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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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irgend jemand sonst in der Geschichte des Staates. Er hatte sich das Recht, Anwälte zu hassen, vollauf verdient.
    »Ich gehe in neunzehn Monaten in Pension«, sagte er, als hätte Lucas noch nie davon gehört. »Wer kommt nach Sam als nächster an die Reihe?«
    Lucas dachte eine Minute nach und versuchte, die voluminösen Berufungsakten der siebenundvierzig Insassen des Todestraktes Revue passieren zu lassen. »Eigentlich niemand. Der Pizzamann war vor vier Monaten nahe dran, aber er hat seinen Aufschub bekommen. Er wird wahrscheinlich in ein oder zwei Jahren aufgehoben werden, aber in dem Fall gibt es noch andere Probleme. Soweit ich sehen kann, wird es in den nächsten paar Jahren keine weitere Hinrichtung geben.«
    »Der Pizzamann?«
    »Malcolm Friar. Hat in nur einer Woche drei Jungen umgebracht, die Pizza auslieferten. Beim Prozeß hat er behauptet, sein Motiv wäre nicht Raub gewesen, er hätte nur Hunger gehabt.«
    Naifeh hob beide Hände und nickte. »Natürlich, ich erinnere mich. Er ist der nächste nach Sam?«
    »Vermutlich. Das ist schwer zu sagen.«
    »Ich weiß.« Naifeh schob behutsam seinen Stuhl zurück und ging zu einem Fenster. Seine Schuhe lagen irgendwo unter dem Schreibtisch. Er steckte die Hände in die Taschen, drückte seine Zehen in den Teppich und dachte eine Weile angestrengt nach.
    Nach der letzten Hinrichtung hatte er im Krankenhaus gelegen, wegen eines kleinen Herzflatterns, wie sein Arzt es nannte. Er hatte eine Woche dort verbracht und sein kleines Flattern auf einem Monitor betrachtet und seiner Frau geschworen, daß er nie wieder eine Hinrichtung durchstehen würde. Wenn es ihm gelang, Sam zu überleben, dann konnte er mit voller Pension in den Ruhestand gehen.
    Er drehte sich um und sah seinen Freund Lucas Mann an. »Ich werde das nicht machen, Lucas. Ich gebe den schwarzen Peter an einen anderen weit er, einen meiner Untergebenen, einen jüngeren Mann, einen guten Mann, einen Mann, dem man vertrauen kann, einen Mann, der so etwas noch nie mitgemacht hat, einen Mann, der ganz wild darauf ist, Blut an seine Hände zu bekommen.«
    »Doch nicht Nugent.«
    »Genau den. Colonel außer Dienst George Nugent, mein getreuer Assistent.«
    »Er ist ein Spinner.«
    »Ja, aber er ist unser Spinner. Er ist ein Fanatiker, wenn es um Details, Disziplin und Organisation geht, aber er ist genau der Richtige für diesen Job. Ich gebe ihm das Handbuch, sage ihm, was ich will, und er wird beim Töten von Sam Cayhall großartige Arbeit leisten. Er wird der perfekte Mann dafür sein.« George Nugent war stellvertretender Direktor in Parchman. Er hatte sich einen Namen gemacht, indem er für Leute, die zum erstenmal straffällig geworden waren, ein überaus erfolgreiches Spezial-Straflager eingerichtet hatte. Es war eine brutale, sechs Wochen dauernde Strapaze, während der Nugent in schwarzen Stiefeln herumstolzierte, wie ein Stabsfeldwebel fluchte und bei der kleinsten Widersetzlichkeit mit Massenvergewaltigung drohte. Die erstmals straffällig Gewordenen kehrten selten nach Parchman zurück.
    »Nugent ist verrückt, Philip. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er jemandem etwas antut.«
    »Richtig! Jetzt haben Sie verstanden. Wir lassen zu, daß er Sam etwas antut, genau auf die Art und Weise, wie es zu geschehen hat. Genau nach Vorschrift. Der Himmel weiß, wie sehr Nugent Vorschriften liebt, nach denen er sich richten kann. Er ist der ideale Mann für den Job, Lucas. Es wird eine makellose Hinrichtung werden.«
    Lucas war das ziemlich egal. Er zuckte die Achseln und sagte:
    »Sie sind der Boß.«
    »Danke«, sagte Naifeh. »Aber behalten Sie Nugent im Auge. Ich passe von hier aus auf ihn auf, und Sie kümmern sich um die juristische Seite. Wir werden es überstehen.«
    »Das wird die bisher größte Sache werden«, sagte Lucas. »Ich weiß. Aber ich muß es langsam angehen lassen. Ich bin ein alter Mann.«
    Lucas nahm seine Akte vom Schreibtisch und machte sich auf den Weg zur Tür. »Ich rufe Sie an, wenn der junge Mann abfährt. Ich habe ihn gebeten, bei mir hereinzuschauen, bevor er verschwindet.«
    »Ich würde ihn gern kennenlernen«, sagte Naifeh.
    »Er ist ein netter Junge.«
    »Merkwürdige Familie, finden Sie nicht auch?«
    Der nette Junge und sein zum Tode verurteilter Großvater hatten eine Viertelstunde in Schweigen verbracht; das einzige Geräusch war das mühsame Rasseln der überforderten Klimaanlage gewesen. Einmal war Adam zur Wand gegangen, hatte seine Hände vor der staubigen

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