Die kalte Nacht des Hasses
seine Augen. Ich setzte mich auf einen schwarzen Kordsessel und fühlte mich wie ein dreckiges, mieses Aas. Ich glaubte ihm natürlich. Auf keinen Fall könnte Shaggy ein solches Verbrechen begehen, aber warum sollte Costin seinen Namen nennen, wenn sie einander kaum kannten?
»Hast du irgendeine Vorstellung, warum Costin gesagt haben könnte, du wärest da gewesen, wenn du es nicht warst?«
»Vielleicht wollte er von sich selbst ablenken, wäre das eine Möglichkeit? Ich weiß bloß, dass ich nicht dort war. Wieso zum Teufel soll das wichtig sein?«
»Weil irgendjemand gestern Nacht Hilde Swensens Sarg geöffnet und ihren Mund wieder zusammgenflickt hat, und keiner weiß, wer.«
Shaggy zuckte hoch, starrte mich eine Minute lang an und brach dann zu meinem Entsetzen in Tränen aus. Sprachlos starrte ich ihn an, während er ein oder zwei Minuten in seine Hände schluchzte, aber er bekam sich ziemlich schnell wieder unter Kontrolle. Er rieb sich mit dem Rücken einer Hand die Tränen vom Gesicht und schaute ehrlich beleidigt. »Und du glaubst, ich hätte das tun können? Bloß weil der Typ sagt, ich sei da gewesen? Darauf läuft’s raus, was?«
»Nein, natürlich nicht. Ich wüsste bloß gern, warum er auf dich verweist, wenn du ihn kaum kennst.«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung. Um seinen Arsch zu retten und dich loszuwerden vielleicht? Oder er hatte Schiss, dass er seinen Job verliert. Ich kann dir nur sagen, dass ich letzte Nacht nicht dort war, Punkt. Und ich fahre ganz sicher nicht auf Särge mit toten Mädchen ab. Meine Güte, das ist so ein Riesenquatsch. Teufel, ich kann das echt nicht glauben.« Shaggy lehnte sich zurück und verschränkte die Finger auf seinen Rastalocken. Dann starrte er mich verärgert und unfreundlich an. »Ich dachte, wir wären Freunde, Claire, und jetzt kommst du mir mit diesem kranken Scheiß.«
»Ach, Shaggy, du weißt doch selbst, dass ich jeder Spur nachgehen muss, die sich zeigt. Dein Name wurde von einem Hauptverdächtigen genannt. Ich musste überprüfen, was er gesagt hat. Mehr ist nicht dran. Wieso regt dich das so auf?«
»Wo ist Bud? In der Stadt, um einen Durchsuchungsbefehl für mich und meine Bude zu holen?«
Ich lächelte, und diesmal war es ehrlich. »Nein. Du würdest mich doch rumgucken lassen, wenn ich wollte, oder?«
Ich sah, wie sich Shaggys Hals rötete, und dann sein Gesicht. Er sah aus, als würde er mich gleich an der Gurgel packen und mir das Lebenslicht ausdrücken wollen. »Schnüffel durch meine Sachen, so viel du willst, Claire. Tut mir leid, aber ich habe keine Lust, dir die große Tour zu bieten. Ich dachte, wir wären Freunde, aber da habe ich wohl falsch gelegen, was?«
Das lief gar nicht gut, o nein, und es wurde immer schlimmer. Meine Güte. »War irgendjemand letzte Nacht hier bei dir, der deine Version bestätigen kann, Shaggy? Hat jemand angerufen oder ist vorbeigekommen?«
»Meine Version?« Er kniff die Augen zusammen und seine Lippen bildeten eine schmale Linie. »Nein. Ich habe keine Zeugen, die ich dir für meine Version anbieten kann. Wahrscheinlich will niemand sich mit jemandem abgeben, der magenkrank ist. Und wenn du’s jetzt kriegst, dann bin ich echt todtraurig.«
Das war kindisch, aber typisch Shaggy. Vor allem, wenn er sich aufregte. So wie im Moment. Ich hörte auf mit der freundlichen Nummer. Er nahm die Sache ernst, und inzwischen war ich auch mehr als nur ein bisschen genervt. »Hör mal, ich musste zu dir kommen, und du weißt das genau. Tut mir leid, dass es dich verärgert hat, aber ich muss den Spuren folgen, wohin sie mich führen.«
»Ja, verstehe. Vielen Dank für dein Mitgefühl.«
Shaggy war richtig sauer, okay. »Na gut, ich verstehe. Sag mir einfach, was du über diesen Typen weißt, Costin, und dann verschwinde ich und lasse dich in Ruhe.«
»Ich weiß praktisch nichts, das ist alles. Ich erinnere mich, dass er echt freundlich ist und immer reden will, wenn er ins Leichenschauhaus kommt. Er ist neu und vielleicht haben wir uns einmal in den Pausenraum gesetzt und eine Cola getrunken oder so, nachdem wir die Leichen eingeladen haben. Mehr kann ich dir nicht sagen.«
»Kannst du dich noch daran erinnern, worüber ihr gesprochen habt?«
»Er hat erzählt, dass er gern Playstation spielt. Ich glaube, ich habe gesagt, das täte ich auch, und wir haben darüber gesprochen, wie weit wir in ein paar Spielen gekommen sind, so was in der Art. Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht mehr wirklich. Es war nicht
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