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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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schüttelte sie vehement. Seine Unterarme waren muskulös, und sein Bizeps wölbte sich sichtbar. »Ja, Sir«, dröhnte er. »Was kann ich für Sie tun?«
    Glücklicherweise war der Anleger menschenleer bis auf Ron, der sich außer Sichtweite befand, aber in seinem Zimmer geräuschvoll mit irgendeinem Werkzeug hantierte. Adam mußte einen Moment der Unsicherheit überwinden, dann sagte er: »Also, ich bin Anwalt, und ich vertrete Sam Cayhall.«
    Das Lächeln wuchs und entblößte zwei Reihen von kräftigen gelben Zähnen. »Dann steht Ihnen ja einiges bevor«, sagte er mit einem Auflachen und schlug Adam auf den Rücken.
    »Vermutlich«, sagte Adam nervös und wartete auf eine weitere Attacke. »Ich würde gern mit Ihnen über Sam reden.«
    Lettner war plötzlich ernst. Er strich sich mit einer fleischigen Hand übers Kinn und musterte Adam mit schmalen Augen. »Hab's in der Zeitung gelesen, Söhnchen. Ich weiß, daß Sam Ihr Großvater ist. Muß hart sein für Sie. Und es wird noch härter werden.« Dann lächelte er wieder. »Und für Sam auch.« Seine Augen funkelten, als hätte er gerade einen tollen Witz gemacht und erwartete nun, daß sich Adam vor Lachen bog.
    Adam war der Witz entgangen. »Sam hat nicht einmal mehr einen Monat«, sagte er, sicher, daß Lettner auch gelesen hatte, wann die Hinrichtung stattfinden sollte.
    Plötzlich lag eine schwere Hand auf Adams Schulter und schob ihn in Richtung des Ladens. »Kommen Sie mit hier hinein. Dann können wir über Sam reden. Wollen Sie ein Bier?«
    »Nein, danke.« Sie betraten einen schmalen Raum, in dem Angelgerät an Wänden und Decke hing, mit wackligen Regalen voller Eßwaren - Crackers, Sardinen, Würstchen in Dosen, Brot, Dosen mit Fleisch und Bohnen, Kuchen - allem, was man für einen Tag auf dem Fluß brauchte. In einer Ecke stand ein mit Soft Drinks gefüllter Kühlschrank.
    »Setzen Sie sich«, sagte Lettner und deutete auf eine Ecke in der Nähe der Kasse. Adam ließ sich auf einem wackligen Holzstuhl nieder, während Lettner in einer Eisbox wühlte und eine Flasche Bier zutage förderte. »Sind Sie sicher, daß Sie nicht auch eins möchten?«
    »Vielleicht später.« Es war fast fünf Uhr. Er schraubte den Deckel ab, leerte die Flasche mit dem ersten Schluck zu mindestens einem Drittel, schmatzte und setzte sich dann auf einen abgenutzten, offenbar irgendwo ausgebauten Kapitänsstuhl. »Wollen sie dem alten Sam nun schließlich doch ans Leder?« fragte er. »Sie geben sich alle Mühe.«
    »Wie stehen die Chancen?«
    »Nicht gut. Wir haben die übliche Kollektion von Eingaben in letzter Minute, aber die Uhr tickt.«
    »Sam ist kein schlechter Kerl«, sagte Lettner mit einem Anflug von Bedauern, den er mit einem weiteren großen Schluck hinunterspülte. Der Boden quietschte leise, als sich der Ponton mit dem Fluß bewegte.
    »Wie lange waren Sie in Mississippi?« fragte Adam.
    »Fünf Jahre. Hoover hatte mich dort eingesetzt, nachdem drei Bürgerrechtler verschwunden waren. Neunzehnvierundsechzig. Wir bildeten eine Spezialeinheit und machten uns an die Arbeit. Nach Kramer ging dem Klan sozusagen der Sprit aus.«
    »Und was war Ihre Aufgabe?«
    »Mr. Hoover hatte sich sehr deutlich ausgedrückt. Ich hatte Weisung, den Klan zu infiltrieren, ohne Rücksicht auf Verluste. Er wollte, daß ihm das Handwerk gelegt wurde. Um ehrlich zu sein, wir kamen in Mississippi nur sehr langsam voran. Dafür gab es eine Menge Gründe. Hoover haßte die Kennedys, und sie bedrängten ihn, also verschleppte er die Sache. Aber als diese drei Leute verschwanden, legten wir los. Neunzehnvierundsechzig war ein scheußliches Jahr in Mississippi.«
    »In dem Jahr bin ich geboren.«
    »Ja, in der Zeitung stand, daß Sie in Clanton geboren sind.«
    Adam nickte. »Ich habe es sehr lange nicht gewußt. Meine Eltern haben mir erzählt, ich wäre in Memphis geboren.«
    Die Türglocke läutete, und Ron betrat den Laden. Er sah sie an, dann betrachtete er die Crackers und die Sardinen. Sie beobachteten ihn und warteten. Er warf einen Blick auf Adam, als wollte er sagen: »Redet nur weiter. Ich höre nicht zu.«
    »Was willst du?« fuhr Lettner ihn an.
    Er griff mit seiner schmutzigen Hand nach einer Dose Wiener Würstchen und zeigte sie ihnen. Lettner nickte und deutete auf die Tür. Ron schlenderte darauf zu und betrachtete unterwegs die Kuchen und die Kartoffelchips.
    »Er ist fürchterlich neugierig«, sagte Lettner, nachdem er gegangen war. »Ich habe ein paarmal mit Garner Goodman

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