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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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nicht, daß sie einen Schrecken bekommt.«
    »Du siehst großartig aus, Sam.«
    »Danke für die Blumen. Was ist mit Lee?«
    »Was soll mit ihr sein?«
    »Wie geht es ihr? Wir bekommen Zeitungen hier drinnen. Ich habe letzten Sonntag in der Zeitung von Memphis ihr Foto gesehen, und am Dienstag habe ich gelesen, daß sie wegen Trunkenheit am Steuer angeklagt worden ist. Sie ist doch nicht im Gefängnis, oder?«
    »Nein. Sie macht eine Entziehungskur«, sagte Adam, als wüßte er genau, wo sie war.
    »Kann sie mich besuchen?«
    »Möchtest du denn, daß sie kommt?«
    »Ich glaube, ja. Vielleicht am Montag. Laß uns erst einmal abwarten.«
    »Kein Problem«, sagte Adam und fragte sich, wie in aller Welt er sie finden sollte. »Ich spreche übers Wochenende mit ihr.«
    Sam händigte Adam einen der Umschläge aus. Er war nicht zugeklebt. »Gib das den Leuten vorn am Eingang. Es ist eine Liste der erwünschten Besucher von jetzt bis dann. Los, mach ihn auf.«
    Adam betrachtete die Liste. Auf ihr standen vier Namen. Adam, Lee, Carmen und Donnie Cayhall. »Keine sehr lange Liste.«
    »Ich habe Unmengen von Verwandten, aber ich will nicht, daß sie herkommen. Sie haben mich neuneinhalb Jahre lang nicht besucht, also soll sie der Teufel holen, wenn sie in letzter Minute hier aufkreuzen, um Lebewohl zu sagen. Das können sie sich für die Beerdigung aufsparen.«
    »Ich werde von allen möglichen Reportern und Journalisten angesprochen, die dich interviewen wollen.«
    »Kommt nicht in Frage.«
    »Genau das habe ich ihnen auch gesagt. Aber da ist eine Anfrage, die dich interessieren könnte. Da gibt es einen Mann namens Wendall Sherman, ein ziemlich angesehener Autor, der vier oder fünf Bücher veröffentlicht und etliche Preise gewonnen hat. Ich habe keines seiner Bücher gelesen, aber er scheint in Ordnung zu sein. Ich habe gestern mit ihm telefoniert, und er möchte zu dir kommen und deine Geschichte aufzeichnen. Er machte einen sehr aufrichtigen Eindruck und sagte, daß die Aufzeichnung Stunden dauern könnte. Er fliegt heute nach Memphis, nur für den Fall, daß du ja sagst.«
    »Weshalb will er meine Geschichte aufzeichnen?«
    »Er will ein Buch über dich schreiben.«
    »Einen rührseligen Roman?«
    »Glaube ich nicht. Er ist bereit, fünfzigtausend Dollar Vorschuß zu zahlen und später eine Beteiligung an den Tantiemen.«
    »Großartig. Ich bekomme fünfzigtausend Dollar, ein paar Tage bevor ich sterbe. Was soll ich damit?«
    »Ich gebe nur sein Angebot weiter.«
    »Sag ihm, er soll sich zum Teufel scheren. Ich bin nicht interessiert.«
    »Gut.«
    »Aber ich möchte, daß du eine Vereinbarung aufsetzt, mit der ich alle Rechte an meiner Lebensgeschichte auf dich übertrage, und wenn ich nicht mehr da bin, kannst du damit anfangen, was du willst.«
    »Es wäre keine schlechte Idee, sie aufzuzeichnen.«
    »Du meinst...«
    »Du könntest sie in eine von diesen kleinen Maschinen mit kleinen Tonbändern sprechen. Ich kann dir eine besorgen. Du sitzt in deiner Zelle und redest über dein Leben.«
    »Wie langweilig.« Sam aß sein Eis auf und warf den Stiel in den Papierkorb.
    »Kommt drauf an, wie man die Dinge betrachtet. Im Augenblick ist es ziemlich aufregend.«
    »Ja, da hast du recht. Ein ziemlich ödes Leben, aber das Ende ist sensationell.«
    »Für mich hört sich das nach einem Bestseller an.«
    »Ich werde es mir überlegen.«
    Sam sprang plötzlich auf und ließ die Duschsandalen unter dem Stuhl stehen. Er wanderte mit großen Schritten durch das Büro, messend und rauchend. »Drei neunzig mal vier fünfundneunzig«, murmelte er, dann maß er weiter.
    Adam machte sich Notizen auf einem Block und versuchte, die von einer Wand zur anderen wandernde rote Gestalt zu ignorieren. Schließlich blieb Sam stehen und lehnte sich an einen Aktenschrank. »Ich möchte, daß du mir einen Gefallen tust«, sagte er und starrte dabei unverwandt auf die gegenüberliegende Wand. Seine Stimme war jetzt viel leiser. Er atmete langsam.
    »Ich höre«, sagte Adam.
    Sam tat einen Schritt zu dem Stuhl hinüber und ergriff einen der Umschläge. Er gab ihn Adam und kehrte dann in seine vorherige Position am Aktenschrank zurück. Der Umschlag war umgedreht, so daß Adam die Schrift darauf nicht sehen konnte.
    »Ich möchte, daß du ihn überbringst«, sagte Sam.
    »Wem?«
    »Quince Lincoln.«
    Adam legte ihn neben sich auf den Schreibtisch und beobachtete Sam genau. Aber Sam war in einer anderen Welt versunken. Seine Augen starrten blicklos

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