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Die Kalte Zeit

Die Kalte Zeit

Titel: Die Kalte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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siebzehnten Dezember, gegen Mitternacht?«
    Rocco rieb hektisch an seiner Nase herum. »Am Donnerstag? Um Mitternacht?«
    »Sind Sie taub?«
    »Ich war zuhause. Hab bestimmt schon geschlafen.«
    »Kann Ihr Vater das bezeugen?«, fragte Zagrosek.
    »Weiß nicht.« Rocco sah verunsichert aus. »Er geht immer total früh ins Bett. Und er schläft unten, zur Gartenseite raus.«
    »Das Opfer hat Ihren Ohrring beschrieben«, sagte Kleinschmidt. »Dazu kommt, dass Sie mit dem Mann, dem der Überfall galt, verfeindet sind. Es ist Wolf Hendricks.«
    Nun kam Rocco in Fahrt. »Der Sauhund!« Er kniff die Augen zusammen. »Das hat er sich ausgedacht. Er will mich da in was reinreiten.« Als Kleinschmidt nicht reagierte, rief er: »Das ist doch Schwachsinn. Das glauben Sie ihm doch nicht?«
    »Wer hat es auf die Säcke abgesehen? Wer sind die Männer da drin?«
    »Das weiß ich doch nicht!«
    »Kennen Sie jemanden aus Georgien? Einen Mann, der Guram heißt?«
    Rocco schüttelte den Kopf. »Nein. Mein Vater vielleicht. Der war früher oft im Kaukasus.«
    Zagrosek tauschte einen Blick mit Kleinschmidt. »Na gut. Dann schauen wir mal nach, wen Sie da eingefangen haben.«
     
    Wolf rannte los bis zu seiner eigenen Halle. Dort stand der Traktor mit der Tiefenfräse geparkt. Er startete den Motor und fuhr mit Vollgas zu Schäffers reglosem Körper. Wolf sprang vom Führerstand und hievte den Polizisten hoch. Schäffer wog vielleicht dreißig Kilo weniger als er selbst, trotzdem war er in diesem schlaffen Zustand unglaublich schwer. Wolf nahm seine ganze Kraft zusammen. Er musste sich beeilen. Er zog Schäfer hoch in den Stand, kippte ihn über seine Schulter und trug ihn zur Fräse. Er legte ihn über die stählernen Querverstrebungen, an denen die Stahlmesser montiert waren. Nun, im inaktiven Zustand, schwebten sie einen halben Meter über der Erde. Schäffers Kopf schlug gegen eine der Stangen, doch er rührte sich nicht.
    Wolf fuhr los. Je näher er seinem eigenen Hof kam, desto mehr drosselte er die Geschwindigkeit, bis der Dieselmotor nur noch leise tuckerte. Er fuhr einen Bogen um das Anwesen.
    Endlich erreichte Wolf das Feld. Hier hatten Gesas siebenjährige Tannen gestanden. Weihnachtsbäume ohne Spitzen. Der albernste Anblick, den Wolf sich vorstellen konnte. Hier würde sein Spargel wachsen, hier hatte er gerodet und schon einen Großteil der Fläche gefräst. Den Rest würde er jetzt erledigen. Im Westen glühte ein roter Streifen am Horizont. ‚Christkind backt Plätzchen’ hatte seine Mutter immer gesagt. Noch konnte Wolf etwas sehen, aber er musste sich beeilen, bald würde es stockfinster sein.
    Wolf stoppte den Traktor, sprang zu Boden. Er zog Schäffer von den Querverstrebungen und ließ ihn zwischen die Baumstümpfe fallen. Die Fräse würde ein paar Meter Anlauf brauchen, bis die Rotoren warm gelaufen waren. Er stieg auf und legte den Rückwärtsgang ein. Zehn Meter Abstand mussten reichen. Schäffer lag quer zur Fräsrichtung, so hatten die Messer die beste Angriffsfläche. Er warf den Motor an und brachte die Rotoren in ihre Arbeitsposition am Boden, stellte die höchste Drehzahl ein. Der Motor dröhnte, die Messer griffen in den Boden. Baumstümpfe zerknackten wie Streichhölzer. Er kam einen Meter voran, zwei Meter. Auf einmal ein Schlag! Der Antrieb blockierte. Wolf fluchte und sprang vom Traktor. Er war so kurz vor dem Ziel! Er musste es schaffen. Ein Stein, groß wie eine Männerfaust, klemmte zwischen den Messern und legte die Rotoren lahm. Wolf kletterte wieder auf den Führerstand und rollte ein kleines Stück zurück. Die Rotoren ruckten nur kurz, blockierten wieder. Verdammter Stein! Wolf lief umher und suchte einen zweiten großen Stein und hieb mit aller Kraft auf den festgeklemmten ein, bis er zu Boden krachte. Die Rotoren waren frei. Hatte Lars Schäffer gerade den Kopf bewegt? Es lagen noch acht Meter zwischen ihm und den Messern.
     
    *
     
    Zagrosek nahm Rocco Graupner den Schlüsselbund aus der Hand. »Welcher ist es?«
    »Der rote.«
    Sie zogen die Dienstwaffen, Zagrosek schloss auf und stieß sie Tür mit dem Fuß auf. »Hier ist die Polizei. Kommen Sie mit erhobenen Händen raus.«
    Nichts rührte sich.
    »Wo geht das Licht an?«, fragte Zagrosek.
    »Rechts in dem Kasten, der erste Schalter«, sagte Rocco.
    Das Deckenlicht sprang an.
    »Polizei. Kommen Sie raus!«
    Ein paar Sekunden verstrichen, ohne dass sich etwas bewegte. Dann traten zwei Männer mit erhobenen Händen hinter den Säcken

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