb Heinrich VII. Briefe an die Großen der Welt und verkündete seine neue Würde. Eine solche internationale Anzeige der Kaiserkrönung war neu. Die stolzen Worte übertrafen

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