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Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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irgendwelche kriminellen Machenschaften nachzuweisen. Aber sie haben sich völlig unauffällig verhalten und sich absolut nichts zuschulden kommen lassen. Wir haben immer gewitzelt, dass die nicht mal bei Gelb über die Ampel fahren würden. Über israelische Banken haben sie ihre illegalen Geschäfte weiterbetrieben, aber immer im Ausland. Sie haben Yellow Cake, also Uranerzkonzentrat, aus Nigeria geschmuggelt und an die Meistbietenden verkauft. Sie haben sich ins Diamantengeschäft eingekauft und Rohdiamanten aus Russland nach Amsterdam geschmuggelt. Für 5,5 Millionen Dollar konnten sie dir ein dieselbetriebenes U-Boot in Topzustand besorgen, aber ohne die baltische Besatzung – die kostete extra. Sie verkauften ausrangierte Sowjetpanzer mit oder ohne Munition, Jeeps, Schützenpanzer, Pontonbrücken, Flugabwehrraketen, Radargeräte in allen Größen und Formen. Die Bezahlung erfolgte ausschließlich in US-Dollar oder Schweizer Währung, und zwar auf ein Nummernkonto in Genf, garantierte Lieferung binnen dreißig Tagen nach Zahlungseingang. Alle Verträge wurden mit Zweigfirmen in Liechtenstein abgeschlossen.«
    »Wieso Liechtenstein?«
    Benny lächelte bitter. »Weil dort das Bankgeheimnis streng geschützt ist.«
    »Verstehe.«
    »Der Bruder des Oligarchen war einer von denen, die nach Israel ausgewandert sind. Sein Name ist Akim Ugor-Shilow. 1993 tauchte er eines schönen Tages mit Frau und drei Kindern am Flughafen Ben Gurion auf und behauptete, eine jüdische Großmutter zu haben und zum Judentum konvertiert zu sein. Natürlich hatte er Dokumente, die das alles bewiesen. Er hat eine bläuliche Narbe über dem Auge, angeblich von einer Verletzung in Afghanistan, obwohl sich nicht nachweisen lässt, dass er in der Sowjetarmee gedient hat. Er hat sich in einer schwer bewachten Villa in Caesarea verschanzt, mit einer hohen, elektrisch gesicherten Mauer drum herum und armenischen Wachleuten, die früher bei den Fallschirmjägern waren und mit Waffen umgehen können. Akim ist imstande, im einen Moment sein Personal lauthals zu beschimpfen und im nächsten Augenblick wie ein Kätzchen zu schnurren und mit seiner Geschäftstüchtigkeit zu prahlen. Außer der Festung in Caesarea besitzt er ein Haus am Cadogan Place in London und eines an der Grande Comiche bei Nizza.«
    »Wovon lebt er denn in Israel?«
    »Er hat im Laufe der Jahre so um die fünfzig Millionen Dollar ins Land gebracht und in Staatsanleihen investiert, die ihm sechs oder sieben Prozent Zinsen bringen, steuerfrei. Außerdem ist er an einer Zeitungsauslieferungsfirma beteiligt, besitzt ein Hotel in Eilat und etliche Tankstellen in der Gegend von Haifa.«
    »Und wo bleibt Samat dabei?«
    »Akim und Tsvetan Ugor-Shilow sind Brüder. Und es gab noch einen dritten Bruder namens Surab. Er war Arzt, Mitglied der kommunistischen Partei in Armenien und mit einer Jüdin verheiratet. Als man Tsvetan wegen Erpressung nach Sibirien schickte, wurde sein Bruder Surab als Volkfeind verhaftet – im Sowjetsystem erlitten Angehörige von Kriminellen nicht selten das gleiche Schicksal wie der Kriminelle selbst. Surab landete auch in einem sibirischen Gulag und ist dort an Scharlach gestorben.«
    »Was wurde aus Surabs Frau?«
    »Nach der Verhaftung ihres Mannes haben wir ihre Spur verloren. Sie war wie vom Erdboden verschluckt. Die beiden Brüder, Tsvetan und Surab, standen sich sehr nahe, was zumindest teilweise erklärt, warum Tsvetan das Sowjetsystem gehasst hat: Er hat den Kommunisten die Schuld am Tod seines Bruders gegeben. Surab hat einen Sohn namens Samat hinterlassen.«
    »Samat ist also der Neffe des Oligarchen und von Akim.«
    »Als Tsvetan aus Sibirien zurückkam, hat er Samat unter seine Fittiche genommen. Der Oligarch, der keine eigenen Kinder hatte, wurde für ihn zum Vaterersatz. In der poststalinistischen Sowjetunion und vor allem unter Gorbatschow war es für Samat nicht von Nachteil, sondern von Vorteil, dass sein Vater in Sibirien gestorben war. Samat durfte das Forstinstitut besuchen, wo das sowjetische Raumfahrtprogramm entwickelt wurde, was übrigens kein großes Geheimnis war. Hier konnte der junge Mann Informatik studieren. Später machte er seinen Doktor an der Höheren Wirtschaftsschule, die der staatlichen Planungsbehörde unterstand. Seine Computerkenntnisse müssen den KGB auf ihn aufmerksam gemacht haben, denn als Nächstes hat er beim Sechsten Direktorat angefangen, wo er alles über Geldwäsche und Auslandsbanken lernte. Als der Oligarch

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