Die Kammer
geöffnet und gesehen, daß es Dynamit war. Am nächsten Tag hörte er, daß es wieder einen Bombenanschlag gegeben hatte. Er wußte, daß das FBI Dogan nicht aus den Augen ließ, also hielt er es für angebracht, es uns zu sagen. Dogans Helfer war ein Klansmann, der Virgil hieß und gleichfalls für ihn arbeitete. Also statteten wir Virgil einen Besuch ab. Ich klopfte eines Nachts gegen drei Uhr an seine Tür, hämmerte dagegen, wie wir es damals immer gemacht haben, und es dauerte nicht lange, bis er das Licht einschaltete und auf die Veranda herauskam. Ich hatte ungefähr acht Agenten bei mir, und wir hielten Virgil unsere Ausweise unter die Nase. Er hatte eine Heidenangst. Ich sagte ihm, wir wüßten, daß er am Vorabend das Dynamit nach Jackson gebracht hatte, und daß ihm dreißig Jahre bevorstünden. Man konnte hören, wie seine Frau hinter der Fliegentür weinte. Virgil zitterte und war nahe daran, gleichfalls zu weinen. Ich ließ meine Karte zurück mit der Anweisung, mich noch vor Mittag des gleichen Tages anzurufen, und ich drohte ihm für den Fall, daß er Dogan oder sonst jemanden informierte. Ich sagte ihm, wir würden ihn rund um die Uhr überwachen.
Ich bezweifle, daß Virgil wieder ins Bett ging. Seine Augen waren rot und verquollen, als er ein paar Stunden später bei mir aufkreuzte. Wir wurden Freunde. Er sagte, die Anschläge wären nicht das Werk von Dogans gewöhnlichem Trupp. Er wußte nicht viel, aber er hatte genug von Dogan gehört, um anzunehmen, daß der Attentäter ein sehr junger Mann aus einem anderen Staat war. Dieser Kerl war aus dem Nirgendwo aufgetaucht und sollte sehr gut sein im Umgang mit Sprengstoff. Dogan wählte die Opfer aus, plante die Anschläge und rief dann diesen Mann an, der sich in die jeweilige Stadt schlich, den Anschlag ausführte und danach wieder verschwand.«
»Haben Sie ihm geglaubt?«
»Das meiste. Es war einleuchtend. Es mußte jemand Neues sein, weil wir den Klan mit Informanten regelrecht durchsiebt hatten. Wir wußten praktisch über jeden Schritt Bescheid, den sie taten.«
»Was ist aus Virgil geworden?«
»Ich verbrachte einige Zeit mit ihm, gab ihm ein bißchen Geld, Sie wissen schon, die übliche Routine. Sie wollten immer Geld. Schließlich war ich überzeugt, daß er keine Ahnung hatte, wer die Bomben legte. Er hätte nie zugegeben, daß er beteiligt gewesen war, daß er die Wagen und das Dynamit überbracht hatte, und wir setzten ihm nicht zu. Wir waren nicht hinter ihm her.«
»War er an der Kramer-Sache beteiligt?«
»Nein. Dafür hatte Dogan jemand anderen benutzt. Dogan schien einen sechsten Sinn dafür zu haben, wann er Verwirrung stiften und die Routine ändern mußte.«
»Das, was Virgil über den Attentäter sagte, hört sich aber ganz und gar nicht nach Sam Cayhall an, oder?«
»Nein.«
»Und Sie hatten keine Verdächtigen?«
»Nein.«
»Heraus mit der Sprache, Wyn. Sie müssen doch irgendwelche Anhaltspunkte gehabt haben.«
»Ich schwöre es, wir harten keine. Kurz nachdem wir miteinander gesprochen hatten, wurde die Bombe bei Kramer gelegt, und alles war vorbei. Wenn Sam einen Komplizen gehabt hat, dann hat dieser Komplize sich aus dem Staub gemacht.«
»Und das FBI hat auch hinterher nichts herausbekommen?«
»Absolut nichts. Wir hatten Sam, der überaus schuldig roch und auch so aussah.«
»Und ihr wolltet natürlich den Fall so schnell wie möglich abschließen.«
»Stimmt. Und die Anschläge hörten auf. Nach Sams Verhaftung wurden keine Bomben mehr gelegt, vergessen Sie das nicht. Wir hatten unseren Mann. Mr. Hoover war glücklich. Die Juden waren glücklich. Der Präsident war glücklich. Dann konnten sie ihn vierzehn Jahre lang nicht verurteilen, aber das ist eine andere Geschichte. Alle waren erleichtert, als die Bombenanschläge aufhörten.«
»Und weshalb hat Dogan den wirklichen Attentäter nicht verpfiffen, als er Sam verpfiff?«
Sie waren die Uferböschung hinuntergegangen und standen jetzt nur ein paar Zentimeter oberhalb des Wassers, nicht weit von Adams Wagen entfernt. Lettner räusperte sich und spuckte ins Wasser. »Würden Sie gegen einen Terroristen aussagen, der frei herumläuft?«
Adam dachte eine Sekunde lang nach. Lettner lächelte, ließ seine großen gelben Zähne sehen, dann kicherte er und machte sich auf den Weg zu seinem Ponton. »Lassen Sie uns ein Bier trinken.«
»Nein, danke. Ich muß los.«
Lettner blieb stehen, und sie gaben sich die Hand und versprachen, daß sie sich wiedersehen
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