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Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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ist, bleibt es ungemein stabil. PETN ist zwar nicht ohne weiteres im Handel erhältlich, aber wer eine Sprenglizenz hat wie Martin Odum, kann sich die Bestandteile für rund zwanzig Dollar das Pfund besorgen. Der Sprengstoff wird übrigens von den heutigen Röntgengeräten bei der Gepäckkontrolle am Flughafen nicht erfasst.«
    »Na, das eröffnet ja ein paar interessante Möglichkeiten«, sagte der Vorsitzende in die Runde.
    »Er könnte eine Zeit lang als Sprengstoffexperte in einem Steinbruch in Colorado gearbeitet haben. Dann wurde er aus irgendeinem Grund gefeuert –«
    »Weil er PETN gestohlen und zu Geld gemacht hat –«
    »Weil er mit der Frau von seinem Boss geschlafen hat.«
    »Vielleicht sogar homosexualité. «
    Martin meldete sich zu Wort. »Also bitte, ich weigere mich, Homosexualität in meiner Legende zu haben.«
    »Uns fällt schon noch ein triftiger Grund ein. Also, wir haben bisher einen irischen Katholiken –«
    »Einen Katholiken, der vom Glauben abgefallen ist. Nicht vergessen.«
    »– einen irischen Katholiken, der vom Glauben abgefallen ist und mit Sprengstoff gearbeitet hat.«
    »Dann aber wegen eines bislang noch nicht feststehenden Verstoßes entlassen wurde.«
    »Woraufhin er freiberuflich als Sprengstoffexperte gearbeitet hat.«
    »Könnte er irgendwann Mitglied der IRA gewesen sein?«
    »Ein Sprengstoffexperte der IRA! Na, das nenn ich kreativ! So was könnten weder die Russen noch die Osteuropäer nachprüfen, die IRA ist nämlich verschwiegener als der KGB.«
    »Er könnte in England festgenommen worden sein, die Unterlagen könnten wir beschaffen. Nach ein oder zwei IRA-Anschlägen festgenommen und verhört, dann aus Mangel an Beweisen freigelassen.«
    »Über die Festnahme könnten wir sogar kleine Meldungen in der Presse lancieren.«
    »Das ist ja eine Goldader«, sagte der Vorsitzende mit vor Begeisterung großen Augen. »Was meinen Sie, Martin?«
    »Die Geschichte gefällt mir«, erwiderte Martin von seinem Platz aus. »Crystal Quest wird sie auch gefallen. Dante Pippen ist genau die Legende, die viele Türen öffnen wird.«

1989: DANTE PIPPEN SIEHT DIE MILCHSTRASSE IN EINEM NEUEN LICHT
    Als der verbeulte Ford das fruchtbare Bekaa-Tal erreichte, banden die Palästinenser Dante die Augen zu. Zwanzig Minuten später fuhr der aus zwei Fahrzeugen bestehende Korso durch ein Tor in einer Umzäunung und kam am Rand eines verlassenen Steinbruchs zum Stehen. Die Palästinenser zerrten Dante vom Rücksitz und führten ihn über eine schmale, unbefestigte Straße zu der Moschee am Rande eines libanesischen Dorfes. Im Vorraum wurden ihm die Schuhe ausgezogen und die Augenbinde abgenommen, und er wurde zu einem verschlissenen Gebetsteppich vor dem Altar gebracht, auf dem er Platz nehmen sollte. Zehn Minuten später kam der Imam durch eine seitliche Gittertür herein und setzte sich Dante gegenüber. Er war ein korpulenter Mann, der sich, wie bei schweren Männern häufig der Fall, mit erstaunlicher Geschmeidigkeit bewegte. Nachdem er die Falten seines wallenden, weißen Gewandes zurechtgezupft hatte, holte er eine Perlenschnur aus Jadesteinen hervor, die er sogleich durch die dicklichen Finger der linken Hand gleiten ließ. Er war ein Mann Anfang vierzig mit kurzem Haar und akkurat gestutztem Bart. Einige Minuten lang wiegte er sich im Gebet vor und zurück. Schließlich hob er die Augen und sagte: »Ich bin Dr. Izzat al-Karim.«
    »Ich nehme an, Sie wissen, wer ich bin«, erwiderte Dante.
    Die Mundwinkel des Imams verzogen sich zu einem feisten Grinsen. »Allerdings. Sie sind der Sprengstoffexperte der IRA, von dem wir so viel gehört haben. Ich darf sagen, Ihr Ruf eilt Ihnen voraus –«
    Dante wischte das Kompliment mit einer Handbewegung beiseite.
    »Genau wie dein Schatten, wenn du die Sonne im Rücken hast.«
    Der Imam lachte leise, und seine Hängebacken bebten. Er hielt seinem Besucher eine Schachtel iranischer Bahman-Zigaretten hin.
    »Ich hab das Rauchen aufgegeben«, teilte Dante seinem Gastgeber mit.
    »Ah, wenn ich das doch auch bloß könnte«, seufzte der Imam. Er tippte mit einer der dünnen Zigaretten mehrmals auf den niedrigen Tisch zwischen ihnen, um den Tabak festzuklopfen, und steckte sie sich zwischen die Lippen. Mit einem Zippo-Feuerzeug, auf dem ein Bild von Muhammad Ali aufgedruckt war, zündete er die Zigarette an und blies langsam den Rauch aus. »Ich beneide Sie um Ihre Charakterstärke. Wie haben Sie es nur geschafft, mit dem Rauchen aufzuhören?«
    »Ich

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