Die Kammer
also mußte sein Anwalt zusehen, daß er das Beste daraus machte.
Irgendwo schlug eine schwere Tür zu, und Adam fuhr zusammen. Der Gerichtsdiener erschien hinter dem Podium und verkündete, daß das Ehrenwerte Gericht jetzt tagte. Ihm folgten drei Gestalten in wogenden schwarzen Talaren - McNeely, Robichaux und Judy, alle mit Akten beladen; Humor und guter Wille schienen ihnen völlig abzugehen. Sie ließen sich auf ihren massigen Lederstühlen auf dem dunklen, mit Eiche vertäfelten Podium nieder und blickten auf den Gerichtssaal herab. Der Fall Mississippi gegen Sam Cayhall wurde aufgerufen, und die Anwälte wurden aus dem Hintergrund herbeibeordert. Adam ging nervös durch die Schwingtür der Schranke, und Steve Roxburgh folgte ihm. Die Gehilfen des Justizministers blieben auf ihren Plätzen, ebenso Lucas Mann und eine Handvoll Zuschauer. Die meisten von ihnen waren, wie Adam später erfuhr, Reporter.
Vorsitzender Richter war Judy, die Ehrenwerte T. Eileen Judy, eine junge Frau aus Texas. Robichaux stammte aus Louisiana und war Ende Fünfzig. McNeely sah aus wie hundertzwanzig und kam gleichfalls aus Texas. Judy gab eine kurze Zusammenfassung des Falls, dann fragte sie Mr. Adam Hall aus Chicago, ob er bereit sei, zu plädieren. Er erhob sich nervös. Seine Knie fühlten sich an, als wären sie aus Gummi, seine Eingeweide grummelten, und seine Stimme war schrill und nervös, als er sagte, ja, er wäre bereit. Er schaffte es bis zum Podium im Zentrum des Saals und schaute hinauf, sehr hoch hinauf, wie es ihm schien, zu dem Gremium der drei Richter.
Das grüne Licht neben ihm leuchtete auf, und er nahm zu Recht an, daß er anfangen sollte. Im Saal war es ganz still. Die Richter schauten auf ihn herab. Er räusperte sich, warf einen Blick auf die Porträts der toten Richter an der Wand und stürzte sich dann in eine heftige Attacke gegen die Gaskammer als Hinrichtungsinstrument.
Er vermied Blickkontakt mit den drei Richtern, und ungefähr fünf Minuten lang wurde ihm gestattet, das zu wiederholen, was er bereits in seiner Klage vorgebracht hatte. Es war kurz nach dem Lunch, in der Hitze des Sommers, und die Richter brauchten ein paar Minuten, um die Spinnweben abzuschütteln.
»Mr. Hall, mir scheint, Sie wiederholen lediglich, was Sie bereits in Ihrem Schriftsatz ausgeführt haben«, sagte Judy gereizt. »Wir sind durchaus imstande zu lesen, Mr. Hall.«
Mr. Hall nahm es gelassen hin und dachte bei sich, daß dies seine zwanzig Minuten waren, und falls er in der Nase bohren und das Alphabet herunterrasseln wollte, mußte ihm auch das gestattet werden. Zwanzig Minuten lang. Trotz seiner Unerfahrenheit hatte Adam diese Bemerkung eines Berufungsrichters schon einmal gehört. Das war während seiner Studentenzeit gewesen. Es war eine Standardbemerkung bei einer mündlichen Verhandlung.
»Ja, Euer Ehren«, sagte Adam, ganz bewußt jede Anspielung auf ihr Geschlecht vermeidend. Dann ging er dazu über, die Auswirkungen von Zyanidgas auf Laborratten zu beschreiben, eine Untersuchung, die er in seinem Schriftsatz nicht angeführt hatte. Die Experimente waren ein Jahr zuvor von schwedischen Chemikern angestellt worden, die damit beweisen wollten, daß Menschen nicht auf der Stelle sterben, wenn sie das Gift einatmen. Sie waren von einer europäischen Organisation finanziert worden, deren Ziel die Abschaffung der Todesstrafe in Amerika war.
Die Ratten verfielen in heftige Krampfanfälle. Mehrere Minuten lang setzten ihre Herzen und Lungen erratisch aus und wieder ein. Das Gas brachte Blutgefäße überall in ihrem Körper, einschließlich im Gehirn, zum Platzen. Ihre Muskeln zuckten unkontrollierbar. Sie speichelten und quiekten.
Die Untersuchung gelangte zu dem eindeutigen Ergebnis, daß die Ratten nicht schnell starben, sondern erheblich leiden mußten. Die Tests wurden mit wissenschaftlicher Akribie durchgeführt. Die kleinen Tiere erhielten angemessene Dosen. Im Durchschnitt dauerte es fast zehn Minuten, bis der Tod eintrat. Adam mühte sich mit den Details ab, und während er seinen Bericht lieferte, beruhigten sich seine Nerven ein wenig. Die Richter hörten nicht nur zu, sondern schienen den Vortrag über sterbende Ratten sogar zu genießen.
Adam hatte die Untersuchung in einer Fußnote zu einem neueren Fall in North Carolina gefunden. Sie war klein gedruckt gewesen und hatte keine weite Verbreitung gefunden.
»Also, damit ich Sie recht verstehe«, unterbrach Robichaux mit ziemlich schriller Stimme. »Sie
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