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Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Alice im Wunderland begegnet sein könnte –, und er hielt es für ratsam, dem Warlord das Gefühl zu geben, dass er ihn ernst nahm. »Und was wiederum könnte Samat Saddam Hussein für die Orbits gegeben haben?«
    Almagul flüsterte: »Es ist gefährlich, die Antwort darauf zu wissen«, aber Martin, trunken von Staatsgeheimnissen, wies sie an, die Frage zu übersetzen.
    Hamlet zückte seinen Marinerevolver und ließ die Trommel kreisen, was ein tickendes Geräusch durch den Raum hallen ließ. Dann hob er die Waffe und zielte auf Martins Kopf. »Peng, peng, du bist ausgerottet«, sagte er. Er lachte über seinen kleinen Scherz, und die anderen im Saal lachten mit ihm, wenn auch etwas nervös, wie es Martin schien. Dann sagte Hamlet: »Wenn Samat gewollt hätte, hätte er Saddam Hussein Milzbrandsporen und hämorrhagische Saatviren liefern können, die hier auf der Insel gezüchtet werden.«
    Der Warlord hob die Motorradbrille von den Augen und kratzte sich nachdenklich mit dem Revolverlauf die Knollennase. Der Anflug eines Grinsens erschien auf seinen dicken Lippen. »Er hätte die Orbits gegen die Gebeine des Heiligen tauschen können. Und die Gebeine des Heiligen gegen die Thorarollen. Aber natürlich ist nichts davon passiert.«
    Hamlet wurde des Spiels überdrüssig und schlug mit dem Revolvergriff auf die Armlehne des Throns. »Hiermit befinde ich Sie und das Mädchen für schuldig. Sie beide werden in die Affenkäfige gesperrt und als Versuchskaninchen für unsere Experimente benutzt. Die Verhandlung ist beendet.«
    Das Stöhnen des Riesen in dem letzten Käfig riss Martin aus seinen Gedanken. Almagul, die im Käfig neben Martin gegen die Stäbe gelehnt auf dem eiskalten Boden saß, vergrub den Kopf zwischen den Knien. Ihr Körper bebte von lautlosem Schluchzen. Martin streckte eine Hand durch die Stäbe und berührte sie an der Schulter. »Ich weiß, wer die Männer in den Käfigen sind«, flüsterte das Mädchen heiser.
    »Das sind die Vermissten aus Nukus. Wir werden alle sterben, wie mein Vater und meine Schwester«, fügte sie hinzu. »Sie haben schon sechs Männer aus Nukus getötet und ihre Knochen den Flamingos vorgeworfen.«
    Der Mann in dem letzten Käfig kippte nach vorn und prallte mit dem Kopf auf den Boden, dann rollte er auf die Seite. Der Wissenschaftler mit der Kamera rief seine beiden Kollegen herbei. Der Mann mit dem Klemmbrett öffnete das Vorhängeschloss an dem Affenkäfig, und die drei Wissenschaftler, die noch immer ihre Gasmasken trugen, krochen hinein. Einer von ihnen hob die schlaffe Hand des reglosen Mannes auf und ließ sie wieder fallen. »Konstantin wird sich freuen, wenn er hört, dass sein Ebola –«, setzte er an, als der riesige Mann sich plötzlich brüllend aufrichtete und anfing, mit bloßen Fäusten die Gasmasken und die Gesichter der Wissenschaftler zu zerschlagen. Zwei von ihnen, denen unter der Maske Blut vom Kinn tropfte, krochen auf die niedrige Käfigtür zu, doch der Riese hielt sie an den Füßen fest und riss sie zurück. Er kroch auf sie drauf, packte sie an den Haaren und zerschmetterte ihre Gesichter auf dem Zementboden. Die Gefangenen in den anderen Käfigen riefen dem Riesen zu, er solle sie befreien, doch er ließ nicht von den Wissenschaftlern ab. Erst Almaguis Stimme drang schließlich ins Bewusstsein des tobenden Mannes vor. Keuchend und mit einem wahnsinnigen Blick in den vorquellenden Augen ließ er die blutigen Köpfe los und blickte auf.
    Almagul rief seinen Namen und sprach in der seltsamen Sprache der Plünderer beruhigend auf ihn ein. Der Riese, Arme und Hemd mit Blut besudelt, kroch aus dem Käfig und richtete sich taumelnd auf. Die übrigen Gefangenen redeten alle gleichzeitig auf ihn ein. Almagul sprach leise mit dem Riesen. Martin sah, dass ihm Schleim aus der Nase troff, als er durch den Keller zu dem Stahltisch torkelte, eines der Beine abbrach und zurück zu den Käfigen kam. Nacheinander steckte er das schmale Ende des Tischbeins durch den Bügel der Vorhängeschlösser und knackte sie auf. Martin wurde als Letzter aus seinem Käfig befreit. Der Riese brach zu seinen Füßen zusammen, und als Martin sich bückte und ihm helfen wollte, merkte er, dass der Mann vor Fieber glühte. »Wir können nichts mehr für ihn tun«, sagte Almagul. Die anderen wichen vor dem am Boden Liegenden zurück, bis Almagul sie böse anfauchte. Einer von ihnen trat näher, nahm dem Riesen das Tischbein aus der Hand und erlöste ihn mit einem Schlag auf den Kopf

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