Die kalte Koenigin
der Affe und der Jaguar, und sie leben auf dem Land, das zum Vorschein kam, als das Meer austrocknete. Durch sie trat Ixtar in die Welt, in dem hohlen Berg.« Er zeigte auf einen Vulkan, in dem die Fledermausgöttin lag, als aus ihrem Schoß jene Schlangen und Ungeheuer in die Welt kamen. Auf der Goldmauer zur Rechten waren Bilder aus dem Zeitalter der Sterblichen zu sehen, und die großen Königreiche der Erde erschienen dort – Ixtar, Alkemara, Myrryd und vier andere, in Ländern, von denen ich noch nie gehört hatte. Das Kunstwerk war einfach gestaltet, doch ich konnte die Geschichte von Nezahuals Familie erkennen, wie sie in Erscheinung trat, um über die Welt der Menschen zu herrschen. »Hier, so sieht mein Volk uns«, erklärte Nezahual, indem er mit dem Finger auf einem Bild auf der goldenen Wand der Linie einer gefiederten Schlange folgte. »Vogelschlangen. Wir fliegen über den Nachthimmel, und doch kommen wir mit Fangzähnen und Gift zu ihnen, um zu trinken, wie es eine Schlange tut. Sie lieben uns und fürchten uns. Wir bringen ihnen Reichtümer und Schönheit. Und wenn eine Hungersnot herrscht, dann fliegen wir über die Berge und kehren mit Wild und Feldfrüchten zurück, damit sie überleben. Zum Dank opfern sie uns ihre edelsten Wesen. Und so soll es sein. Eure Priestersippen haben dies geändert. Der Diebstahl jener Macht, die meine Schwester besaß, hat dein Volk dem Untergang geweiht.«
Schließlich führte am Ende des dreieckigen Ganges eine einfache Treppe, die aus roten Steinplatten bestand, die beinahe wie ein Haufen aus Schutt wirkte, durch eine spiralförmige Öffnung im Felsen nach oben. Nezahual ging voraus, als wir sie hinaufstiegen. Nach fast einer Stunde gelangten wir
auf ein Plateau. Über uns wölbten sich Klippen und Felsvorsprünge über das Innere von etwas, das ein hohler Berg zu sein schien. Ganz oben befand sich eine kegelförmige Öffnung, die uns einen Blick auf die sternenklare Nacht über uns eröffnete.
Wir befanden uns im Zentrum eines einstigen Vulkans.
Unter dem Rand des Vulkans befanden sich an den Felsvorsprüngen entlang Klippenwohnungen, und auf dem Plateau, auf dem wir standen, gab es eine Stadt aus schwarzem Stein. Obsidian hatte diese Unterwelt geformt. Als ich jedoch darauf zuging und dies alles in mich aufnahm, erkannte ich, dass die Tempel und Kathedralen dieser Stadt Teile einer großen Fassade waren, bei der es sich selbst um eine eigene Stadt handelte – eine Stadt, die in einen Berg gebaut war. Jenseits davon befanden sich Höhlen aus Kristall, Obsidian und Onyx, als wäre ein Felsen aufgebrochen worden, um in seinem Inneren eine funkelnde dunkle Oberfläche zu enthüllen. Die Turmspitzen der heidnischen Kathedralen strebten ebenso aufwärts wie die Stalagmitengewächse einer Höhle. Die Bauten waren aus einem Auswuchs des schwarzen, glänzenden Felsens gemeißelt worden.
Der Ort schien leer zu sein, aber ich erblickte durch den etwas lichtdurchlässigen Stein Gestalten und Schatten. So wusste ich, dass sich andere Vampyre in ihren Kammern, Palästen und Tempeln befanden, die weit entfernt von den Tempeln der oberirdischen Stadt waren. Hier wirkten die Wände glatt und schwarz, und die Türme ragten empor, um auf die niedrigeren Felsvorsprünge im Inneren des Vulkans zu stoßen. Die Eingänge waren niedrig und gebogen, und über jeder Wohnoder
Palastebene befanden sich gewölbte Torbögen in der Wand. Die Stadt ragte in die Höhe wie Platten aus dunklem Glas. Ihre Türme waren eckig, ihre Spitzen machten den Eindruck von Speerspitzen. Es erschien mir wie glattes, schwarzes Eis. Ich sah zahlreiche mit Säulen versehene Terrassen und Wohnungen sowie Schatten, die sich hinter dem schwarzen Glas bewegten. Ab und zu erblickte ich eine Vampyrjungfrau oder einen Vampyrjüngling, die lederartige Flügel aus einer Türöffnung streckten und an der steilen Wand entlang aufwärts kletterten, wie eine Spinne, die nach oben in ihr Nest krabbelt.
Nezahual ging voraus, indem er dem schmalen Weg zwischen den Gebäuden folgte. Dort befanden sich Grabstätten und Katakomben, die die Obsidianwände säumten. Wie er mir mitteilte, schliefen hier alle Angehörigen unseres Volkes, da sie nicht einmal ihren eigenen Priestem trauten. »Die Sterblichen fürchten uns, aber sie können nicht anders, als uns zu jagen, wenn wir am verletzlichsten sind.«
»Und das, obwohl ihr im Sonnenschein umherlaufen könnt«, setzte ich hinzu.
»Alle Kreaturen benötigen Schlaf, und das
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