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Die Kameliendame

Die Kameliendame

Titel: Die Kameliendame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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was er wollte. Ich leistete keinerlei Widerstand, denn ich brauchte wahre Zuneigung, um wieder Lebenskraft zu schöpfen nach allem, was vorgefallen war. Ich war sehr glücklich, daß mein Vater sich mühte, meinen großen Kummer zu lindern.
Ich erinnere mich, daß er mich an diesem selben Tage noch um fünf Uhr in die Postkutsche setzte. Ohne mir etwas zu sagen, hatte er meine Koffer packen und mit seinen eigenen hinten aufschnallen lassen.
Ich wußte nicht, was ich tun sollte, als die Stadt in unserem Rücken blieb. Die leeren Straßen brachten mir mein vereinsamtes Herz zum Bewußtsein. Ich mußte weinen.
Mein Vater sah ein, daß Worte, auch von ihm, mich nicht trösten konnten. Er ließ meinen Tränen freien Lauf und drückte mir nur dann und wann die Hand, um mich daran zu erinnern, daß ein Freund neben mir saß. Nachts schlief ich ein wenig. Ich träumte von Marguerite, bis ich jäh erwachte und nicht wußte, warum ich in einem Wagen saß.
Dann erinnerte ich mich an alles und ließ den Kopf auf meine Brust sinken.
Ich wagte nicht, mit meinem Vater zu sprechen. Ich fürchtete, er würde mir sagen:
Jetzt siehst du, daß ich recht hatte, der Liebe dieser Frau keinen Wert beizumessen.'
Aber wir kamen nach C..., und er hatte unterwegs nur über nebensächliche Dinge gesprochen, die in keinem Zusammenhang mit den letzten Ereignissen standen. Als ich meine Schwester küßte, erinnerte ich mich an das, was Marguerite über sie in ihrem Brief geschrieben hatte. Gleichzeitig wußte ich aber, daß ihre schwesterliche Liebe, so groß sie auch sein mochte, mir nicht helfen konnte, meine Geliebte zu vergessen.
Die Herbstjagden hatten begonnen. Mein Vater erhoffte sich davon einige Ablenkung für mich. Er veranstaltete also Jagdpartien mit Nachbarn und Freunden. Ich begleitete ihn zwar stets, aber ohne Begeisterung und mit jener Teilnahmslosigkeit, die allen meinen Handlungen eigen war. Einmal, bei einer Treibjagd, wies man mir meinen Platz zu. Ich legte mein gesichertes Gewehr neben mich und träumte vor mich hin. Ich blickte den vorüberziehenden Wolken nach und ließ meinen Gedanken freien Lauf. Ab und zu wurde ich von anderen Jägern angerufen. Sie deuteten auf Hasen, die, ohne daß ich es bemerkte, auf zehn Schritte an mich herangekommen waren. Keine dieser Einzelheiten entging meinem Vater. Er ließ sich durch meine äußere Ruhe nicht täuschen. Er wußte sehr wohl, wie niedergeschlagen ich war und wie mein Herz blutete. Er tat alles mögliche zu meiner Zerstreuung, ohne den Anschein zu erwecken, er wolle mich dadurch trösten.
Meine Schwester wußte natürlich nichts Genaues über die Ereignisse. Sie konnte sich also nicht erklären, weshalb ich, früher heiter und unbeschwert, jetzt plötzlich so abwesend und traurig war.
Manchmal wurde ich durch einen beunruhigten Blick meines Vaters aus meinen Träumen geweckt. Dann reichte ich ihm die Hand, drückte sie wortlos und versuchte, ihn dadurch stumm um Verzeihung zu bitten wegen des Kummers, den ich ihm trotz aller Bemühungen bereitete. Auf diese Weise verstrich ein Monat, der mir unerträglich lang vorkam. Die Erinnerung an Marguerite verfolgte mich beständig. Ich hatte diese Frau zu sehr geliebt und liebte sie noch immer viel zu heftig, als daß sie mir mit einem Male hätte gleichgültig werden können.
Durfte ich sie nicht lieben, so müßte ich sie hassen können. Deshalb mußte ich über meine Gefühle für sie Klarheit gewinnen, und das sogleich.
Dieser Wunsch beherrschte mich so plötzlich und wurde so stark, wie es einem angegriffenen Körper nur möglich ist. Nicht in unbestimmter Zukunft, in einem Monat, in acht Tagen, nein morgen, ja noch heute mußte es sein. Ich eilte zu meinem Vater und sagte ihm, ich müßte in dringenden Angelegenheiten nach Paris, würde aber baldmöglichst wieder zurückkommen.
Er ahnte sicher die Ursache meiner Abreise. Aber er sah auch, daß es schwerwiegende Folgen haben könnte, wenn ich mein Vorhaben nicht ausführte. Er küßte mich und bat mich, mit Tränen in den Augen, bald wieder bei ihm zu sein. Ich schlief nicht, bis ich in Paris war. Als ich dort ankam, war mir selbst nicht klar, was ich tun sollte.
Ich wußte nur, daß es sich um Marguerite handelte. Ich ging in meine Wohnung und zog mich um. Da das Wetter schön war und der Zeitpunkt noch günstig, begab ich mich auf die Champs-Elysées. Kurz darauf sah ich von weitem, vom Rond-Point zur Place de la Concorde, den Wagen Marguerites fahren.
Offenbar hatte sie ihre

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