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Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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anzubieten. Bereits nach kurzer Zeit hatte er eine kleine Bank aufgemacht und gab seinen Kunden zu verstehen, dass sie gut daran täten, die Dienste seines Geldinstituts in Anspruch zu nehmen. Irgendwann erweiterte der Oligarch seine Geschäftstätigkeiten und kaufte sich in die Eriwaner Gebrauchtwagenbranche ein. Aber das reichte ihm auf Dauer nicht, und er richtete sein Augenmerk auf Moskau – er zog in die Hauptstadt, und innerhalb weniger Monate kontrollierte er dort den ganzen Gebrauchtwagenmarkt.«
    »Das habe ich schon gehört. Er hat seine Konkurrenz aufgekauft, und wer nicht verkaufen wollte, landete in der Moskwa, mit Zementschuhen an den Füßen.«
    »Der Gebrauchtwagenhandel war nur die Spitze des Eisbergs. Hören Sie, Dante, Sie haben für Israel einmal Ihr Leben riskiert und dafür möchte ich mich gerne revanchieren. Was ich Ihnen jetzt erzähle, ist der Öffentlichkeit nicht bekannt – nicht mal das Sechste Direktorat des KGB, das auf den Oligarchen eigentlich ein wachsames Augen haben sollte, wusste davon. Für Tsvetan Ugor-Shilow war die Sache mit den Gebrauchtwagen bloß ein Sprungbrett für andere, bessere Geschäfte. Russland ist zufällig der zweitgrößte Aluminiumhersteller der Welt. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion stieg Ugor-Shilow in die Aluminiumbranche ein. Er hat irgendwie Gründungskapital aufgetrieben – und ich rede von Milliarden. Mit seinen Gebrauchtwagen hat er zwar gutes Geld verdient, aber längst nicht solche Summen, und bis heute weiß keiner, woher er das Geld bekam. Jedenfalls hat er lukrative Geschäfte mit Schmelzhütten gemacht. Das Ganze lief über eine Holdinggesellschaft, in der er stiller Teilhaber war. Er kaufte dreihundert Güterwagen und ließ in Sibirien eine Hafenanlage errichten, um Aluminiumoxid zu verschiffen, das aus Bauxit gewonnen wird und Hauptbestandteil von Aluminium ist. Den Bauxit hat er steuerfrei aus Australien importiert, in den Schmelzhütten zu Aluminium verarbeitet und ins Ausland exportiert, steuerfrei, versteht sich. Er hat Riesenprofite gemacht. Im Westen brachte die Tonne Aluminium fünf Dollar Gewinn, in Russland machten die Exporteure pro Tonne zweihundert Dollar Gewinn. Anfang der Neunziger, als Jelzin seine Privatisierungspolitik betrieb, um Russland in eine Marktwirtschaft zu verwandeln, regierte der Oligarch über ein geheimes Imperium, das auf den Riesengewinnen aus dem Aluminiumgeschäft basierte. Seine Holdinggesellschaft expandierte, handelte mit weiteren Rohstoffen – Stahl, Chrom, Kohle – und kaufte sich schließlich in Hunderte von Fabriken und Unternehmen ein. Er gründete Banken, die die Finanzen des Imperiums abwickelten und die Profite im Ausland wuschen. Für den reibungslosen Ablauf sorgten natürlich Schmiergelder an Leute in hohen Positionen. Irgendwann wurde sogar gemunkelt, er habe Jelzin persönlich geschmiert, aber das konnten wir nie beweisen.«
    »Wusste die Sowjetabteilung der CIA Bescheid?«
    »Wir waren diejenigen, die Informanten in Moskau hatten. Und wir haben den Kollegen von der CIA so viel verraten, dass sie dachten, wir hätten ihnen alles verraten.«
    Das Telefon klingelte. Benny hob den Hörer ans Ohr und lauschte. Dann sagte er: »Ja, das ist er … Er ist nach Qiryat Arba gekommen, um die Fährte von Samat Ugor-Shilow aufzunehmen, damit dessen Frau sich von ihm scheiden lassen kann … Ja, ich glaube ihm. Vergessen wir nicht, dass Dante Pippen einer von den Guten ist … Schalom, schalom. «
    Als Benny aufgelegt hatte, sagte Martin: »Danke.«
    »Wenn ich das nicht glauben würde, säßen Sie jetzt nicht hier. Wo war ich stehen geblieben? Ach ja. Unter den russischen Mafiosi gab es auch etliche Juden. Als 1993 die Bandenkriege in Moskau ausbrachen, wurde Israel für einige von ihnen ein sicherer Hafen. Hier waren sie weit weg vom alltäglichen Chaos. Es kamen sogar ein paar Gangster nach Israel, die gar keine Juden waren. Das konnten sie dank unseres ›Rückkehrgesetzes‹ – sie legten sich eine neue Identität zu, behaupteten, eine jüdische Mutter oder Großmutter zu haben, und schlichen sich ins Land ein, zusammen mit den siebenhundertfünfzigtausend russischen Juden, die im Laufe der neunziger Jahre nach Israel gekommen sind. Als Neueinwanderer konnten die Gangster große Geldsummen mitbringen, ohne dass jemand fragte, woher das Geld stammte. Als der israelische Shabak uns über die Gefahr informierte, haben wir die Telefone der Russen angezapft und ihr Umfeld infiltriert, um ihnen

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