Die Kammer
wird, fauner noch ungefähr fünfzig zu fünfzig. Vor ein paar Jahren waren wir mit Stockholm Turner ganz nahe dran. Zwei Wochen vor dem Hinrichtungstermin sah die Sache völlig sicher aus. Eine Woche vor dem Termin gab es schlechthin nichts mehr, was er hätte unternehmen können. Er hatte einen guten Anwalt, aber alle juristischen Möglichkeiten waren erschöpft. Er bekam seine Henkersmahlzeit und...«
»Und Besuch von zwei Prostituierten.«
»Woher wissen Sie das?«
»Sam hat mir die ganze Geschichte erzählt.«
»Sie ist wahr. Die Hinrichtung wurde in letzter Minute aufgeschoben, und jetzt ist er Jahre von der Gaskammer entfernt. Man kann nie wissen.«
»Und rein instinktiv? Was haben Sie da für ein Gefühl?«
Mann trank einen großen Schluck Bier und lehnte sich zurück, während zwei große Teller mit Garnelen in Remouladensauce vor sie hingestellt wurden. »Wenn es um eine Hinrichtung geht, habe ich gar kein Gefühl. Alles ist möglich. Machen Sie einfach weiter eine Eingabe nach der anderen. Es wird ein Marathonlauf. Sie können nicht aufgeben. Der Anwalt von Jumbo Parris ist zwölf Stunden vor der Hinrichtung zusammengebrochen und lag im Krankenhaus, als sein Mandant hingerichtet wurde.«
Adam kaute auf einer Garnele herum und spülte sie mit Bier hinunter. »Der Gouverneur will, daß ich mit ihm rede. Sollte ich?«
»Was will Ihr Mandant?«
»Was glauben Sie? Er haßt den Gouverneur. Er hat mir verboten, mit ihm zu reden.«
»Sie müssen einen Antrag auf Begnadigung stellen. Das ist Routine.«
»Wie gut kennen Sie McAllister?«
»Nicht sehr gut. Er ist durch und durch Politiker und überaus ehrgeizig, und ich würde ihm keine Minute trauen. Aber er hat die Macht, eine Begnadigung auszusprechen. Er kann die Todesstrafe in lebenslängliche Freiheitsstrafe umwandeln oder sogar in Freispruch. Das Gesetz gibt dem Gouverneur einen breiten Spielraum. Er ist wahrscheinlich Ihre letzte Hoffnung.«
»Gott steh uns bei.«
»Wie sind die Garnelen?« fragte Mann mit vollem Mund.
»Köstlich.«
Eine Weile beschäftigten sie sich mit ihrem Essen. Adam war dankbar für die Gesellschaft und die Unterhaltung, beschloß aber, das Gespräch auf Eingaben und Strategien zu beschränken. Er mochte Lucas Mann, aber sein Mandant konnte ihn nicht ausstehen. Wie Sam sagen würde, Mann arbeitete für den Staat, und der Staat arbeitete daran, ihn hinzurichten.
Mit einem Flug am späten Nachmittag wäre er gegen halb sieben wieder in Memphis gewesen, lange vor Einbruch der Dunkelheit. Und einmal dort angekommen, hätte er ein oder zwei Stunden im Büro totschlagen können, bevor er zu Lee zurückkehrte. Aber ihm war ganz und gar nicht danach. Er hatte ein elegantes Zimmer in einem modernen Hotel am Fluß, Kravitz & Bane hatte anstandslos dafür bezahlt. Die Firma kam für alle Ausgaben auf. Er war noch nie im French Quarter gewesen.
Und so erwachte er gegen sechs nach einem dreistündigen Nachmittagsschläfchen, das er nach drei Bier zum Lunch und einer fast schlaflos verbrachten Nacht nötig gehabt hatte. Er lag mit den Schuhen auf dem Bett und betrachtete eine halbe Stunde lang den Ventilator an der Decke, bevor er sich rührte. Er hatte tief und fest geschlafen.
Lee meldete sich nicht am Telefon. Er hinterließ eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter und hoffte, daß sie nicht trank. Und wenn sie es tat, dann hatte sie sich hoffentlich in ihrem Zimmer eingeschlossen, wo sie keinen Schaden anrichten konnte. Er putzte sich die Zähne und kämmte sich, dann fuhr er mit dem Fahrstuhl hinunter in das geräumige Foyer, wo eine Jazzband spielte. An einer Ecktheke rissen sich die Leute um Austern für fünf Cents das Stück.
Er wanderte in der drückenden Hitze die Canal Street entlang, bis er die Royal erreicht hatte, wo er nach rechts abbog und bald in Scharen von Touristen unterging. Im Quarter erwachte der Freitagabend zum Leben. Adam schielte nach den StripteaseLokalen und versuchte, einen Blick ins Innere zu erhaschen. Vor einer offenen Tür, durch die er auf einer Bühne eine Reihe von männlichen Strippern sehen konnte - Männer, die aussahen wie schöne Frauen -, blieb er wie gebannt stehen. Er aß eine Eierrolle am Stiel aus einem chinesischen Restaurant mit Straßenverkauf. Er machte einen Bogen um einen Säufer, der sich auf die Straße erbrach. Er verbrachte eine Stunde an einem kleinen Tisch in einem Jazzclub, lauschte einer großartigen Combo und trank ein Bier für vier Dollar. Als es dunkel war, wanderte
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