Die kalte Nacht des Hasses
Ältere ihn auf ihren Schoß, und so saßen sie beisammen, eine ganz normale Familie – endlich.
In den Tagen und Monaten, nachdem Mama begraben worden war, benahm sich der Stiefvater sehr nett der Älteren gegenüber. Er sagte, sie wäre jetzt alt genug, ihr eigenes Zimmer zu haben, und verlegte Sissy nach unten in Bubbys Zimmer. Sissy beklagte sich nicht, sie sagte gar nichts, sondern half bloß, ihre Sachen zu tragen. Sie sagte nie irgendwas Schlechtes oder Unhöfliches über die Ältere, sondern tat alles, was die ihr befahl. Der Junge hatte die Videokassette in eine Kiste in seinem Schlafzimmer eingeschlossen und trug den Schlüssel an einer Kette um den Hals, und Sissy wusste, dass er sie nur zur Polizei bringen musste, dann würde sie für immer weggesperrt werden, weil sie ihre eigene Mutter umgebracht hatte.
Manchmal nahmen sie Sissy mit in den Winnebago und ließen sie ihr Spiel mitspielen. Sie wurde zur Sklavin von allen und musste bei ihren Aufgaben Dinge tun, die niemand sonst erledigen wollte. Sissy tat immer, was sie ihr befahlen, vor allem die bösartigen, geheimen Sachen, und es schien ihr sogar zu gefallen. Sie sagte, ein Sklave zu sein wäre gar nicht so schlecht.
Aber das Leben war trotz allem nicht perfekt. Der Stiefvater weigerte sich, die Ältere mit dem Jungen ausgehen zu lassen, oder auch mit irgendjemand sonst, obwohl sie sechzehn war und all die anderen Mädchen bei den Wettbewerben schon Freunde hatten. Also trafen sie und der Junge sich weiterhin heimlich und schliefen miteinander, wann immer sie konnten, und jetzt, wo sie ihr eigenes Zimmer hatte, konnte der Junge einfach den Baum hinter dem Haus hochklettern und über das Dach hinweg bis direkt zum Fenster neben ihrem Bett krabbeln. Und die Tatsache, dass der Stiefvater begonnen hatte, mehr zu trinken als früher, half ihnen ebenfalls. Er wirkte einsam und trank oft, wenn die Kinder ins Bett gegangen waren. Er saß dann allein unten im Dunkeln, trank zwölf Budweiser und schaute Horrorfilme. Aber es schadete ihm erstaunlicherweise nicht, am nächsten Morgen war er immer wach, machte Frühstück und schickte sie zur Schule, sein Trinken tat also niemandem weh.
Eines Nachts, als der Junge im Bett der Älteren war und sie beim Sex filmte, lagen sie, nachdem sie fertig waren, atemlos und zufrieden nebeneinander, sie flüsterten davon, dass er bald aufs College gehen würde und sie mit seinen Eltern zu Besuch kommen könnte. Dann hörten sie schwere Schritte die Treppe hochkommen, und sie wussten, es war ihr Stiefvater. Kaum hörte der Junge, wie sich der Türknauf drehte, glitt er dicht an der Wand auf den Boden. Die Ältere tat, als schliefe sie, und als der Stiefvater neben ihr Bett trat, konnte sie den Alkohol in seinem Atem riechen und wusste, so wie er schwankte, war er sogar noch betrunkener als sonst.
»Hey Baby«, flüsterte er leise und undeutlich. »Bist du wach?«
Die Ältere tat, als erwachte sie seinetwegen. »Ja, Daddy. Was ist?«
»Gar nichts, ich hab bloß gedacht, dass du hier ganz allein bist. Alles okay? Du bist nicht einsam, oder?«
»Mir geht es gut. Mir gefällt es hier oben.«
»Das ist gut, du sollst glücklich sein. Weißt du das? Ich will, dass du glücklich bist.«
»Ich bin glücklich, Daddy.«
Er setzte sich auf ihr Bett und legte seine Hand auf ihren Schenkel. »Drück mich mal, Baby.«
Die Ältere setzte sich auf und legte ihre Arme um ihn, aber er roch schrecklich, nach Camel-Zigaretten und Bier und dem Motoröl von seiner Arbeit. Er umarmte sie ebenfalls, er hielt sie viel zu fest und strich mit den Fingern durch ihr Haar. »Du siehst echt gut aus, weißt du das? Besser als Sissy.«
»Danke, Daddy«, flüsterte sie.
Ihr Stiefvater hielt sie weiter fest in den Armen, und sie wünschte, er würde verschwinden. »Du bist gar nicht meine richtige Tochter, du kannst mich also küssen und da wäre gar nichts Schlimmes dran.«
Sie begann sich zu wehren. »Nein, ich will nicht, bitte, Daddy, geh, du bist betrunken.«
»Gib mir erst ’nen Gutenachtkuss.«
Hinter dem Rücken ihres Stiefvaters sah die Ältere, wie der Junge neben ihrem Bett auf die Knie hochging, aber sie stieß ihren Stiefvater weg und griff nach dem Telefon auf ihrem Nachttisch. »Geh und lass mich alleine, sonst rufe ich die Polizei! Ehrlich! Das mach ich!«
Als sie die Nummern zu wählen begann, erhob er sich und taumelte davon. »Ich will dich bloß lieb haben, das ist alles«, sagte er groggy von der Tür aus. »Du würdest es
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