Die kalte Koenigin
gesehen hatte, die mir einst als Magdalenen bekannt gewesen waren. Sie besaßen menschliche Augen, und selbst ihr Schnappen und Knurren klang nach den Stimmen von Menschen, die brüllten und uns während unseres Fluges anschrien.
Ich stieg weiter nach oben, doch als ich auf das Blätterdach des Waldes zuflog, erblickte ich Moms, die ihre Runden am Himmel drehten und über den Bäumen schwebten, um uns zu erwarten. Ich ließ mich wieder hinabsinken, und Calyx flüsterte mir ins Ohr, wie viele Leagues wir noch hinter uns bringen mussten, wo sich der goldene Baum befand und wo die Klippen begannen.
Als sich die Zweige des Waldes teilten, sah ich etwas, das wie eine Steilwand aus grauem Fels aussah, die unvermittelt aus dem Boden aufragte. Nur ein Erdbeben konnte aus einem Waldboden eine so hohe Felsklippe hervorgebracht haben. Ich musste mich nach Norden wenden und rasch aufsteigen, um zu vermeiden, dass wir am Felsen zerschellten.
Unter uns sprangen die Wölfe in die Höhe und heulten, da sie nicht in der Lage waren, uns auf die Klippe zu folgen. Die Moms schienen ebenfalls zurückgefallen zu sein. Als ich
dann, nur für einen Augenblick, auf einem Felsvorsprung eine kleine Rast einlegte, sah ich, wie ihr Schwarm zu der Stadt zurückkehrte. Diese lag nun so weit entfernt, dass ihre Türme kaum noch zu erkennen waren.
»Da die Macht des Stabes der Nahhashim nicht über Enoras Machtbereich hinausgeht, werden sie in dieser Entfernung ebenfalls schwach«, erklärte Calyx. »Dadurch ist mein Volk hier in Sicherheit, denn viele von diesen Leuten würden in den Illuminationsnächten verbrannt werden, wenn diese Wölfe oder Dämonen uns erreichen könnten.«
»Aber du«, sagte ich keuchend, »du lebst im Schloss.«
»Nicht mehr«, antwortete sie. »Ich konnte dort leben, solange ich eine Hure und ein Aschling war. Solange viele die Plage unter meiner Haut fürchteten. Aber nun wissen sie, dass ich eine Akkadite bin. Jetzt wissen sie es, und sie würden mich verbrennen, falls ich je zurückkehrte.«
Calyx deutete zu den Akkaditenklippen hinauf. Ganz oben stand ein großer Eichenbaum, der über den Rand der Felsen geneigt und mit goldener Farbe angemalt war.
»Du entstammst einer Linie von Druiden, Aleric. Dein Großvater war einer von ihnen, auch wenn er die Zunft verließ, als der Baron vor deiner Geburt das Land übernahm. Doch dieser goldene Baum ist einer der ältesten, und selbst das Erdbeben konnte seine Wurzeln nicht ins Wanken bringen. Er ist unser Leuchtfeuer in finsteren Zeiten. Darunter liegen die Höhlen des Schädels. Dies ist die Heimat derjenigen, die den Alten Wegen folgen und den Pfad der Dombüsche und Bäume heilig halten.«
Während sie sprach, spürte ich ein Ziehen der Schwäche in mir und fühlte, dass meine Flügel bereits zu schrumpfen
begonnen hatten. Dennoch begriff ich nicht, warum dies geschah, bis ich ein schwaches, rosa-violettes Licht erblickte, das sich über die Hügel im Westen erstreckte.
Es war die nahende Dämmerung. Ich musste einen Ort zum Ruhen finden. Wir befanden uns nun beinahe hundert Leagues von Taranis-Hir entfernt, tief im Wald.
Weit unter uns heulten und jaulten die Wölfe noch immer, aber dann kehrten auch sie in den Wald zu jenem steinernen Heim zurück, um wieder ihre Gestalten als Chymerfrauen anzunehmen.
Ich spürte Blasen auf meiner Kopfhaut und meinem Hals, da die Sonne mich berührte, und Rauch stieg von meinen Flügeln auf, als ich Calyx in Richtung der Höhlen trug, die die Form eines Schädels besaßen. Dort hatten die Verbannten und Ausgestoßenen von Taranis-Hir die Jahre der Scheibe und ihres schrecklichen Traumes überlebt.
Ich schlief inmitten der Höhlen, bedeckt mit frischer Erde, die von Waldfrauen geholt worden war. Einige von ihnen erkannte ich als Freundinnen meiner Mutter wieder. Die Verbrennungen meiner Haut würden heilen, sobald die Nacht hereinbrach. Ich schlief dort mit dem Gefühl ein, dass auf irgendeine Weise alles wieder gut werden würde.
Calyx weckte mich und brachte mir Blut zum Trinken. »Zahlreiche Leute leisten ihren Beitrag zu deiner Gesundheit«, sagte sie. »Denn du bist die einzige Hoffnung, die wir haben.«
Nachdem ich den Inhalt der Schafsblase getrunken hatte, führte mich Calyx hinaus zwischen die Bäume. Ich suchte den Nachthimmel ab, spürte aber keine Bedrohung.
»Sie werden zurückkehren. Bald. Taranis-Hir lässt die Akkaditen
in Ruhe, da viele von uns Plagen in uns tragen, deren Ausbruch man fürchtet. Aber
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