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Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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als Kind genannt hatte. Wenn er doch nur an seiner Zigarette ziehen könnte, das würde seine Nerven beruhigen, und dann würde er sich auch wieder an den Namen erinnern. Langsam, als wäre er unter Wasser, streckte Kastner die Hand nach dem Aschenbecher aus. Mit großer Konzentration gelang es ihm, die Zigarette zwischen Daumen und zwei Fingern zu nehmen, nur um dann festzustellen, dass er sie nicht heben konnte, weil sie zu schwer war.

1987: DANTE PIPPEN WIRD IRA-BOMBER
    Die acht Personen, die im Keller von Langley in einem fensterlosen Raum am Konferenztisch saßen, fingen wie immer mit dem Familiennamen an und grenzten die Liste schon bald auf einen Namen ein, der irisch klang, um dann eine halbe Stunde lang darüber zu debattieren, wie er geschrieben werden sollte. Am Ende wandte sich der Vorsitzende, ein ehemaliger CIA-Stationschef, der direkt der neuen DDO Crystal Quest unterstand, an den Agenten, der als Martin Odum bekannt war und die Diskussion von seinem nach hinten gegen die Wand gekippten Stuhl aus verfolgte. Da Martins »Odum«-Legende verbrannt war und schließlich er es war, der die neue Identität benutzen sollte, sei es angemessen, wenn er die Schreibweise bestimmte. Ohne Zögern sprach Martin sich für Pippen mit Doppel-p aus. »Ich habe öfter in der Zeitung was über einen jungen schwarzen Basketballspieler an der University of Central Arkansas gelesen, der Scottie Pippen heißt«, erklärte Martin. »Da hab ich gedacht, das ist ein Name, den man sich gut merken kann.«
    »Dann also Pippen«, verkündete der Vorsitzende, und alle machten sich an die Auswahl eines Vornamens, der zu Pippen passte. Ein junger Mitarbeiter des Legenden-Ausschusses, ein Aversionstherapeut mit Yale-Abschluss, schlug halb im Scherz vor, Nägel mit Köpfen zu machen und Scottie als Vornamen zu nehmen. Maggie Poole, die in Oxford Vorlesungen zur mittelalterlichen Geschichte Frankreichs besucht hatte und hier und da gern mal ein französisches Wort einstreute, schüttelte den Kopf. »Ihr haltet mich bestimmt alle für verrückt, aber gestern Nacht ist mir im Traum ein Name in den Sinn gekommen, denn ich für parfait halte. Dante, wie in Dante Alighieri.« Sie blickte erwartungsvoll in die Runde.
    Die einzige andere Frau im Ausschuss, eine Lexikographin von der University of Chicago, stöhnte auf. »Dante Pippen ist ein viel zu auffälliger Name«, sagte sie, »an den kann man sich viel zu leicht erinnern.«
    »Aber gerade deshalb ist er ja optimal«, rief Maggie Poole. »Niemand, der eine Liste mit Namen durchgeht, kommt auf die Idee, dass Dante Pippen ein pseudonyme ist, eben weil er einem ins Auge sticht.«
    »Da hat sie Recht«, stimmte der Älteste im Ausschuss zu, ein alter CIA-Hase, der schon während des Zweiten Weltkriegs Legenden für Agenten erfunden hatte.
    »Ich gebe zu, dass ich nichts gegen den Klang von Dante habe«, warf der Aversionstherapeut ein.
    Der Vorsitzende blickte Martin an. »Was meinen Sie?«, fragte er.
    Martin wiederholte den Namen einige Male. Dante. Dante Pippen. »Ja. Ich finde, der passt zu mir. Mit Dante Pippen kann ich leben.«
    Sobald der Name feststand, war der Rest der Covergeschichte ein Kinderspiel.
    »Unser Dante Pippen ist also Ire und stammt aus, sagen wir, Cork County.«
    »Von wo da?«
    »Ich habe mal Urlaub in einem Hafenstädtchen namens Castletownbere gemacht«, sagte der Aversionstherapeut.
    »Castletownbere, Cork, das klingt gut. Wir schicken ihn für eine Woche dorthin, damit er sich mit dem Ort vertraut macht. Er kann sich einen Stadtplan und das Telefonbuch besorgen und sich die Namen von den Straßen, Hotels und Geschäften einprägen.«
    »Castletownbere ist ein Fischereihafen. Er könnte sich als Jugendlicher auf einem Fischkutter sein Taschengeld aufgebessert haben.«
    »Und später, als sich die wirtschaftliche Lage verschlechterte, hat er seine Heimat verlassen, um sein Glück in der Neuen Welt zu suchen.«
    »Als Ire ist er natürlich von Haus aus katholisch. Wenn wir dem Pfarrer von Castletownbere eine großzügige Spende anbieten, sorgt er vielleicht dafür, dass Dantes Name im Taufregister auftaucht.«
    »Eines schönen Tages hatte er dann die Nase voll von der Kirche. So ergeht’s ja fast den meisten irischen Männern.«
    »Also ein weltlicher Katholik«, sagte der Vorsitzende und notierte sich diese biographische Einzelheit auf seinem Schreibblock.
    »Ein ausgesprochen weltlicher Katholik«, warf Martin von seinem Platz an der Wand aus ein.
    »Aber nur weil

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