Die kalte Nacht des Hasses
Freundin gebumst haben.«
Costins Blick huschte jetzt noch ein wenig mehr umher, langsam wurde er nervös. »Okay, okay. Ich sag Ihnen die Wahrheit. Manchmal vergesse ich, hinten abzuschließen, ab und zu, aber ich habe mir deswegen nie wirklich Gedanken gemacht. Wer zum Teufel sollte in ein Bestattungsunternehmen einbrechen wollen?«
Ja, genau: Wer sollte das wollen?
»Und ich hätte jeden gehört, der durch die Hintertür reinkommt, das schwöre ich. Pam und ich waren im Zimmer direkt neben der Tür – bloß fünfzehn Minuten, höchstens zwanzig.«
Fünfzehn Minuten waren nicht unbedingt die sechsstündigen tantrischen Sexorgien, die es bei Sting zu Hause gab, reichten aber bestimmt, um zu erledigen, was dieser Irre mit der nächstbesten Leiche anstellen wollte.
»Also gut, ich muss mit Pam und ihrem anderen Freund reden. Geben Sie mir ihre Namen und sagen Sie mir, wie ich sie erreichen kann.«
»O Gott, nein, bitte nicht. Pam wird durchdrehen.«
»Pech. Sie können sie anrufen und sie bitten herzukommen. Oder ich kann sie anrufen und sie auf die Wache bitten. Aber ich will sofort mit ihr reden, verstanden?«
»Ja, Ma’am. Wahrscheinlich schläft sie noch, aber ich kann sie anrufen.«
»Was ist mit dem anderen Typen? Dem Spieler?«
»Scheiße, dem wird es auch gar nicht gefallen, in diese Sache verwickelt zu werden. Verstehen Sie, er arbeitet beim Leichenbeschauer. Alle hier nennen ihn Shaggy, aber eigentlich heißt er John Becker.«
Ich erstarrte, einen Moment lang war ich komplett entgeistert. Was? Shaggy? Shaggy war hier gewesen? Ich runzelte die Stirn. »Inwieweit sind Sie bekannt mit John Becker, Mr Costin?«
»Wir haben uns getroffen, nachdem ich diesen Job bekommen habe. Er war im Kühlraum des Leichenbeschauers, als ich dort Leichen holen musste. Wir haben eines Tages angefangen, über Playstation-Spiele zu reden, und dann begannen wir, uns zu treffen. Kennen Sie Shaggy?«
»Ja, ich kenne ihn. Und ich weiß auch, wo ich ihn finden kann. Hängen Sie sich ans Telefon und bestellen Sie Pam hierher.«
Ich setzte mich, während Walt seine Freundin anrief, und versuchte mir zu überlegen, was zum Teufel Shaggy mit all dem zu tun hatte. Aber eines war klar. Dass er damit zu tun hatte, gefiel mir nicht im Geringsten.
Geschwisterliebe
Am Tag von Mamas Beerdigung regnete es, und es war wolkig und Windböen peitschten über die Grabsteine und schüttelten den Regen aus den Bäumen auf die Köpfe der Trauergäste. Alle waren ganz ernst und flüsterten etwas über die armen, kleinen, misshandelten Kinder und wie niemand wirklich gewusst hatte, was in diesem Haus geschah, nicht einmal der Vater, und dass die Mutter doch ein solches Interesse an ihren Mädchen an den Tag gelegt hatte, sie hatte sie bei all diesen Schönheitswettbewerben angemeldet und unermüdlich an ihren Kostümen und Tanzaufführungen gearbeitet. Und dann kamen die Erwachsenen auf sie zu und umarmten die Mädchen und sagten ihnen, dass sie jetzt in Sicherheit waren, dass ihnen so etwas nicht wieder zustoßen würde, und sie sollten tapfer sein und sich auf ihre Zukunft freuen.
Nach der Beerdigung, als sie nach Hause zurückgekehrt waren, saß die Ältere auf dem Sofa im Wohnzimmer und sah zu, wie die Trauergäste umhergingen und sich die Teller mit Essen voll luden, das auf dem Wohnzimmertisch stand. Vor allem sah sie den Jungen an. Er redete mit einer Freundin aus der Highschool, einem hübschen und beliebten Mädchen. Die Andere schaute zu ihm auf, sie lächelte und schien an seinen Lippen zu hängen. Die Ältere fragte sich, was er zu ihr sagte, und ob er den Rock des hübschen Mädchens hochschieben und sie zwischen den Beinen berühren wollte, so wie er es bei ihr tat. Sie verspürte eine Welle der Eifersucht in ihrem Innersten wie niemals zuvor, aber dann setzte sich ihr Stiefvater neben sie. Er hielt Sissy auf dem Schoss und legte den Arm um die Ältere und zog ihren Kopf auf seine Schulter. »Es tut mir so leid, Mädchen, dass sie euch so wehgetan hat. Ich wusste nicht, wie schlimm es war, das schwöre ich. Ich wusste nicht, dass sie euch mit der Reitgerte geschlagen hat, und all die anderen Sachen.«
Sissy kuschelte sich tiefer in seine Arme und er küsste sie auf den Kopf, danach küsste er die Ältere auf die Schläfe. Sie fühlte sich jetzt sicherer, wo Mama tot war, und der Stiefvater hatte versprochen, sich gut um sie zu kümmern. Er hielt sie beide lange Zeit in den Armen, und als Bubby auf sie zugelaufen kam, zog die
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