Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
räumlich und administrativ
stabile Verhältnisse.
Vespasian nahm am Rhein ein großes Revirement der Garnisonierung |105| vor, wobei er drei Legionen, die sich mit Schmach bedeckt hatten, ein für allemal kassierte. In Germania superior erhielten
Vindonissa/Windisch und Argentorate/Straßburg je eine Legion, Mogontiacum/Mainz zwei; in Germania inferior wurden Bonna/Bonn,
Novaesium/Neuss, Vetera Castra/ Xanten und Noviomagus/Nymwegen mit je einer Legion belegt. In bezug auf die Auxiliareinheiten
ist das gleiche Verfahren zu konstatieren: die kompromittierten wurden aufgelöst und durch andere ersetzt. Eine Sonderbehandlung
erfuhren die Auxilien der Bataver: ihre Anzahl wurde reduziert, das Kommando römischen Offizieren übertragen und die Verlegung
nach Britannien bzw. Pannonien angeordnet.
Die Neubelegung der Legionslager am Rhein führte auch rechts des Flusses zu römischen Aktivitäten; sie hatten die Änderung
der Grenzverhältnisse zum Ziel. Aus dem vielfältigen Geschehen ragt der Feldzug des Kommandeurs der obergermanischen Legionen,
Cn. Pinarius Cornelius Clemens, heraus, der im Jahre 73 das Gebiet am oberen Neckar (Nicer) einbrachte und damit die Verbindung
nach Rätien stark verkürzte. Eine Straße wurde gebaut, die von Argentorate/Straßburg durch den Schwarzwald (Abnoba mons) nach
Arae Flaviae/Rottweil und von dort nach Augusta Vindelicum/Augsburg führte (Corp. Inscr. Lat XIII 9082). Eine andere Straße
verband Arae Flaviae mit Vindonissa; sie führte über Brigobane/Hüfingen, das westlichste Donaukastell. Pinarius Clemens erhielt
für den strategisch bedeutenden Gebietsgewinn die Triumphalinsignien (Corp. Inscr. Lat. XI 5271).
Das nächste große römische Unternehmen rechts des Rheins wurde gar mit einem kaiserlichen Triumph gefeiert. Domitian wartete
begierig auf eine Gelegenheit, Feldherrnruhm zu erringen. So griff er zu, als ihm Ende 82/Anfang 83 gemeldet wurde, die Chatten
am Mittelrhein betrieben Rüstungen (Frontin. strat. 1, 1, 8). Er ließ eine beträchtliche Streitmacht in Mogontiacum/Mainz
zusammenziehen: Zu den 4 obergermanischen Legionen kam eine fünfte aus Niedergermanien sowie eine
vexillatio
aus Britannien. Im Frühjahr 83 begab Domitian sich zur Eröffnung des Krieges in das Legionslager an der Mündung des Mains
(Moenus), das mit der erst kürzlich errichteten Pfahlrostbrücke über den Rhein und dem Brückenkopf auf der rechten Seite des
Flusses (Castellum/Mainz-Kastel) eine ideale Aufmarschbasis bot. Domitian besaß auch ein festes strategisches Konzept: Taunus,
Vogelsberg und Spessart sollten als neue Grenzbarrieren erreicht werden. Die Operationen führten zu beachtlichen Anfangserfolgen,
so daß der Senat den Siegerbeinamen |106| Germanicus für Domitian beschloß. Der Kaiser kehrte nach Rom zurück und triumphierte – wohl zu Beginn des Jahres 84 – über
die Chatten. Die weiteren Operationen in Germanien überließ er seinen Legaten, und er hatte die Genugtuung, daß nicht nur
das oben genannte strategische Ziel erreicht, sondern auch die Verbindung zu den Eroberungen des Pinarius Clemens hergestellt,
d.h. das Gebiet südlich von Main und Neckar, das sog. Dekumatland (Tac. Germ. 29, 3), gewonnen wurde. Bei den Kampfhandlungen
im Taunus entdeckten die Römer zudem ein System, wie die neue Grenze markiert und gesichert werden könne: sie schlugen, um
der Feinde habhaft zu werden, auf einer Länge von 120 Meilen (180 km) „Schneisen“
( limites
in ursprünglicher Bedeutung) durch den Wald (Frontin. strat. 1, 3, 10), von denen sich ein Teil als „Grenzwehr“
( limes
in späterer Bedeutung), d.h. als Postenweg verwenden ließ.
Mag sein, daß die Solderhöhung, die Domitian 84 verfügte – er hob den Legionärssold von 225 auf 300 Denare an (Suet. Dom.
7, 3, vgl. oben S. 12) –, den Einsatzwillen der Soldaten in Germanien steigerte, jedenfalls konnten im Jahre 85 Münzen mit
der Legende GERMANIA CAPTA (Rom. Imp. Coin. II 189, 278) den offiziellen Abschluß des Krieges in Germanien und die Provinzialisierung
des eroberten Gebietes verkünden. Letzteres wurde mit dem bisherigen Militärdistrikt Germania superior vereinigt. Gewissermaßen
als Klammer für die beiden Teile der neuen Provinz wirkte der große Ehrenbogen, der für Domitian gegenüber Mogontiacum auf
der rechten Rheinseite errichtet wurde; seine Fundamente kamen 1986 in Mainz-Kastel zutage (Archäol. Korrespondenzblatt 19,
89, 69 – 84). Wie
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