Die kalte Nacht des Hasses
wenigstens der mir vielleicht helfen, mich besser zu fühlen, nachdem ich meinen guten Freund in die Mangel hatte nehmen müssen.
12
Ich fuhr in die Stadt, parkte meinen Wagen und ging zum Vordereingang des Sheriffbüros. Bud war schon da, er wartete am Empfang und wirkte ungeduldig.
Er sagte: »Charlie überlegt bereits wieder, mich doch an den Fall ranzulassen. Du musst dafür sorgen, dass er das tut. Ich drehe durch, wenn ich hier bloß rumsitze und nichts tue, während dieser Psychopath frei rumläuft.«
»Charlie hat es sich schon anders überlegt?«
Bud nickte, er war ganz aufgeregt wegen Charlies möglicher Entscheidung, ihm den Fall erneut zuzuweisen, und ich kannte das Gefühl. Als ich von einem Fall entbunden worden war, hatte Charlie sogar meine Marke einkassiert, und zwar unter ganz ähnlichen Umständen. Das hatte mir auch nicht gefallen. Ich war richtig genervt gewesen. Hatte mich nackt gefühlt.
»Was ist mit Brianna? Geht es ihr besser?«
»Nein. Sie schläft jetzt, aber sie hat, glaube ich, endlich kapiert, was eigentlich passiert ist, sie hat sich dann eine Weile zurückgezogen. Als sie wiederkam, war sie total hysterisch und hat zwei Stunden geweint. Aus dem Blauen heraus ist sie einfach in sich zusammengebrochen. Mann, und jetzt sagt sie, sie will sich von mir trennen.«
»Was?«
»Sie sagt, sie will mich nicht mehr sehen. Sie will, dass ich sie in Ruhe lasse. Ich glaube, Hilde bei der Beerdigung zu sehen, war zu viel für sie. Sie benimmt sich total komisch, und ich weiß nicht recht, was ich davon halten soll.«
Ich runzelte die Stirn. Warum um Himmels willen sollte sich Brianna jetzt von Bud abwenden, so gut, wie er sie bisher behandelt hatte?
»Sie meint das nicht so. Sie hat viel durchgemacht. Das ist bloß der Schmerz. Sie trauert.« Und in dieser Hinsicht wusste ich, wovon ich redete.
»Glaubst du, Nick wäre bereit, sich mit ihr zu treffen? Ich sage dir, sie ist plötzlich richtig daneben.«
»Möglicherweise. Du kannst ihn ja fragen. Aber gib ihr ein wenig Zeit, das braucht sie mehr als alles andere. Sie ist immer noch unter Schock. Das gilt ja sogar für mich.«
Bud sah nicht überzeugt aus. »Ja, vermutlich. Aber sie benimmt sich jetzt ganz anders. Fast schon verängstigt oder so. Gott, ich wünschte, ich wüsste, was zu tun ist.« Er schaute weg, schüttelte den Kopf, dann sah er mich wieder an »Was ist bei dir? Gibt es da etwas Neues?«
»Nicht viel. Ich erzähl’s dir, nachdem ich bei Charlie war. Mal sehen, ob ich ihn dazu überreden kann, dir den Fall zurückzugeben.«
Nachdem ich in das innere Heiligtum eingelassen worden war, setzte ich mich Charlie gegenüber und begann zügig mit einem Bericht meiner bisherigen Gespräche, bevor Charlie wieder anfangen konnte zu fluchen. Laut Bud, der mehr als ich gezwungen gewesen war, auf der Wache herumzuhängen, hatte der Sheriff seine wilden Wortkaskaden deutlich abgemildert, seit seine Gattin ihm wegen unangemessenen Benehmens in der Öffentlichkeit offenbar den Kopf gewaschen hatte. Im Moment wirkte er erstaunlich ruhig und konzentriert. Nicht schlecht, für seine Verhältnisse.
Als ich mit meiner Schnellsprech-Aufführung zu Ende war und die Fakten dargelegt hatte, so wenig zufriedenstellend die auch waren, sagte er: »Genau genommen haben Sie also nichts rausgefunden, was auch nur einen geharnischen Penny wert ist?«
Ich nickte, obwohl ich nicht die geringste Ahnung hatte, was ein geharnischter Penny sein sollte. »Also Sir, ich hatte noch nicht viel Zeit für die Ermittlungen. Sie wissen, ich versuche, diesen Fall alleine im Griff zu behalten. Und es gibt nun einmal viel zu tun. Ich habe noch nicht einmal meinen Hauptverdächtigen gesprochen, Hildes Exfreund. Das ist der Typ, der das Fitnessstudio in South Beach hat.«
Charlie dachte nach. Sein Gesicht war nicht rot angelaufen, er fluchte nicht und zeigte auch keinen bulldoghaften Winston-Churchill-Blick. Ich begann hohe Dosen Xanax und einen Hauch Beruhigungsmittel zu vermuten. Vielleicht sollte ich mir auch mal ein paar Löffel von dieser Mischung genehmigen. »Na gut. Am besten fliegen Sie runter und sehen mal, ob er ein Alibi für die letzten paar Tage hat. Wenn Sie ein Vorstrafenregister zu Gesicht bekommen, fragen Sie den entsprechenden Officer, was er Ihnen verraten kann. Weiß der Kerl, dass Hilde tot ist?«
»Nein, Sir. Und ich möchte ihn gern mit dieser Neuigkeit konfrontieren, bevor er sich ein prima Alibi beschaffen kann, das nur auf mich wartet.
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