Die Kammer
tätlich anzugreifen. Er ist ein sehr aggressiver Mensch mit einer scharfen Zunge. Dann hat er sich ein wenig beruhigt, und wir haben über seine letzte Mahlzeit gesprochen, seine Zeugen und darüber, was aus seiner persönlichen Habe werden soll. Wir haben über die Hinrichtung gesprochen.«
»Weiß er, daß er hingerichtet werden soll?«
Nugent brach in Gelächter aus. »Was ist das für eine merkwürdige Frage?«
»Beantworten Sie sie«, sagte Slattery ohne jedes Lächeln.
»Natürlich weiß er es. Er weiß verdammt gut, was vor sich geht. Er ist nicht verrückt. Er hat zu mir gesagt, die Hinrichtung würde nicht stattfinden, weil seine Anwälte im Begriff wären, die schwere Artillerie aufzufahren, wie er sich ausdrückte. Sie haben das alles hier geplant.« Nugent deutete mit einem Schwenken beider Hände auf den ganzen Gerichtssaal.
Roxburgh fragte ihn nach früheren Begegnungen mit Sam, und Nugent ließ kein einziges Detail aus. Er schien sich an jedes Wort zu erinnern, das Sam in den letzten zwei Wochen von sich gegeben hatte, insbesondere die bissigen und sarkastischen Bemerkungen.
Adam wußte, daß alles der Wahrheit entsprach. Er tuschelte rasch mit Garner Goodman, und sie beschlossen, auf ein Kreuzverhör zu verzichten. Es würde kaum etwas bringen.
Nugent marschierte den Mittelgang entlang und verließ den Gerichtssaal. Der Mann hatte eine Mission. Er wurde in Parchman gebraucht.
Der zweite Zeuge des Staates war Dr. N. Stegall, Psychiaterin der Zentralverwaltung der Gefängnisse. Sie begab sich zum Zeugenstand, während Roxburgh mit Morris Henry konferierte.
»Nennen Sie Ihren Namen für das Protokoll«, sagte Slattery. »Dr. N. Stegall.«
»Ann?« fragte Seine Ehren.
»Nein. N. Es ist ein Initial.«
Slattery sah auf sie hinunter, dann wanderte sein Blick zu Roxburgh, der mit den Achseln zuckte, als wüßte er nicht, was er dazu sagen sollte.
Der Richter schob sich noch dichter an die Kante seines Stuhls heran und schaute auf den Zeugenstand hinab. »Hören Sie, Doktor, ich habe Sie nicht nach Ihrem Initial gefragt. Ich habe Sie nach Ihrem Namen gefragt. Und nun nennen Sie ihn bitte, für das Protokoll, und zwar schnell.«
Sie wendete rasch den Blick ab, räusperte sich und sagte widerstrebend: »Neldeen.«
Kein Wunder, dachte Adam. Weshalb hatte sie ihn nicht in etwas anderes geändert?
Roxburgh nützte den Moment und stellte ihr rasch eine Reihe von Fragen über ihre Qualifikationen und Erfahrungen. Slattery hatte sie bereits als sachverständige Zeugin akzeptiert.
»Also, Dr. Stegall«, begann Roxburgh, sorgsam bemüht, jede Anspielung auf Neldeen zu vermeiden, »wann waren Sie bei Sam Cayhall?«
Sie hatte ein Blatt Papier in der Hand, das sie jetzt konsultierte. »Am Donnerstag, dem 26. Juli.«
»Und der Zweck dieses Besuches?«
»Es gehört zu meiner Arbeit, routinemäßig Insassen der Todeszellen aufzusuchen, insbesondere diejenigen, deren Hinrichtung nahe bevorsteht. Ich berate sie und verschreibe ihnen Medikamente, wenn sie es wünschen.«
»Beschreiben Sie Mr. Cayhalls geistige Verfassung.«
»Hellwach, sehr intelligent, sehr scharfzüngig, bis an die Grenze der Unverschämtheit. Er war mir gegenüber ziemlich grob und hat mich aufgefordert, nicht wiederzukommen.«
»Hat er über seine Hinrichtung gesprochen?«
»Ja, das hat er. Er wußte genau, daß er noch dreizehn Tage zu leben hatte, und er hat mir vorgeworfen, ich wollte ihm Medikamente verschreiben, damit er keine Schwierigkeiten machte, wenn seine Zeit gekommen war. Außerdem wies er mich auf einen anderen Insassen einer Todeszelle hin, Randy Dupree, von dem er glaubt, daß sich sein Geisteszustand rapide verschlechtert. Er machte sich große Sorgen wegen Mr. Dupree und warf mir vor, daß ich mich nicht um ihn kümmerte.«
»Leidet er Ihrer Ansicht nach unter irgendeiner Form von verminderter Geisteskraft?«
»Keineswegs. Er ist vollkommen bei Verstand.«
»Keine weiteren Fragen«, sagte Roxburgh und setzte sich.
Adam wanderte zielstrebig zum Podium. »Bitte sagen Sie uns, Dr. Stegall, wie es Randy Dupree geht«, fragte er mit voller Lautstärke.
»Ich, äh, hatte noch keine Gelegenheit, ihn aufzusuchen.«
»Sam hat Sie vor elf Tagen auf ihn hingewiesen, und Sie haben sich nicht die Mühe gemacht, nach ihm zu sehen?«
»Ich war beschäftigt.«
»Seit wann haben Sie Ihren gegenwärtigen Job?«
»Seit vier Jahren.«
»Und wie oft haben Sie in diesen vier Jahren mit Sam Cayhall
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