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Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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ein weißes Seidenhalstuch, und er stopfte es sich in die Hosentasche. »Tragen Sie das, damit Sie leicht zu erkennen sind.«
    »Wie erfahre ich, wann es losgeht?«
    »Genau sechs Stunden vorher fliegen zwei israelische M-16 vorbei, so hoch, dass sie Kondensstreifen hinterlassen. Sie kommen von Norden Richtung Süden. Wenn sie direkt über dem Lager sind, drehen sie um neunzig Grad nach Westen ab.«
    Djamillha schob Fotos und Karte zurück in die Mappe und versteckte sie wieder im Polster der Couch.
    »Damit hätten wir das Wichtigste wohl erledigt«, stellte Dante fest.
    »Nicht ganz.« Sie stand auf und fing wie selbstverständlich an, sich die Bluse aufzuknöpfen. Es war das erste Mal, dass sich eine Frau in Dantes Beisein auszog, ohne dass Erotik im Spiel war. »Sie sind angeblich hier oben, um mit mir zu schlafen. Da wäre es doch nur klug, wenn Sie auch meinen Körper beschreiben könnten.« Sie zog sich die Bluse aus, dann den Rock und die Unterhose. »Ich habe innen am Oberschenkel eine kleine Narbe, hier. Das Schamhaar habe ich in der Bikinizone rasiert. Unter der rechten Brust habe ich eine verblasste Tätowierung, einen Nachtfalter. Und auf meinem linken Arm sehen Sie die Narben einer Pockenschutzimpfung, die aber nicht verhindert hat, dass ich an Pocken erkrankt bin, daher die Pockennarben in meinem Gesicht. Sobald wir hier im Raum waren, habe ich die Tür abgeschlossen, und Sie haben fünfzig Dollar – zwei Zwanziger und einen Zehner – auf den Schreibtisch gelegt und sie mit der Granathülse beschwert, die da auf dem Boden liegt. Wir haben uns beide ausgezogen. Sie wollten, dass ich Ihnen einen blase, aber ich habe gesagt, so was mache ich nicht. Dann haben Sie sich auf die Couch gesetzt, und ich habe Sie mit der Hand stimuliert. Sobald Sie erigiert waren, habe ich Ihnen ein Kondom übergezogen und mich auf Sie gesetzt. Bitte merken Sie sich, dass ich beim Sex die Schuhe anbehalte.« Sie zog sich wieder an. »So, jetzt sind Sie dran mit Striptease, Ire, damit ich auch Ihren Körper notfalls beschreiben kann. Warum zögern Sie? Sie sind doch Profi. Das gehört zum Geschäft.«
    Dante zuckte die Achseln, stand auf und ließ die Hose runter.
    »Wie Sie sehen, bin ich wie die meisten amerikanischen Männer, selbst die ehemaligen Katholiken, beschnitten.«
    »Und gut gebaut, wie man so sagt. Irgendwelche Narben?«
    »Körperlich oder seelisch?«
    Sie fand das nicht lustig. »Ich therapiere meine Kunden nicht, ich vögel sie nur.«
    »Keine Narben«, sagte er trocken.
    Sie nahm seinen Körper von Kopf bis Fuß in Augenschein, dann inspizierte sie seine Kleidung. Schließlich sagte sie: »Sie können sich wieder anziehen.« Sie brachte ihn zur Tür. »Sie arbeiten in einer gefährlichen Branche, Ire.«
    »Ich bin süchtig nach Angst«, knurrte er. »Ich brauche täglich einen Fix.«
    »Das glaube ich Ihnen nicht. Wenn Sie nicht an was glauben würden, wären Sie nicht hier.« Sie streckte ihm eine Hand hin. »Ich bewundere Ihren Mut.«
    Er nahm die Hand und hielt sie einen Moment fest. »Und Ihr Mut verwundert mich. Eine Araberin, die das Risiko eingeht –«
    Sie zog ihre Hand zurück. »Ich bin keine Araberin«, sagte sie scharf. »Ich bin eine libanesische Alawitin.«
    »Und was ist das bitte schön?«
    »Wir Alawiten sind ein winziges Volk in einem Meer von arabischen Muslimen, die uns für Ketzer halten und verachten. Wir hatten einmal einen eigenen Staat – und zwar unter französischem Mandat, als das Osmanische Reich nach dem Ersten Weltkrieg auseinander fiel. Der Alawitenstaat hieß Latakia. Mein Großvater war Minister in der Regierung. 1937 wurde Latakia gegen unseren Willen eine syrische Provinz. Mein Großvater wurde ermordet, weil er dagegen war. Heutzutage unterstützen die meisten libanesischen Alawiten im Bürgerkrieg die Christen gegen die Muslime. Unser Ziel ist es, die Muslime zu vernichten – also auch die Hisbollah –, damit dann hoffentlich wieder eine christliche Ordnung im Libanon herrscht. Unser Traum ist ein neuer alawitischer Staat, ein neues Latakia an der levantinischen Küste.«
    »Ich wünsche Ihnen viel Glück«, sagte Dante ausgesucht höflich.
    »Woran glauben eigentlich die Alawiten um Gegensatz zu den Muslimen?«
    »Jetzt ist nicht die Zeit für solche Diskussionen –«
    »Sie sind Profi. Das gehört zum Geschäft. Könnte doch sein, dass man von mir wissen will, worüber wir nach dem Sex gesprochen haben.«
    Djamillha lächelte fast. »Wir glauben, die Milchstraße

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