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Die Kalte Sofie

Die Kalte Sofie

Titel: Die Kalte Sofie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Gruber
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dritten Stock angekommen. Dem geradezu infernalischen Gestank zufolge waren sie hier goldrichtig.
    Joes Instinkt hatte also nicht getrogen. Dabei waren Sofie durchaus noch Zweifel gekommen. Vor allem, als sie das steile Stück am Nockherberg auf ihrem Fahrrad hochgejapst war, vorbei an dem riesigen Biergarten, aus dem fröhliches Gejohle und das stumpfe Klirren schwerer Maßkrüge erscholl.
    Tickten sie beide noch ganz richtig?
    Nur weil eine Zimperliese wie die Weidinger sich über Geruchsbelästigung beklagte?
    Trotzdem hatte Joe unverzüglich die Dult verlassen und sich auf seine schwarze BMW gesetzt, freier Tag hin oder her.
    Die Kollegen hatten heut schon genug um die Ohren. So ein milder Frühlingsbeginn hatte eben auch seine Schattenseiten. Kaum war die Starkbierzeit im März, von den Münch nern scherzhaft auch »fünfte Jahreszeit« genannt, halbwegs über standen, ging es jedes Jahr spätestens zum ersten Mai wieder los: Besäufnisse, Schlägereien und Messerstechereien, die leider nicht nur in der Ausnüchterungszelle oder der Notfallambulanz endeten, sondern mitunter auch auf dem Seziertisch.
    Ehrensache, dass Sofie Joe doch begleitete. Wenn seine Befürchtungen sich bewahrheiten sollten, war ohnehin auch ein Rechtsmediziner vor Ort gefragt.
    Und in der Tat: Es roch nach Verwesung.
    Hastig schlug Sofie ihren Schal vors Gesicht, Joe schützte sich notdürftig mit einem seiner akkurat gebügelten Stofftaschentücher, die er immer bei sich trug. Dann zückte er Gummihandschuhe, reichte Sofie ein Paar und zog das andere selbst über.
    Schwer atmend hatte nun auch der Hausmeister die letzten Stufen bewältigt. Er hüstelte und hob beklommen den Ärmel vor die Nase.
    »Meinen Sie, da drin is – was passiert? Ned, dass ich noch Ärger krieg.«
    »Keine Ahnung. Das werden wir hoffentlich gleich wissen.«
    Joe musterte das Namensschild neben der Tür, auf dem ein schlichtes Schmidt zu lesen stand. Dann betätigte er die Klingel.
    Im Inneren der Wohnung rührte sich nichts.
    Auch nicht beim zweiten Läuten.
    Joes wandte sich an den verängstigt dreinschauenden Hausmeister: »Tja, sieht ganz so aus, als wären wir auf Ihre Hilfe angewiesen. Haben Sie den Schlüssel dabei?«
    »Selbstverständlich.«
    Betreten senkte der Mann den Blick und fischte schnaufend einen Schlüsselbund aus seinem schmutzig blauen Arbeitskittel.
    »Dürfen Sie denn da überhaupt rein?«
    Das Karminrot wich allmählich einer ungesunden Blässe.
    Beschwichtigend nickte Sofie dem zögernden Hausmeister zu.
    »Alles im grünen Bereich, keine Sorge! Polizeigesetz Paragraf einunddreißig, Betreten und Durchsuchung von Wohnungen. Hier ist eindeutig Gefahr im Verzug.«
    Ein amüsiertes Lächeln huschte über Joes Gesicht. Doktor hin oder her – seine Sofie war eben doch noch Polizistin durch und durch!
    Leise nuschelnd öffnete der Mann die Tür.
    »Ich muss dann auch wieder weiter. Wenn noch was sein sollte – ich bin unten im Keller. Die Wasserpumpe, des Glump, tropft schon wieder.« Erstaunlich behände machte er sich davon.
    »Na, dann wollen wir mal.«
    Joe warf Sofie ein aufmunterndes Lächeln zu. Dann gab er sich einen Ruck, stieß die Tür auf und betrat die Wohnung, dicht gefolgt von Sofie.
    Obwohl sie von ihrem Beruf her einiges gewohnt war, nahm der bestialische Gestank ihr dennoch fast den Atem. Entschlossen durchquerte sie den größten Raum – der großzügigen Couchgarnitur aus schwarzem Leder und dem riesigen Flachbildfernseher nach offenbar das Wohnzimmer – und riss als Erstes die Fenster auf.
    Ein paar tiefe Atemzüge, dann schloss sie sich Joe an und sah sich aufmerksam um. Eine typische Junggesellenwohnung. Top gepflegt. Und teuer gestylt, in Schwarz-Weiß, Leder, Lack, Chrom und Glas.
    Jedoch: keine Menschenseele.
    Nirgends. Weder im schwarz gefliesten Bad noch im Schlafzimmer.
    Auch das riesige Bett mit der schwarz-weißen Satinbettwäsche war unberührt.
    Joe warf einen kurzen Blick auf ein überdimensionales Aktfoto, auf dem ein muskulöser Jüngling lasziv seine Rückenansicht darbot.
    »Scheint wohl eher nicht so auf Frauen abzufahren, der Herr Schmidt.«
    Sofie nickte abwesend und schnüffelte konzentriert. Der penetrante Fäulnisgeruch war hier im Schlafzimmer deutlich schwächer.
    Also zurück ins Wohnzimmer.
    Links von der Eingangstür prangte eine aufwendig designte Küchenzeile, abgeschlossen von einer Art futuristischer Theke aus schwarzem Glas. Und ausgerechnet von diesem Hochaltar modernster Küchentechnik

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