Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
die auf Grund privater Eingaben zu treffen waren, wurden von Callistus, dem Leiter des
Ressorts
a libellis
, bearbeitet. Neben diesen drei Freigelassenen war in der ersten Hälfte der Regierung des Claudius noch Polybius tätig, dessen
Aufgabenbereich die kulturellen Angelegenheiten umfaßte (
a
studiis
). Auf die Position dieses Freigelassenen wirft die Tatsache, daß Seneca ihm zum Tode seines Bruders eine Trostschrift (›Conso latio ad Polybium‹) widmete, grelles Licht. Die genannten ‘Ministe rien ’ waren Ausdruck der beginnenden Bürokratisierung der kaiserlichen Verwaltung. Zugleich signalisierten sie die Etablierung
einer neuen Gruppe von Führungskräften im Dienste des Princeps. Als Freigelassene waren sie diesem, ihrem Patron, in besonderem
Maße verbunden.
Das ‘offizielle’ Hervortreten der kaiserlichen Freigelassenen unter Claudius und der Einfluß, den dessen Frauen auf die öffentlichen
Angelegenheiten ausübten, ließen eine Entwicklung kulminieren, die das „Haus“
( domus
) des Princeps zum „Hof“
( aula
) im speziellen Sinne des Wortes ausgestaltete. Dazu gehörte auch, daß der Name „Caesar“, nachdem Claudius ihn mit dem Erbe
der Julier übernommen hatte, zur ebenso festen Benennung des Princeps wurde wie „Augustus“, die Person des jeweiligen „Kaisers“
also zurücktrat.
Caesaris
bzw.
Augusti liberti
oder
servi
nannten sich daher die Freigelassenen und Sklaven des Kaiserhofes auf ihren Inschriften, und „an den Kaiser“ appellierte der
Apostel Paulus, als ihm in Jerusalem der Prozeß gemacht werden sollte (Act. apost. 25, 11). Zur ‘Institutionalisierung’ des
Kaisertums trugen nicht zuletzt die Liegenschaften bei, welche die einzelnen Principes in Rom, Italien und den Provinzen anhäuften.
Sie führten mit ihrer Größe und Pracht jedermann den Reichtum des Kaisers als solchen vor Augen.
In Rom war es natürlich der Kaiserpalast, von dem die größte Wirkung ausging. Tiberius baute im Nordwesten des Palatins eine
neue, gemessen an dem Haus des Augustus imposante Residenz, die Domus Tiberiana (jetzt unter den Farnesinischen Gärten). Caligula
erweiterte sie in Richtung auf den Castor-Tempel am Forum, den er als Vestibulum benutzte. Nero schließlich verband Palatin
und Esquilin durch die Domus transitoria, später (nach dem Brand von 64) durch die Domus aurea. Mit dieser riesigen Prachtanlage
wurde |35| gewissermaßen ganz Rom zum Palast des Kaisers. So beurteilten jedenfalls Spötter den Bau (Suet. Nero 39, 2). Mit der Domus
aurea müssen in einem Atemzug genannt werden die Nero-Thermen (in der Nähe des Pantheons) als architektonisch ebenso neue
Form kaiserlicher Repräsentation.
Auf dem Esquilin lagen die Gärten des Maecenas und des Lamia. Erstere hatte Augustus, letztere Tiberius geerbt. Solche Gartenanlagen
boten vielfältige Möglichkeiten der Nutzung durch die Kaiser; sie waren Residenzen besonderer Art. Caligula empfing z. B.
in den
horti Maecenatiani et Lamiani
eine Gesandtschaft der Juden aus Alexandria (Philo leg. 44 – 45). Es gelangten nun im Laufe der Zeit immer mehr Gärten in kaiserlichen Besitz. Vor allem auf dem Mons Pincius im Norden
der Stadt lagen sie dicht beieinander
( horti Domitiorum, Lucullani, Sallustiani )
. Die Gärten der (älteren) Agrippina auf den Montes Vaticani jenseits des Tibers wurden durch den Circus, den ihr Sohn Caligula
hier errichten und mit einem gewaltigen ägyptischen Obelisken auf der Spina ausstatten ließ, zur Attraktion (der Obelisk steht
seit 1586 auf dem Petersplatz). Erwähnenswert sind noch die
horti Serviliani
(im Süden Roms) als Schauplatz des Abfalls von Nero im Jahre 68 (unten S. 68).
Den Gärten in Rom entsprachen die zahlreichen Villen in Italien. Auch sie waren kaiserliche Residenzen, wie am besten der
zehnjährige Aufenthalt des Tiberius auf der Insel Capri (Capreae) mit ihren zwölf Villen (Tac. ann. 4, 67, 3) beweist. Aber
auch die Tatsache, daß der Senat sich 63 nach Antium begab, um Nero zur Geburt seiner Tochter Claudia zu beglückwünschen,
läßt die dortige Villa als Residenz erscheinen. Von der Villa des Claudius in Baiae ist erst kürzlich der Speisesaal mit seiner
Statuenausstattung, die den Kaiser in den Kreis der julisch-claudischen Ahnen stellte, dem Meeresboden entrissen worden. Ein
ebenso spektakulärer Fund aus dem Jahre 1930 führt von den Küsten Latiums und Kampaniens in die Albaner Berge: Aus dem Nemisee
( lacus
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