Die Kammer
wäre es mit einem Haufen Nonnen, die in den Sozialsiedlungen arbeiten?« setzte Wycoff höhnisch hinzu.
»Wie könnte so etwas dem Image der Firma schaden?« fragte Goodman.
Der Gedanke an Rückzug war Rosen nie gekommen. »Ganz einfach, Garner. Wir schicken nicht unsere Anfänger in den Todestrakt. Gut, wir mißbrauchen sie vielleicht, versuchen sie umzubringen, erwarten von ihnen, daß sie zwanzig Stunden am Tag arbeiten, aber wir schicken sie nicht in die Schlacht, bevor sie dazu bereit sind. Sie wissen, wie kompliziert die mit der Todesstrafe verbundenen juristischen Probleme sind. Schließlich haben Sie Bücher darüber geschrieben. Wie können Sie da erwarten, daß Mr. Hall hier irgend etwas ausrichten kann?«
»Ich werde ein Auge auf alles haben, was er tut«, erwiderte Goodman.
»Er ist wirklich ziemlich gut«, setzte Wycoff abermals hinzu.
»Er hat die gesamte Akte im Kopf, Daniel.«
»Es wird funktionieren«, sagte Goodman. »Vertrauen Sie mir, Daniel. Ich habe so etwas schon öfter gemacht. Ich werde ihm sagen, wo's langgeht.«
»Und ich werde ein paar Stunden darauf verwenden, ihm zu helfen«, setzte Wycoff hinzu. »Wenn nötig, fliege ich sogar hinunter.«
Goodman fuhr auf und starrte Wycoff fassungslos an. »Sie! Probono? «
»Natürlich. Ich habe ein Gewissen.«
Adam ignorierte den Wortwechsel und sah Daniel Rosen an.
Also los, werfen Sie mich hinaus, hätte er am liebsten gesagt.
Los, Mr. Rosen, setzen Sie mich vor die Tür, damit ich meinen Großvater begraben und dann zusehen kann, was ich mit dem Rest meines Lebens anfange.
»Und wenn er hingerichtet wird?« fragte Rosen in Goodmans Richtung.
»Wir haben schon früher Mandanten verloren, Daniel, das wissen Sie. Drei, seit ich probono arbeite.«
»Wie sehen seine Chancen aus?«
»Sehr mager. Im Augenblick lebt er mit einem Aufschub, den das Fünfte Berufungsgericht gewährt hat. Der Aufschub kann jeden Tag aufgehoben werden, und dann wird ein neuer Hinrichtungstermin festgesetzt. Vermutlich im Spätsommer.«
»Also ziemlich bald.«
»Richtig. Wir haben uns sieben Jahre um seine Berufungen gekümmert, und sie haben ihren Verlauf genommen.«
»Wieso haben wir von allen Leuten, die im Todestrakt sitzen, gerade dieses Arschloch vertreten?« wollte Rosen wissen. »Das ist eine lange Geschichte und in diesem Moment völlig irrelevant.«
Rosen machte sich auf seinem Block scheinbar gewichtige Notizen. »Sie glauben doch nicht etwa, daß Sie das geheimhalten können?«
»Vielleicht.«
»Quatsch, vielleicht. Kurz bevor sie ihn töten, werden sie ihn zu einer Berühmtheit machen. Die Medien werden um ihn herum wimmeln wie ein Rudel Wölfe. Sie werden bloßgestellt werden, Mr. Hall.«
»Und?«
»Und es wird Schlagzeilen machen, Mr. Hall. Sehen Sie sie nicht schon vor sich? VERSCHOLLENER ENKEL KEHRT ZURÜCK, UM GROSSVATER ZU RETTEN.«
»Hör auf damit, Daniel«, sagte Goodman.
Aber er redete weiter. »Das ist ein gefundenes Fressen für die Medien, ist Ihnen das nicht klar, Mr. Hall? Sie werden Sie bloßstellen und alle Welt wissen lassen, wie verrückt Ihre Familie ist.«
»Aber wir lieben die Presse doch, nicht wahr, Mr. Rosen?«
fragte Adam gelassen. »Wir sind Prozeßanwälte. Erwartet man von uns nicht, daß wir vor den Kameras auftreten? Sie haben nie...«
»Ein sehr gutes Argument«, unterbrach ihn Goodman.
»Daniel, vielleicht sollten Sie diesen jungen Mann nicht auffordern, der Presse aus dem Weg zu gehen. Wir können ganze Geschichten erzählen, wie Sie die Aufmerksamkeit der Presse auf sich gelenkt haben.«
»Ja, bitte, Daniel, halten Sie dem Jungen Vorträge, worüber Sie wollen, aber hören Sie auf mit diesem Quatsch über die Medien«, sagte Wycoff mit einem gemeinen Grinsen. »Sie haben oft genug ihre Schau abgezogen.«
Einen kurzen Augenblick lang wirkte Rosen verlegen. Adam beobachtete ihn genau.
»Was mich betrifft, mir gefällt das Szenarium«, sagte Goodman, während er seine Fliege befingerte und das Bücherregal hinter Rosen betrachtete. »Im Grunde spricht eine Menge dafür. Könnte eine großartige Sache sein für uns kleine probono-Leute. Stellen Sie es sich bloß mal vor. Dieser junge Anwalt, der da unten wie ein Wahnsinniger darum kämpft, einen ziemlich berühmten Insassen einer Todeszelle zu retten. Und er ist einer unserer Anwälte ein Mitarbeiter von Kravitz & Bane. Natürlich wird es Tonnen von Berichten geben, aber wem sollte das schaden?«
»Es ist eine wundervolle Idee, wenn Sie mich
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