Die Kalte Zeit
dazu.«
»Och nein, Mama, ich will endlich meinen neuen Hund sehen!«
Gesa musste über seine Aufregung lachen. »Komm jetzt!«
Sie stiegen aus, liefen die paar Meter bis zum ‚Haus der Geschenke’ und traten ein.
Die Inhaberin, Gesa kannte sie flüchtig, stand mit einer Kundin vor einem Regal, in dem edle Stoffservietten und Tischdecken lagen. Die Kundin, groß und mit langem braunen Haar, hatte zwei Mädchen dabei, denen man ansah, dass sie Schwestern waren. Beide hatten die grünen Augen ihrer Mutter und sahen Gesa und Felix neugierig an.
»Guten Tag.« Die Inhaberin lächelte Gesa zu, wandte sich dann an die Braunhaarige. »Frau Schäffer, möchten Sie einen Moment überlegen? Dann bediene ich kurz diese Kundin hier.«
»Ja natürlich, gern.«
Gesa hatte aufgehorcht. Die Frau hieß Schäffer? Wie Lars? Das war kein häufiger Name hier in der Gegend.
Gesa hob die Hand. »Nein, nein. Ich will Sie nicht unterbrechen. Ich suche ein Geschenk, und möchte mich sowieso erstmal umsehen.«
»Mama!« Felix zerrte an ihrem Arm. »Du hast gesagt, es geht schnell.« Gesa warf ihm einen drohenden Blick zu.
Felix zuckte die Schultern und schlenderte zu einem Sonderaufsteller mit Weihnachtsmännern aus Filz. »Mama, kaufst du mir so einen?«
»Ich suche ein Geschenk für Oma.«
Sie ließ den Blick über die liebevoll dekorierten Regale schweifen. Ganz unten lagen die Tischsets, die sie schon vor einigen Wochen für Anna ins Auge gefasst hatte. Sie strich mit der Hand über das angenehm glatte Material und drehte das Schildchen um. Der Preis war in Ordnung, sechs Stück waren auch vorrätig. Eigentlich war sie hier fertig. Doch sie tat so, als sei sie noch nicht fündig geworden, nahm hier etwas in die Hand, las da eine Aufschrift auf einer Verpackung, ohne die Gegenstände wahrzunehmen. Ihre Ohren waren in Richtung der beiden Frauen gespitzt, die sich unterhielten.
»Der Esstisch meiner Schwiegermutter ist oval.« Die Braunhaarige beschrieb mit den Händen einen Bogen.
»Ja, oval ist immer schwierig«, gab die Inhaberin zurück und zog eine der unteren Tischdecken hervor. »Die hier könnte aber gut passen. Oder diese, die hellblaue.«
»Na, ich weiß nicht, ob hellblau ihre Farbe ist.« Die Braunhaarige zögerte, dann nahm sie die zweite Tischdecke entgegen und befühlte den Stoff zwischen Daumen und Zeigefinger.
»Nehmen Sie doch beide mit und zeigen Sie sie ihr. Ihre Schwiegermutter soll in Ruhe überlegen. Und wenn beide nicht gefallen, dann kommen Sie noch mal her und wir überlegen uns was Neues.“
»Meinen Sie wirklich, das ginge?«
»Kein Problem, Frau Schäffer. Das machen wir gern.« Die Inhaberin lächelte. »Ich kenne doch Ihren Mann von früher. Wohnt die Mutter denn immer noch in der Matthiasstraße?«
Kein Zweifel, das war Lars’ Frau Karoline. Gesa betrachtete ein Bündel Weidenzweige, in dem überall kleine Lichter blinkten. Ein Preisschild hing an einem Fädchen. Sie drehte es um, ohne es zu sehen.
Die Inhaberin packte die Tischdecken in eine Papiertüte. Karoline Schäffer nahm sie entgegen. »Danke. Ich melde mich in den nächsten Tagen.«
»Lassen Sie sich Zeit. Auf Wiedersehen.«
Im Hinausgehen begegneten sich Gesas und Karoline Schäffers Blicke. Gesa lächelte. Lars’ Frau zog den Gürtel ihres Trenchcoats enger um die Taille und schob ihre Töchter aus der Tür. »Auf Wiedersehen«, sagte sie freundlich.
Wenig später ging Gesa zu ihrem Auto und legte die Tüte mit den Tischsets auf den Rücksitz. Das Weidenzweigbündel hatte sie auch noch gekauft, obwohl sie keine Idee hatte, wohin sie es stellen wollte. Sie blickte sich um. Karoline Schäffer und die Mädchen liefen in Richtung Rathausbrunnen, bogen dann nach rechts ab zur Kirche und verschwanden.
Gesa ließ Felix einsteigen. Sie setzte sich auf den Fahrersitz. Jemand hatte ihren Außenspiegel verbogen. Er war nach innen gedrückt, sie konnte ihr Gesicht darin sehen, blass und ungeschminkt, nicht mal Lippenstift hatte sie aufgelegt. Normalerweise war es ihr egal, wie andere ihr Äußeres beurteilten, aber es war demütigend, dass Karoline Schäffer sie so gesehen hatte. Was für ein dummer Gedanke! Lars’ Frau wusste ja gar nicht, wer Gesa war. Sonst hätte sie genauer hingesehen. Das also war die Jugendliebe ihres Mannes? Sie wäre neugierig gewesen, aber auch ganz beruhigt: Da hatte sich Lars mit ihr ja beträchtlich verbessert!
Gesa startete und verließ den Ortskern von Büttgen. Links der Landstraße lag eine von
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