Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
Gebiet auf; die Solway-Tyne-Linie erhielt wieder ihre alte Funktion.
Mösien, und zwar der östliche Teil der langgestreckten Provinz, war im Jahre 85 von den Dakern heimgesucht worden. Sie hatten
die Donau überschritten und die Römer, welche sich ihnen unter dem Kommando des Statthalters C. Oppius Sabinus entgegenstellten,
geschlagen; Oppius Sabinus war gefallen. Ursache für die Invasion waren wohl römische Truppenbewegungen, die von den Dakern
als Vorbereitung einer Offensive gegen sie gedeutet wurden. Domitian sah die Lage in Mösien für so ernst an, daß er sich selbst
auf den Kriegsschauplatz begab. Begleitet wurde er vom Prätorianerpräfekten Cornelius Fuscus mit einem starken Detachement
der Garde. Von nah und fern wurden Truppen herbeigerufen, u.a. mußte Dalmatien seine einzige Legion abgeben, Obergermanien
eine seiner fünf (vgl. oben S. 105). Unter dem Oberbefehl Domitians schaffte Cornelius Fuscus es schnell, die Daker über die
Donau zurückzutreiben und Mösien gegen sie zu sichern. Domitian konnte mit dem Gefühl nach Rom zurückkehren, eine kritische
Situation gemeistert zu haben. Der Senat beschloß einen Triumph für ihn, den er im Frühjahr 86 feierte.
Es muß in Rom einen Schock ausgelöst haben, daß wenige Monate nach dem Dakertriumph Domitians eine schwere Niederlage des
praefectus praetorio
Cornelius Fuscus gegen eben diese Daker gemeldet wurde, die Domitian veranlaßte, zu seiner zweiten
expeditio Dacica
an die Donau zu ziehen (Suet. Dom. 6, 1). Cornelius Fuscus hatte auf einer Schiffsbrücke die Donau überschritten und wollte
einen Vergeltungsschlag gegen die Daker führen. Diese erwiesen sich jedoch als stärker und bereiteten ihm den Untergang |109| (Jord. Get. 13, 77 – 78). Domitian übernahm in Mösien den Oberbefehl und schickte den neuen Statthalter der Provinz, M. Cornelius Nigrinus Curiatius
Maternus (Année épigr. 1973, 283), mit starken Kräften gegen den Feind. Diesmal glückte die Revanche. Für den Osten Mösiens
war die Dakergefahr gebannt! Nun aber trat Alarmzustand im Westteil der Provinz ein. Denn das Dakerreich des Decebalus in
Siebenbürgen (mit der Hauptstadt Sarmizegetusa) machte Anstalten, den Kampf der unterlegenen Stammesgenossen gegen Rom fortzusetzen.
Domitian begegnete dieser Bedrohung durch Teilung der Provinz Mösien: Für den östlichen Teil (Moesia inferior) wurden zwei
Legionen (in Oescus und Novae) als ausreichend angesehen, im westlichen Teil aber (Moesia superior) wurden vier Legionen konzentriert
(außer der in Viminacium stationierten die drei aus Dalmatien, Obergermanien und Britannien abberufenen [oben S. 108]). Moesia
superior erhielt damit den Charakter einer Basis für die Offensive gegen Decebalus, die freilich gerade nach den Erfahrungen
des Jahres 86 eine gründliche Vorbereitung erforderte. Domitian kehrte Ende dieses Jahres nach Rom zurück. Im Jahre 88 war
es so weit, daß die in Moesia superior zusammengezogenen Truppen den Vormarsch auf Sarmizegetusa antraten. Das Kommando führte
der Statthalter der Provinz, L. Tettius Iulianus. Bei Tapae in der Nähe der Hauptstadt des Decebalus kam es zur Schlacht gegen
die Daker. Die Römer siegten, doch vermochten sie nicht, eine Entscheidung des Krieges herbeizuführen. Eine solche fiel erst
im nächsten Jahr, und zwar in Verhandlungen, zu denen Decebalus sich bereitfand, als Domitian wieder an der Donaufront weilte.
In der Zwischenzeit geriet Domitian in Gefahr, seinen Prinzipat zu verlieren. L. Antonius Saturninus, der Statthalter Obergermaniens,
war von den Legionen in Mogontiacum/Mainz zum Imperator akklamiert worden. Als die Nachricht von der Usurpation am 12. 1. 89 nach Rom gelangte (Act. fratr. Arv. ad ann. 89, Corp. Inscr. Lat. VI 2066), entschloß Domitian sich, an den Rhein zu eilen.
Unterwegs aber schon erhielt er die Meldung, daß Saturninus von A. Buccius Lappius Maximus, dem Statthalter Niedergermaniens,
im Kampf besiegt und getötet worden war (Plut. Aem. 25, 6). In Mainz angekommen, belohnte Domitian Heer und Flotte der Germania
inferior mit dem Beinamen
pia fidelis Domitiana
(Corp. Inscr. Lat. XIII 8071 bzw. 7681). Die Ehrung des Lappius Maximus erfolgte
ob bellum Germanicum
, wie seine Grabinschrift widerspiegelt, die ihn
confector belli Germanici
nennt (Corp. Inscr. Lat. VI |110| 1347). Diese Apostrophierung muß auf einen von ihm errungenen Erfolg gegen die Chatten bezogen werden, die Saturninus unterstützt
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