Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
damals die AEGVPTO CAPTA-Münzen, so verankerten jetzt die IVDAEA CAPTA-Prägungen
die Leistung des neuen Princeps im allgemeinen Bewußtsein. Eine Besonderheit bildete dabei, daß der Kaisersohn Titus den entscheidenden
Erfolg errungen hatte – unter den Auspizien seines Vaters. So konnte später auch Titus seinen Prinzipat aus dem Triumph über
Judäa herleiten (Münzen: Rom. Imp. Coin. II 127, Nr. 91 – 93). Der Senat errichtete ihm 81 im Circus Maximus einen Ehrenbogen, dessen Inschrift die Eroberung Jerusalems rühmend hervorhob
(Corp. Inscr. Lat. VI 944). Ja, noch Domitian zehrte vom Ruhm seines Bruders: Der unter seinem Prinzipat erbaute Titus-Bogen
am Forum hielt die Erinnerung an den Triumphzug des Jahres 71 und die in ihm gezeigte Beute (bis heute) wach.
Augustus hatte mit der Eroberung Ägyptens das Ende der Bürgerkriege |85| verbunden. Das tat auch Vespasian mit der Niederwerfung Judäas – zu Recht, wenn man das Kriegsgeschehen im Reich als Einheit
betrachtete. Aus der Sicht Vespasians hatte Vitellius die Bürgerkriege ausgelöst und den Staat widerrechtlich in seine Gewalt
gebracht. Er dagegen (Vespasian) war dem Staat zu Hilfe gekommen (Plin. nat. hist. 2, 18) und hatte ihm die Freiheit zurückgebracht.
Auch mit diesem Anspruch trat er in die Fußstapfen des Augustus, der sich als Vindex libertatis verstanden hatte: Vespasian
ließ Münzen prägen, die ihn als Adsertor libertatis bezeichneten und diesen Ehrentitel mit dem Eichenkranz für die Rettung
des Staates umgaben (Rom. Imp. Coin. II 70, Nr. 455).
Im engsten Zusammenhang mit dem Triumph des Jahres 71 stand der Baubeginn für das Templum Pacis, eine forumähnliche Anlage
in Fortsetzung des Augustusforums nach Südosten. Vespasian verband den Tempel der Friedensgöttin mit einer repräsentativen
Bibliothek und stattete die ganze Anlage mit wertvollen Kunstgegenständen aus. Diese entnahm er zum größten Teil dem Schmuck
der Domus aurea, machte also die von Nero für sich beanspruchten Kostbarkeiten der Öffentlichkeit zugänglich. Er selbst ließ
eine riesige Statuengruppe aus Basalt anfertigen, die den Nil mit seinen sechzehn Kindern (den Ellen, um die er stieg) darstellte
(Plin. nat. hist. 36, 58) – als Erinnerung an das wundersame Erlebnis bei seiner Ankunft in Alexandria (oben S. 76). Im Templum
Pacis waren auch die Beutestücke aus dem Tempel zu Jerusalem zu sehen (Jos. bell. Iud. 7, 5, 7). Man muß schon sagen, daß
Vespasian dem Frieden, den er durch Schließung des Ianus-Bogens (Oros. 7, 9, 9) der Welt verkündete, eine würdige Heimstatt
bereitet hat.
Mit dem Frieden verbanden die Menschen die Hoffnung auf glückliche Zeiten (Jos. bell. Iud. 7, 5, 6). Als Mann über 60 (geb.
17. 11. 9) war Vespasian sich bewußt, daß er den diesbezüglichen Erwartungen nur zeitlich begrenzt entsprechen konnte. Er
ließ deshalb seinen Sohn Titus in so auffälliger Weise an der Herrschaft teilhaben, daß der flavische Prinzipat gewissermaßen
schon in die nächste Generation verlängert wurde. Weiter beugte er allen Eventualitäten dadurch vor, daß er den jüngeren Sohn
Domitian als
princeps iuventutis
, d. h. als weiteren Anwärter auf den Prinzipat herausstellte. Es war eben sein fester Wille, daß seine Söhne ihm nachfolgen
sollten (Suet. Vesp. 25). Tatsächlich ist es dann ja so gekommen, daß Titus beim Tode Vespasians (23. 6. 79) wie selbstverständlich sein Nachfolger wurde und daß Domitian nach dem frühen Hinscheiden seines Bruders (13. 9. 81) ebenso anstandslos |86| dessen Stellung zufiel. Als Domitian im Jahre 96 (18. 9.) ermordet wurde, hatte die
gens Flavia
27 Jahre den Prinzipat innegehabt. Vespasian und Titus waren zu Divi erhoben worden. Domitian hatte gehofft, ebenfalls divinisiert
in das von ihm auf dem Quirinal an der Stelle seines Geburtshauses errichtete Templum gentis Flaviae einzugehen, wo Vater
und Bruder schon ihre letzte Ruhe gefunden hatten. Statt dessen verfiel er der
damnatio memoriae
, und seine Asche wurde nur heimlich (von seiner Amme) in besagten Tempel geschafft.
Die drei flavischen Kaiser haben der dynastischen Komponente des Prinzipats nach dem kurzen Zwischenspiel Galbas, Othos und
des Vitellius wieder ihre alte Bedeutung verschafft. Nun ist auffällig, daß die dynastischen Bestrebungen der Flavier einhergingen
mit einer starken Betonung der dem Kaisertum anheimgegebenen Ewigkeit Roms. Jupiter selbst schien seinen Tempel auf dem
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