Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
Vom Netzwerk:
er mit der Kirche nichts mehr zu tun haben will, muss das bei seiner Familie noch lange nicht so sein.«
    »Ich würde sagen, wir geben ihm einen Bruder und eine Schwester, die zwar noch in der Kirche sind, aber sich nicht ausfindig machen lassen, weil sie nicht mehr unter dem Namen Pippen leben. Bruder Soundso. Schwester Soundso.«
    »Der Bruder könnte ein Jesuitenpriester im Kongo sein, der an irgendeinem gottverlassenen Fluss, wo es von Krokodilen nur so wimmelt, die Eingeborenen missioniert.«
    »Und die Schwester – aus der machen wir eine Nonne in einem Klosterkrankenhaus irgendwo im hintersten Winkel der Elfenbeinküste.«
    »Sie hat natürlich ein Schweigegelübde abgelegt, was bedeutet, dass sie nicht vernommen werden kann, selbst wenn einer sie aufspürt.«
    »Ist Dante Pippen Raucher oder Nichtraucher?«
    Der Vorsitzende wandte sich an Martin. »Ich versuche in letzter Zeit, weniger zu rauchen. Wenn Dante Pippen Nichtraucher sein soll, wär das für mich ein Anreiz, ganz aufzuhören«, entgegnete dieser.
    »Also dann, Nichtraucher.«
    »Passen Sie auf, dass Sie nicht zunehmen. Die CIA mag keine übergewichtigen Agenten.«
    »Wir sollten den einen oder anderen einstellen – Fettleibigkeit wäre eine ausgezeichnete Tarnung.«
    »Auch wenn unser Dante Pippen vom Glauben abgefallen ist, so könnte er als Kind durchaus auf einer katholischen Schule gewesen sein.«
    Der Vorsitzende machte sich wieder eine Notiz. »Gute Idee«, sagte er. »Wir besorgen jemanden, der ihm beibringt, den Rosenkranz auf Lateinisch zu beten – das könnte er dann bei Gelegenheit in Gespräche einfließen lassen und so seine Glaubwürdigkeit steigern.«
    »Womit wir zum Thema Beruf kommen. Womit verdient unser Dante Pippen seine Brötchen?«
    Der Vorsitzende nahm Martin Odums Akte und schlug die Seite mit der Biographie auf. »Du meine Güte, unser Martin Odum ist ja ziemlich vielseitig. Er wurde in Lebanon County, Pennsylvania, geboren, und zwar in einem Kaff namens Jonestown, wo sein Vater eine kleine Fabrik hatte und während des Zweiten Weltkriegs Unterwäsche für die Army herstellte. Nach dem Krieg ging die Firma Pleite, und Papa Odum zog mit seiner Familie nach Crown Heights, Brooklyn, um einen Elektroladen aufzumachen. Da war Martin acht Jahre alt.«
    »In Brooklyn aufzuwachsen fördert diese Vielseitigkeit nicht gerade«, witzelte Maggie Poole. Sie drehte sich nach Martin Odum um.
    »Ich hoffe, ich bin Ihnen nicht auf den Schlips getreten.«
    Martin schmunzelte nur.
    »Also, weiter im Takt«, sagte der Vorsitzende. »Unser Mann hat an einem College in Long Island studiert, Betriebswirtschaft als Hauptfach, Russisch als Nebenfach, aber ohne Abschluss. In den Ferien hat er in den verschiedenen Mittelgebirgen unseres Landes Bergtouren unternommen. Da er nicht recht wusste, was er machen sollte, ist er zur Army gegangen, um die Welt zu sehen, und ist, Gott allein weiß wie, beim Militärischen Abschirmdienst gelandet, Schwerpunkt antikommunistische Dissidenten in den Satellitenstaaten Osteuropas. Ist das richtig, Martin? Ah, hier ist noch was Faszinierendes. In jüngeren Jahren hat er in der Privatwirtschaft mit Sprengstoff gearbeitet –«
    Maggie Poole wandte sich zu Martin um und fragte: »Was genau haben Sie da gemacht?«
    Martin stieß sich von der Wand ab und landete auf allen vier Stuhlbeinen. »Das war bloß ein Job in den Sommerferien. In einer Abrissfirma, die alte Gebäude sprengte. Ich war der Typ, der durch ein Megaphon rief, dass alle sich in Sicherheit bringen sollten.«
    »Aber kennen Sie sich auch mit Dynamit aus?«
    »Ich hab von den Sprengstoffexperten das eine oder andere gelernt. Ich hab mir Bücher besorgt und gebüffelt. Am Ende des Sommers hatte ich meine Sprenglizenz in der Tasche.«
    »Haben Sie Sprengstoff verarbeitet oder bloß die Zündschnur angezündet?«
    »Sowohl als auch. Als ich bei der Company anfing«, sagte Martin, »hab ich die ersten ein, zwei Monate Briefbomben gebastelt, dann wurde ich befördert und habe Handys so umgerüstet, dass wir sie aus der Ferne detonieren lassen konnten. Ich habe auch Erfahrung mit Penta-Erythrityl-Tetranitrat, das Ihnen als PETN bekannt ist, ein Sprengstoff, der von Terroristen bevorzugt wird. Er lässt sich mit Latex mischen, was ihn knetbar macht. Dann kann man ihn so formen, dass er in alles Mögliche reinpasst – Telefone, Radios, Teddybären, Zigarren. Relativ kleine Mengen PETN erzeugen eine Riesenexplosion, und solange keine Zündkapsel vorhanden

Weitere Kostenlose Bücher