Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
Kapitol,
das Unterpfand der römischen Herrschaft par excellence, in die Hände Vespasians und seiner Söhne gelegt zu haben: Vespasian
baute den Tempel nach dem Brand des Jahres 69 (oben S. 78) wieder auf, seine Söhne stellten ihn nach dem Feuer des Jahres
80 (unten S. 90) wieder her. Vespasian erschien auf Münzen mit dem Palladium, dem
pignus imperii
aus dem Vesta-Tempel, und der Legende AETERNITAS P R (Rom. Imp. Coin. II 61, Nr. 384). Die Aeternitas nahm aber auch selbst
Gestalt an und verband sich in der Legende schon unter Titus mit dem Kaisertum: AETERNIT AVG (Rom. Imp. Coin. II 130, Nr.
122). Unter Domitian (86) traten dann neben die Aeternitas-Münzen noch die
vota pro aeternitate imperii
: Die Fratres Arvales brachten diese Gelübde zusammen mit denen für die Salus des Kaisers und seines Hauses dar (Corp. Inscr.
Lat. VI 2064, Zeile 36 – 49). Mit der Aeternitas-Ideologie verschafften die Flavier dem Kaisertum ein neues Kontinuitätsmerkmal und ein gewichtiges
Argument für seine Existenzberechtigung.
Die Konsequenz, mit der Vespasian seine dynastischen Pläne verfolgte, zeigte sich, wie schon angedeutet, in der herausragenden
Stellung, die er seinem Sohn Titus neben sich verschaffte. Dieser war zum Zeitpunkt des gemeinsamen Triumphes (Juni 71) 31
Jahre alt (geb. 30. 12. 39) und im Besitz des Imperiums. Jetzt erhielt er die
tribunicia potestas
und wurde zum
praefectus praetorio
ernannt. In den Jahren 73 / 74 war er als Kollege seines Vaters Zensor; insgesamt siebenmal bekleidete er neben ihm das ordentliche Konsulat, und dreizehnmal
empfing er seit 71 eine imperatorische Akklamation, die eigentlich nur seinem Vater zustand. Titus war so „Teilhaber der |87| Herrschaft“
( particeps imperii
, Suet. Tit. 6, 1), freilich neben einem Vater, der keinen Zweifel daran ließ, wer der wirkliche Herr des Imperium Romanum
war und zudem ja auch titular als
Augustus, pater patriae
und
pontifex maximus
seinen Sohn übertraf. Für die Stellung in Rom brachte Titus seine Erfahrungen als Feldherr (Jüdischer Krieg) und Diplomat
(Parthische Gesandtschaft in Zeugma, Jos. bell. Iud. 7, 5, 2) mit. Ihn begleitete aber auch der Ruf, zur Überheblichkeit zu
neigen und der öffentlichen Meinung zu wenig Gewicht beizumessen. In ersterem Sinne wurde das Diadem gedeutet, das er 71 in
Memphis/Ägypten beim Apis-Ritual trug, in letzterem Sinne seine Liaison mit der Königin Berenice, Schwester des jüdischen
Königs Agrippa II.
Domitian, dem 12 Jahre jüngeren Bruder des Titus, wurden unter Vespasian sechs Konsulate zuteil, also nur eines weniger als
Titus, aber weitere Auszeichnungen, abgesehen vom Caesar-Namen und dem Princeps-iuventutis-Titel, hielt Vespasian offenbar
für unangemessen. Titus setzte diese Art der Förderung seines Bruders fort. Er ließ Domitian für das Jahr 81 als
consul ordinarius
neben sich treten und designierte ihn für 82 zu der gleichen Würde. Titus gab auch deutlich zu verstehen, daß er Domitian
als Teilhaber an seiner Stellung und als seinen Nachfolger betrachtete
( consortem successoremque
, Suet. Tit. 9, 3), aber Anstalten zu einem Avancement seines Bruders, wie er selbst es durch Vespasian erfahren hatte, traf
er nicht. Das Verhalten von Vater und Bruder läßt auf Vorbehalte gegenüber Domitian, d. h. gegenüber dessen Anspruchsdenken,
schließen. Tatsächlich brüstete Domitian sich bei seiner Prinzipatsübernahme im Senat (81), er erhalte jetzt das Imperium
zurück, das er Vespasian und Titus verschafft habe (Suet. Dom. 13, 1), womit er auf seine Rolle als Stellvertreter Vespasians
in der Zeit nach dem Tod des Vitellius (oben S. 79) anspielte. Es waren aber wohl auch die charakterlichen Mängel Domitians,
die Vespasian und Titus zur Zurückhaltung veranlaßten. Nichtsdestoweniger stand für das dynastische Denken der Römer die Anwartschaft
Domitians auf den Prinzipat außer Frage. Für ihn wiederum war es als Princeps selbstverständlich, daß er jene Anwartschaft
in seinem Hause weitergeben könne. Da er keine leiblichen Erben hatte, adoptierte er die Söhne seines Vetters T. Flavius Clemens.
Seine Ermordung machte die Nachfolgepläne dann freilich zunichte.
Die dynastische Politik der Flavier enthielt Elemente, welche als Entwicklungstendenzen des Prinzipats gedeutet werden müssen
und im ganzen darauf hinausliefen, daß die von Augustus sorgfältig |88| verhüllte Machtkonzentration in den Händen des Princeps nun
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