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Die kalte Koenigin

Die kalte Koenigin

Titel: Die kalte Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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wie Messer waren und sich meinen Augen näherten.
    Ich spürte das Reißen der Scheren, als mir die Maschine die Haut von der Brust zu schneiden begann und Glasröhren mit geschärften Spitzen sich in meinen Leib bohrten, um mir
mein Blut zu entziehen. Das Knirschen der Räder und Zahnräder wurde immer lauter, bis ich außer der Höllenmaschine nichts mehr hörte.
    In diesem Augenblick gab ich jegliche Hoffnung auf.
    Zwei dünne Lanzetten, die über meinen Augen schwebten, bewegten sich langsam, Zoll für Zoll, auf ihre Ziele zu, während ich die Berührung anderer Scheren an meinen Lippen spürte.
    Ich konnte mich nicht auf die Wachen oder Artephius konzentrieren, die zusahen.
    Das Ende meiner Existenz würde hier beginnen, in diesem Roten Skorpion, mit blutbespritzten Wänden, meinem durch diese Messer und Scheren zerstörten Sehvermögen und meiner abgezogenen Haut.
    Es ist vorbei, dachte ich. Es ist vorbei.
    Und dann hielt die Maschine an, eine Haaresbreite, bevor die Lanzetten meine Augen durchbohrt hätten.

12
    In den Augenblicken der plötzlichen Rettung aus einer Qual – wenn die Hoffnung, das letzte Opfer des Geistes, stirbt – ist die Schnelligkeit der Veränderung unvorstellbar. Und dennoch verging die Zeit langsam, als ob jeder Moment erstarrt wäre, als die Maschinerie des Folterers angehalten worden war.
    Die Zahnräder, die sich drehenden Räder und ihr metallisches Schaben und Gleiten verstummten plötzlich. Ich hörte Gebrüll von einem Wächter, und dann wurde die Maschine vorsichtig von meinem Gesicht zurückgezogen.

    Jehan, die junge Frau, die ich zu einer Vampyrin gemacht hatte, stand da, ebenso wie ein älterer Mann, der in den Kittel und die Gamaschen eines Schlossdieners gekleidet war.
    Bei ihnen befand sich Calyx, die ein Messer aus dem Leib eines zu Boden gesunkenen Wächters zog.
    Der Diener kam zu mir und zog die Lanzetten und Scheren vorsichtig von meinem Gesicht. Sein Gesicht kam mir zwar nicht bekannt vor, aber er holte mich aus dem Stuhl des Roten Skorpions heraus. Calyx brachte mir einen Tisch, und es gelang ihr mit Hilfe eines Schraubstocks und eines Messers, das Silber von meinen Handgelenken und Knöcheln zu entfernen.
    »Deine Flügel«, sagte sie.
    Noch bevor sie ihren Satz beendet hatte, ließ ich sie aus meinen Schulterblättern wachsen.
    »Denkst du, du kannst schneller fliegen als die Morns? Verbirg deine Flügel erst einmal«, riet sie.
     
    Constantine und Jehan verließen das Schlafgemach durch die Tür. Niemand war hereingekommen, seit Artephius und seine Wachen den Raum verlassen hatten.
    Ich wünschte mir, die anderen zu befreien, die in einiger Entfernung auf den Tischen der Folterer lagen, aber ich würde zu vieles riskieren, indem ich das täte.
    Es war mein Wunsch, Ewen zu finden und zu befreien.
    Als könnte sie solche Pläne in meinen Augen lesen, sagte Calyx: »In wenigen Augenblicken werden die Wächter zurückkehren. Der Rote Skorpion arbeitet wirkungsvoll und schnell, Aleric. Sie kommen zurück, um die Glasschüsseln voller Vampyrblut zu holen, da Artephius sie für seine Arbeit benötigt.«
    Ich folgte ihr auf den Korridor hinaus. Sie führte mich unaufhörlich
Treppen hinauf, Flure hinab und durch sehr enge Durchgänge hindurch. Zehn Minuten waren vergangen, doch mir schienen es Stunden zu sein, als ich mit ihr durch ein Labyrinth aus Korridoren in den Grabhügeltiefen der Stadt lief, das sie auswendig kannte. Wir kamen durch das Absperrgitter einer unterirdischen Wasserleitung und landeten auf einer Straße in der Nähe der Gießereien und Schmelzöfen, in denen das Leben tobte. Unser Weg führte uns an zahlreichen Bettlern und Huren vorbei, die auf den mittemachtsschwarzen Straßen ihrer Arbeit nachgingen. Ihr Atem bildete Dampfwolken in der eisigen Luft. In diesem Augenblick begannen plötzlich die Turmglocken zu läuten, und Rufe ertönten von jenen Ausrufern. Darin ging es um geflohene Dämonen innerhalb der Stadtmauern.
    Calyx zog mich in eine Gasse, gerade als Wachen an uns vorbeirannten, auf der Suche nach den Verrätern und Dämonen.
    Ich spürte, wie die Schatten in mir flüsterten. Die Myrrydanai waren geweckt worden und suchten ebenfalls nach mir. Bald würden die Moms kommen.
    Calyx, die jeden Geheimgang und jede verborgene Straße von Taranis-Hir kannte, zog mich mit sich, auf Wegen, die immer weiter von den Toren wegführten. »Dort werden sie zuerst nach dir suchen. Am Himmel und an den Toren. Wir werden uns zu dem einen Ort begeben, an

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