Die kalte Nacht des Hasses
also sagte ich: »Es geht ihr nicht so gut, oder?«
Black nickte. »Ich habe angeboten, mit ihr zu arbeiten. Pro bono. Ich habe vorgeschlagen, dass wir es hier tun, während sie fischt, damit sie keine Angst bekommt.«
Ich starrte ihn einen Augenblick an, begeistert und gerührt, ehrlich gesagt. »Das ist echt cool von dir, Black.«
»Ich kann durchaus cool sein, wenn es passt.«
»Ja, das bekomme ich auch langsam mit.«
Wir lächelten einander an. Er sagte: »Vielleicht kannst du mir mit Elizabeth helfen. Du weißt schon, bei ihr sitzen, wenn sie hier ist, sie auf deinem Schoß halten, ihr helfen, einen Köder auf den Haken zu stecken, damit sie sich dann gut mit mir versteht.«
Ich versteifte mich, weil ich genau wusste, was er bezweckte. »Glaub ja nicht, ich wüsste nicht, worauf du hinaus willst, Black. Zwei Fliegen mit einer Klappe, was? Du wirst Elizabeth helfen, sich besser zu fühlen, und mich zwingen, mit einem Kleinkind in Zachs Alter umzugehen.«
»Ich habe nie gesagt, du wärst dumm, Claire.«
»Tut mir leid, das kann ich nicht. Noch nicht.«
»Okay.«
»Ich bin noch nicht bereit dazu.«
»Okay.«
»Ist das wieder diese Rückwärts-Psychologie?«
»Ich würde dich nie zwingen, etwas zu tun, was du nicht willst. Das habe ich dir von Anfang an gesagt. Ich mache Vorschläge. Du entscheidest.«
Black war gut, o ja, das musste ich ihm lassen. Zeit für einen Themenwechsel, Teil zwei. »Hast du Hunger?«
»Hinterher bestimmt.«
»Hinter was?«
»Hinter der Begrüßung, die ich verdient habe.«
»Da haben wir einen Deal, Mr Black.«
»Was du nicht sagst.«
Ich war froh, dass wir jetzt nicht mehr reden mussten, froh, nicht an leblose Glotzaugen und blutende Lächelmünder zu denken. Das schaffte Black bei mir allein mit seiner Berührung, das konnte er wirklich sehr gut. Er war ausgesprochen geübt, und zumindest für eine kurze Zeit musste ich nicht daran denken, dass Hilde tot im Leichenschauhaus lag, ihr Mund in einem Plastikdöschen.
Geschwisterliebe
Die Ältere konnte den Samstag kaum abwarten. Sie war so aufgeregt, dass sie kaum schlafen konnte. Es störte sie nicht einmal, dass Sissy mit der neuen Tiara herumspazierte, die sie gewonnen hatte, und dauernd erzählte, wie hübsch sie aussah. Die Ältere versuchte einfach nur, sich von ihr und ihrer blöden Krone fernzuhalten. Mama nahm Sissy am Samstag in ihrer neuen blauen Schärpe und der Krone mit zum Fotografen, sodass es noch einfacher sein würde, sich davonzuschleichen und den Jungen zu treffen.
Sie wartete bis gegen halb drei, dann marschierte sie über den kleinen Weg hinter den Häusern und suchte nach dem roten Tor. Sie fand es ohne Probleme, aber an einem derart kalten Wintertag war sowieso niemand draußen, der hätte sehen können, wie sie in den Garten des Jungen schlich. Sie schloss das Tor hinter sich und ging vorsichtig über das gefrorene Gras.
Im Garten befand sich ein Pool-Haus mit beschlagenen Glasfenstern, und sie blieb stehen und schaute hinein, weil sie noch nie einen beheizten Innenpool gesehen hatte. Es gab sogar einen Whirlpool und einen großen Fernseher. Sie wandte sich ab und ging zur hinteren Treppe, die zu einem großen, verglasten Wintergarten hochführte.
Das Haus des Jungen war richtig hübsch, riesig, und viel neuer als ihr altes Bauernhaus, und es war in einem sehr schönen Gelb gestrichen, fast wie ein Kanarienvogel. Der Wintergarten war groß und darin standen Rattanmöbel und Sofas mit orange-blauen Blumenmustern, der Junge saß auf einem Rattan-Schaukelstuhl neben einem orangen, trichterförmigen Kamin. Die Scheite knisterten hinter dem Gitter. Er öffnete die Tür und ließ sie herein, und sie stand eine Minute vor dem Feuer und wärmte sich den Hintern.
»Hier, gib mir deinen Mantel. Wie gut, dass du eine weiße Bluse trägst, falls was von dem Bleichmittel darauf kommt.«
»Bist du sicher, deine Mum kommt nicht zurück und erwischt uns?«
»Oh, ja. Sie geht immer mit zum Klavierlehrer, damit die Zwillinge auch ordentlich üben. Und es wäre ihr sowieso egal. Sie findet es gut, wenn wir Freunde einladen. Willst du eine Cola, oder was essen? Wir haben ein paar Chips und Zwiebeldip, solche Sachen.«
»Nein.« Plötzlich war sie ein wenig nervös und sie betrachtete all die teuren Möbel und edlen Gemälde, an deren Rahmen kleine Lampen befestigt waren, und fragte sich, wie es wäre, eine Mama zu haben, die wollte, dass sie Freunde einlud, und die sie zum Klavierunterricht fuhr.
»Dad hat
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