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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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hin. Er stapelte sie auf dem Tisch, Dutzende von Büchern, dann vergrub er sich zwischen den Stapeln.
19
    D ie wogenden Weizenfelder erstreckten sich meilenweit und stiegen dann an den Ausläufern des Gebirges an. In der Ferne begrenzten die majestätischen Berge das Farmland. In einem breiten Tal oberhalb der Felder, mit einer weiten Aussicht nach vorn und den Bergen als Barriere im Hintergrund, lag auf einer Fläche von mehr als hundert Morgen das Nazi-Camp. Seine Stacheldrahtzäune waren mit Hecken und Unterholz getarnt. Auch seine Schießstände und Exerzierplätze waren so getarnt, daß sie aus der Luft nicht zu erkennen waren. Nur zwei harmlos aussehende Blockhäuser waren zu sehen, und wenn man sie von außen betrachtete, sahen sie aus wie Anglerhütten. Aber unter ihnen, tief in den Bergen, führten zwei Schächte mit Fahrstühlen in ein Labyrinth aus natürlichen und von Menschen geschaffenen Höhlen hinab. Breite Tunnel, groß genug für Golfkarren, erstreckten sich in alle Richtungen und verbanden ein Dutzend verschiedener Räume. In einem von ihnen stand eine Druckmaschine. In zweien lagerten Waffen und Munition. Drei große dienten als Wohnräume. Einer beherbergte eine kleine Bibliothek. Der größte Raum, eine zwölf Meter hohe Höhle, bildete das Zentrum, in dem sich die Mitglieder zu Ansprachen, Filmvorführungen und Appellen versammelten.
    Es war eine erstklassige Anlage, mit Satellitenschüsseln, die Nachrichten aus aller Welt auffingen, Computern, die mit anderen Camps verbunden waren und für schnellen Informationsfluß sorgten, mit Fax-Geräten, Mobiltelefonen und allen modernen elektronischen Anlagen, die es nur irgend gab.
    Nicht weniger als zehn Zeitungen trafen täglich in dem Camp ein und stapelten sich auf einem Tisch in einem Raum neben der Bibliothek, wo sie zuerst von einem Mann namens Roland gelesen wurden. Er hielt sich fast ständig im Camp auf, ebenso wie mehrere andere Mitglieder, die die Anlage überwachten. Wenn die Zeitungen aus der Stadt eintrafen, in der Regel gegen neun Uhr morgens, goß Roland sich einen großen Becher Kaffee ein und fing an zu lesen. Das war für ihn keine unangenehme Aufgabe. Er war viel in der Welt herumgekommen, sprach vier Sprachen und hatte einen unstillbaren Wissensdurst. Wenn ein Bericht seine Aufmerksamkeit erregte, strich er ihn an. Später würde er eine Kopie davon machen und sie in die ComputerAbteilung geben.
    Seine Interessen waren vielseitig. Die Sportberichte überflog er nur, und die Kleinanzeigen las er nie. Mode, Lebensstil, Wohnen, Klatsch und ähnliche Themen erregten kaum sein Interesse. Er sammelte Berichte über Gruppen wie die seine Arier, Nazis, den Ku-Klux-Klan. In jüngster Zeit hatte er viele Berichte aus Deutschland und Osteuropa angestrichen; das neuerliche Aufkommen des Faschismus in diesen Ländern bereitete ihm einige Genugtuung. Er sprach fließend Deutsch und verbrachte jährlich mindestens einen Monat in Deutschland. Er behielt die Politiker im Auge, mit ihrer tiefen Betroffenheit über aus Haß begangene Verbrechen und ihrem Bestreben, die Rechte von Gruppen wie seiner zu beschneiden. Er behielt das Oberste Bundesgericht im Auge. Er verfolgte die Prozesse gegen Skinheads in den Vereinigten Staaten. Er verfolgte die Nachstellungen, denen der Ku-Klux-Klan ausgesetzt war.
    Normalerweise verbrachte er jeden Vormittag zwei Stunden mit der Lektüre der neuesten Nachrichten und der Entscheidung darüber, welche Artikel als künftiges Nachschlagematerial gespeichert werden sollten. Es war Routine, aber er genoß sie ungemein.
    An diesem speziellen Morgen lagen die Dinge etwas anders. Das erste Anzeichen für Probleme war ein Foto von Sam Cayhall im Nachrichtenteil einer Tageszeitung aus San Francisco. Der Bericht umfaßte nur drei Absätze, reichte aber aus, um die brandheiße Neuigkeit zu verkünden, daß der älteste Insasse eines Todestraktes in Amerika jetzt von seinem Enkel vertreten wurde. Roland las ihn dreimal, dann strich er ihn zur Aufbewahrung an. Eine Stunde später hatte er dieselbe Geschichte fünf- oder sechsmal gelesen.
    Zwei Zeitungen brachten den Schnappschuß von Adam Hall, den die Memphis Press am Tag zuvor auf der Titelseite abgedruckt hatte.
    Roland hatte den Fall Sam Cayhall über viele Jahre hinweg verfolgt, und zwar aus verschiedenen Gründen. Erstens war es genau die Art von Fall, für die sich ihre Computer interessierten - ein alternder Klan-Terrorist aus den Sechzigern, der in einer Todeszelle

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