Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
Vom Netzwerk:
Stück weiße Seide an einem Haken an der Tür hängen. »Tun Sie mir einen Gefallen, Fred, und bringen Sie mir das Halstuch.«
    Crystal Quest holte das Tuch und legte es zusammengefaltet in Dantes Hand. »Das Souvenir sollten Sie in Ehren halten«, sagte Benny. »Dem Halstuch verdanken Sie Ihr Leben. Als Sie nicht an dem Brunnen aufgetaucht sind, wollte unser Überfallkommando Sie schon abschreiben. Aber dann hat einer der Jungs, nachdem er sich noch einmal kurz im Lager umgesehen hatte, gemeldet, er hätte einen Mann mit einem weißen Halstuch neben einem Pickup liegen sehen.«
    »Damit ist meine Dante-Pippen-Tarnung wohl aufgeflogen.«
    »Darüber machen Sie sich mal keine Gedanken«, erwiderte Fred und lachte auf. »Wenn wir in Langley irgendwas auf Vorrat haben, dann sind das Legenden. Wir verpassen Ihnen eine neue, sobald Sie wieder auf den Beinen sind.«
    Benny sagte: »Dank Ihnen, Dante, war die Operation ein voller Erfolg.«
    »Es war eine himmelschreiende Schande « , sagte Dante mit jäher Vehemenz, und so meinte er es auch.

1997: MARTIN ODUM ERFÄHRT, WAS DIE HÖHLE VON MACHPELA IST
    Martin war vom Dröhnen der Triebwerke eingelullt worden und hatte – das rechte Bein auf dem Gang, das linke Knie gegen die Rückenlehne des Sitzes vor ihm – fast den halben Flug verschlafen und den Anblick der Sandstrände Israels verpasst, die sich unter der Tragfläche wie ein leuchtender Teppich erstreckten. Als das Fahrwerk knirschend ausfuhr, schreckte er auf. Er blickte zu Stella hinüber, die tief und fest neben ihm schlief.
    Er berührte sie an der Schulter. »Wir sind gleich da.«
    Sie nickte bedrückt. Je näher sie Israel kam, desto unsicherer wurde sie, ob es richtig war, den verschwundenen Mann ihrer Schwester zu suchen. Und wenn sie ihn tatsächlich fanden? Was dann?
    Den Grundregeln der Branche gehorchend, hatten sie zunächst verschiedene Routen genommen: Sie war nach London geflogen und von dort mit dem Zug nach Paris gefahren. Dann hatte sie eine Maschine nach Athen bestiegen, um von dort den Flug um zwei Uhr nachts nach Tel Aviv zu nehmen. Er war von New York nach Rom geflogen und hatte sich für ein paar Stunden unter das Touristengewimmel am Kolosseum gemischt, bevor er mit dem Zug nach Venedig fuhr, um dort die Fähre nach Patras zu nehmen und schließlich per Bus zum Flughafen Athen zu fahren. Beim Einchecken für die Maschine nach Israel hatte er in der Schlange gleich hinter Stella gestanden, und als er an die Reihe kam, hatte er der Frau hinter dem Schalter zugezwinkert und sie gebeten, ihm den Platz neben dieser gut aussehenden Frau zu geben, die gerade eingecheckt hatte.
    »Eine Bekannte von Ihnen?«, hatte die Frau gefragt.
    »Noch nicht«, hatte er erwidert.
    Die Frau hatte gelacht. »Ihr Männer seid doch alle gleich.«
    Als die Maschine nach der Landung am Flughafen Ben Gurion bei leichtem Nieselregen zu ihrem Stellplatz rollte, bat der Kapitän die Passagiere über Lautsprecher, aus Sicherheitsgründen noch einen Augenblick sitzen zu bleiben. Kurz darauf schlenderten zwei schlanke junge Männer den Gang entlang und überprüften die Pässe. Sie trugen die Hemden über der Hose, um die Pistolen zu verbergen, die sie im Gürtel stecken hatten. Derjenige, der zuerst Martins Reihe erreichte, trug eine Sonnenbrille, hinter der man seine Augen nicht sehen konnte.
    »Pässe«, sagte er barsch.
    Stella holte ihren aus dem Seitenfach ihrer Handtasche unterm Sitz. Martin nahm seinen aus der Innentasche seiner Weste und reichte beide dem Sicherheitsagenten. Der blätterte sie mit dem Daumen durch, kehrte zu der Seite mit dem Foto zurück und musterte Martin über den Rand des Passes hinweg. »Reisen Sie zusammen?«
    Beide sagten gleichzeitig: »Nein.«
    Der junge Mann steckte die zwei Pässe ein. »Kommen Sie mit«, befahl er. Er trat beiseite, damit Martin seinen Handkoffer aus dem Gepäckfach holen konnte, dann scheuchte er Stella und Martin vor sich her den Gang hoch. Die anderen Passagiere starrten dem Mann und der Frau, die da aus der Maschine geführt wurden, fassungslos nach und überlegten, ob sie wohl Promis oder Terroristen waren.
    Ein olivgrüner Suzuki mit einer dicken Plastiktrennwand zwischen Vordersitzen und Rückbank stand unten an der Gangway auf dem feuchten Rollfeld, und Martin und Stella wurden mit einer Geste aufgefordert, in den Fond zu steigen. Kaum hatte Martin Platz genommen, als er hörte, wie klickend die hinteren Türen verriegelt wurden. Stella wollte etwas sagen, doch

Weitere Kostenlose Bücher