Die kalte Spur
Zeitungsleuten gefällt«, sagte Griff, »ist, daß ihr immer alle wesentlichen Daten bringt und sie präzise mitteilt. Erzählen Sie mir noch ein bißchen mehr über diese Alice Lorton.«
»Sie meinen, über Esther Ordway, die Vermißte?«
»Nein, über Alice Lorton, die den Fall meldete.«
Bleeker schaute sein Gegenüber verblüfft an.
»Ich selbst habe mit ihr nicht gesprochen«, sagte er. »Die Reporter beschrieben sie mir als dunkelblond und hübsch - keine Schönheit, aber hübsch. Sie ist etwa vierundzwanzig Jahre alt.«
»Bitte fahren Sie fort. Ich möchte möglichst viel über sie wissen. Mir kommt es auf ein möglichst plastisches Bild von diesem Mädchen an.«
»Lassen Sie mich zuerst einiges über die Wohnung und über Esther Ordway sagen.«
»Bitte.«
»Alice Lorton sagt, diese Miss Ordway sei mysteriöserweise verschwunden, ohne ihr ein Wort zu sagen. Sie habe einen Koffer und ein paar Kleider mitgenommen. Nachdem einige Tage ohne Nachricht von ihrer Freundin verstrichen seien, habe sie, Alice Lorton, das Vermißtendezernat im Polizeipräsidium verständigt. Wir hätten uns unter normalen Umständen darum gar nicht gekümmert. Aber auf Ihren Wink hin beschäftigten wir uns mit dem Fall und stellten fest, daß Esther Ordway etwa zu dem Zeitpunkt verschwunden sein muß, als der Mord an Morton geschah. Wir schickten einen Fingerabdruck-Experten in die Wohnung. Er verschaffte sich mit einem Dietrich Zutritt und wurde von niemandem bemerkt. Von allen Stellen, wo ein Besucher Fingerabdrücke hinterlassen haben konnte, nahm der Experte Abdrücke mit - also insbesondere von Aschenbechern, Messing-Bettpfosten und Türklinken. Wir verfügen ja bei uns in der Zeitung über Mortons Fingerabdrücke. Und tatsächlich fanden sich in der Wohnung einige Abdrücke von Morton. Es besteht nicht der geringste Zweifel, daß sie von Morton stammen. Er muß in der Wohnung gewesen sein.«
»Haben Sie das der Polizei mitgeteilt?«
»Nein, wir halten das geheim, bis Sie uns empfehlen, es preiszugeben. Wir sind der Meinung daß wir momentan allein besser arbeiten können«
»Und was ist diese Miss Ordway für ein Typ?«
»Nach der Beschreibung die wir erhielten, ist sie zweiundzwanzig Jahre alt, brünett, mit dunklen Augen. Sie pflegte sich immer sehr aufzumachen und führte ein mehr oder weniger geheimnisvolles Leben. Alice Lorton sagt, daß sie nicht allzuviel über das Mädchen wisse. Sie habe nur die Wohnung mit ihr geteilt. Anscheinend war Esther Ordway stellungslos und suchte sich gerade einen neuen Job. Trotzdem hatte sie immer eine Menge Geld.«
»Die Beschreibung taugt nicht viel«, sagte Griff. »Wie steht es mit einem Foto?«
»Das ist eine komische Sache«, sagte Bleeker. »Wir können einfach kein Foto von ihr auftreiben. Anscheinend hat sie alle ihre Fotos mitgenommen. Alice Lorton behauptet, sie wisse ganz genau, daß Esther Ordway ein Album gehabt habe, in dem sich zwei Fotos von ihr befunden hätten. Außerdem habe auf ihrem Ankleidetisch ein gerahmtes Foto gestanden, aber Esther Ordway müsse diese Sachen mitgenommen haben.«
»Sieh einer an!« entgegnete Griff.
»Ja, eine merkwürdige Sache«, bemerkte Bleeker.
»Haben Sie sonst noch etwas auf Lager?« fragte Griff.
»Ja, wir haben Racine beschattet. Es war übrigens ein guter Tip, ihn zu verfolgen. Anscheinend hegte er keinerlei Verdacht, und meinen Leuten fiel es nicht schwer, sich an seine Fersen zu heften. Aber er hat uns eine Nuß zu knacken gegeben, mit der wir nicht fertigwerden. Er versucht nämlich, eine gewisse Mrs. Blanche Malone zu finden. Er schnüffelt überall in den Einwohnermeldeämtern herum und ging sogar zum Elektrizitäts- und Gaswerk, um festzustellen, ob sie dort als Kunde registriert ist.«
»Sie wissen aber nicht, wer sie ist, wie sie aussieht, welches Alter sie hat und was sonst mit ihr los ist?«
»Nein. Wir haben nur ihren Namen erfahren können. Jedenfalls ist Racine hinter einer Frau her, die so heißt.«
»Und was haben Sie mir sonst noch zu bieten?«
»Die ärztliche Untersuchung der Leiche Mortons hat ergeben, daß er am Donnerstag vermutlich kurz nach zwölf Uhr mittags ermordet wurde. Auf die Minute genau läßt es sich nicht sagen. Er hatte jedenfalls noch nicht zu Mittag gegessen. Er führte aber keinerlei Notizen mit sich, nur einen Merkblock, der in seiner Jackentasche steckte. Darauf hatte er seine Ausgaben notiert. Besonders für Taxis hatte er eine ganz beträchtliche Summe ausgegeben«
Griff kniff
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